Editorial / Politmonitor: Wenn Umfrageresultate eine undeutliche Sprache sprechen
Dank Politmonitor werden einige Politiker die Sommerpause besonders genießen können – oder sich den Sommer über die Haare raufen. Dabei sind die Resultate der Umfrage zur Beliebtheit der Politiker mit Vorsicht zu genießen.
Nein, der folgende Artikel soll nicht den Politmonitor – um das Kind beim Namen zu nennen – an sich infrage stellen. Gerade für längerfristige Tendenzen ist die Umfrage, die von RTL und Luxemburger Wort in Auftrag gegeben wird, sowohl für Politiker als auch für Journalisten die statistisch belegbare Quelle, um den politischen Puls des Landes zu fühlen.
Demnach ist unbestritten klar, dass Jean Asselborn, Paulette Lenert und Xavier Bettel die drei beliebtesten Politiker des Landes sind. Das zweifelt auch niemand mehr an, lässt sich deren Position im Ranking doch durch weitere Argumente stützen.
Dennoch bleibt die Interpretation der neuesten Ergebnisse mehr Kunst als Können. Die Gesundheitspolitik der Regierung wurde zu großen Teilen mit einer guten Note bedacht – die dafür zuständige Ministerin Paulette Lenert hat aber in der Kategorie Kompetenz Einbußen hinnehmen müssen. Das Gleiche gilt für Mobilitätsminister François Bausch: 63 Prozent bescheinigen der Regierung eine gute Mobilitätspolitik. Der zuständige Minister aber verliert in der Kategorie Kompetenz ganze zehn Prozentpunkte – gewinnt im Bereich Sympathie jedoch vier Punkte hinzu. Auch die Bekämpfung der Energie- und Inflationskrise wurde von den Befragten gut bewertet. Energieminister Claude Turmes dümpelt auf Platz 31 im neuesten Ranking herum – und das trotz eines Sympathie- und Kompetenz-Gewinns im Auge des Wählers. Ein gegenteiliges Beispiel findet sich ebenso: Finanzministerin Yuriko Backes kann in allen Kategorien mächtige Zugewinne einfahren – die Steuerpolitik der Regierung wird eher negativ bewertet.
Bei der Interpretation der Ergebnisse der Umfrage muss demnach die Frage gestellt werden, inwiefern die einzelnen Politiker tatsächlich sinnbildlich für die Politik ihrer Ressorts stehen – und ob der Wähler überhaupt einen großen Unterschied zwischen Kompetenz und Sympathie macht. Denn: Bis auf wenige Ausnahmen – Lydie Polfer, Luc Frieden oder mit Abstrichen auch Yuriko Backes – liegen die Kompetenz- und Sympathiewerte der Politiker verdächtig nahe beieinander.
Abstrus wird es jedoch, wenn nur die Antworten der Erstwähler (18 bis 24 Jahre) einzeln dargestellt werden. 1.078 Personen haben an der Umfrage teilgenommen. Der Anteil der Erstwähler macht also nur einen Bruchteil dieser 1.078 Personen aus – deren Umfrageergebnisse auf sich allein gestellt statistisch nicht belegbar sind. Anders als mit einem statistischen Ausreißer sind die starken Zugewinne von Gilles Baum (plus 29 Prozent) oder auch Finanzministerin Yuriko Backes (plus 21 Prozent) nicht wirklich zu erklären. Vor allem, weil Parteikollege Xavier Bettel, der bekannterweise keine Selfie-Gelegenheit auslässt, an Bekanntheit eingebüßt hat.
Was bleibt also von der Juli-Umfrage vor den Wahlen? Mit der CSV und Luc Frieden auf Platz fünf muss gerechnet werden – das aber war schon vorher klar. Und: Mit ihrer Kritik an Gesundheits- und Sicherheitspolitik lässt sich weniger gut punkten, als womöglich von den Oppositionsparteien erhofft.
- Von Dynamik und Statik: Xavier Bettels Europa- und Außenpolitik braucht neue Akzente - 19. November 2024.
- CSV und DP blicken auf ereignisreiches Jahr zurück - 18. November 2024.
- „déi Lénk“ sieht von „Interessenkonflikten durchsetzte“ Institution - 13. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos