Polizeibesuch in der Schrebergartenanlage / „Ich höre nachts die Tiere sterben“
Luxemburgische und französische Polizeibeamte begaben sich am Donnerstag in die Schrebergartenanlage nahe der Escher rue de Belval. Das Problem: Nutztiere sollen hier seit langem illegal und unter prekären Lebensbedingungen gezüchtet werden. Vor allem zurzeit macht die glühende Hitze den Tieren sehr zu schaffen, so sehr, dass manche sogar starben.
Von Luc van den Bossche
„Et ginn der all Dag futti“, meint eine Tierschutzaktivistin mit Tränen in den Augen. Es sind Tränen des Entsetzens und der Wut. Die Frau trägt eine rote Weste der luxemburgischen Tierschutzorganisation „Give us a voice“. Sie spreche nicht im Namen des Verbands, sondern lediglich als besorgte Anwohnerin. Mit der Situation vor ihrer Haustür befasst sie sich schon seit langem. Sogar die Behörden hat sie darüber informiert. Vergeblich. Dass in den Gärten Tiere gehalten werden, sei an und für sich nicht das Problem, die Bedingungen, unter denen sie gehalten werden, aber schon.
Über enge Trampelpfade vorbei an Wellblechhütten geht es zum Gelände. Beim Öffnen einer der Baracken breitet sich ein unerträglicher Gestank aus. Im Inneren liegen verendete Tiere in ihrem eigenen Urin und Kot. Viele der Buden sind nicht abgeschlossen. Nachts würden hier öfters Schlösser aufgebrochen und Zäune durchschnitten. Damit möchte die Frau nichts zu tun haben, ignorieren will sie das Ganze aber nicht. Alles müsse sauber und legal bleiben, so die Aktivistin. Mit den Tierhaltern selbst, deren Namen sie nicht nennen möchte, habe sie auch schon geredet. Viele von ihnen seien sogar bereit gewesen, ihr die Tiere zu überlassen. Aufgrund ihres Engagements, vermutet sie, seien aber bereits drei ihrer Katzen vergiftet worden.
Eine Schar von Menschen aller Couleur hat sich inzwischen auf dem Gelände eingefunden. Trotz der Bäume, die großzügig Schatten spenden, sind die Gemüter erhitzt. Tierschutzaktivisten, Laubenbesitzer, Pressevertreter und Polizisten aus Luxemburg und Frankreich sowie Schaulustige, die irgendwie helfen wollen, diskutieren wild durcheinander.
Es tut sich nichts
Es sei nicht das erste Mal, dass die Polizei vorbeikomme. Nur tue sich nichts. Und das anscheinend schon seit Jahren. Dabei seien die Behörden aus beiden Ländern durchaus informiert. Regelmäßig kontaktieren sowohl Tierschützer als auch die Besitzer der Gartenanlagen, denen Tiere gestohlen wurden, die Polizei. Doch die Situation ist kompliziert. Das Gelände, das nur aus luxemburgischer Seite zugänglich ist, befindet sich in Frankreich und unterliegt somit der Zuständigkeit der Gemeinde Audun-le-Tiche. Auch die Rechtslage ist kompliziert und so konfus wie das Stimmengewirr. Das Grundstück gehört ArcelorMittal. Die „Besitzer“ der Lauben hatten damals vom Unternehmen das Recht erhalten, hier Gärten zu betreiben. Der Mietvertrag ist dann aber im Jahr 2000 ausgelaufen. Doch die Menschen sind dort geblieben. Frei nach dem Motto „squatters’ rights“.
Nun könnte man meinen, es gäbe auf der einen Seite die „bösen Tierquäler“ und auf der anderen die „guten Aktivisten“. Doch ganz so einfach ist es nicht. Viele der Tierhalter setzen viel daran, dass es ihren Hühnern, Ziegen oder auch Wachteln gut ergeht und sind sogar bereit, mit den Tierschutz-Aktivisten zu kooperieren. Nur würden diese mit ihren illegalen Tätigkeiten über die Stränge schlagen. „Il y a des gens qui viennent piquer les animaux“, so einer der Tierbesitzer. Er habe sogar einen der Aktivisten dabei erwischt, als er seinen Zaun durchschneiden wollte.
Ein anderer Mann, der zwar selbst keine Tiere hält, meint, dass das Ganze nicht mehr normal sei. „Erst gestern hat jemand eine Tür aufgebrochen und nicht nur Hühner, sondern auch noch Wohnungsschlüssel mitgehen lassen.“ Was mit den „geretteten“ Tieren genau geschieht, weiß niemand. Diese sollen über undurchsichtige Kanäle weitergegeben werden.
An der Grundstücksgrenze wartet noch eine weitere Gruppe von Aktivisten. Sie stehen da und warten auf eine offizielle Genehmigung, um die Tiere zu „befreien“.
Die Zukunft eines umstrittenen Grundstücks
Im Escher Rathaus fand am Donnerstagmorgen die dritte von drei Sitzungen statt, in denen über die Zukunft des Geländes diskutiert wird. Die Teilnehmer waren die Gemeinden Esch und Audun-le-Tiche sowie ArcelorMittal, dem das Grundstück gehört. Momentan läuft eine juristische Prüfung, man sei dabei, die alten Verträge zu durchforsten. Vor allem die Escher Gemeinde verfolge einen partizipativen Ansatz. Das betonte der Escher Umweltschöffe Martin Kox auf Nachfrage des Tageblatt. Man wolle mit den Menschen zusammenarbeiten, auch wenn diese sich illegal auf dem Gelände befinden. Zwei öffentliche Versammlungen sind bereits geplant.
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