Sprachen / Portugiesisch geht, Englisch kommt, Luxemburgisch bleibt
Die Zahl der Menschen, die Luxemburgisch sprechen, steigt. Ihr Anteil an der Bevölkerung geht allerdings zurück – genau wie jener der portugiesisch-, italienisch- und deutschsprachigen Einwohner. Französisch und Englisch sind auf dem Vormarsch. Das geht auch mit wirtschaftlichen Verwerfungen einher.
Eigentlich müsste cet article in six different Sprooche geschriwwe sinn, damit jeder ihn versteht. Weil das aber ein recht aufwendiges Unterfangen wäre, belassen wir es bei Deutsch – das übrigens nur von 2,9 Prozent der Menschen in Luxemburg als Hauptsprache gesprochen wird. Das geht aus der Studie zur sprachlichen Vielfalt hervor, die Statec am Donnerstag veröffentlicht hat. „Welche Sprache ist es, in der Sie denken und die Sie am besten beherrschen?“ lautet die Frage, die das Statistikinstitut den Menschen gestellt hat. Die Studie wurde im Jahr 2021 durchgeführt, die Resultate sind also schon zwei Jahre alt.
Warum „Hauptsprache“ und nicht „Muttersprache“?
Die Bezeichnung „Muttersprache“ wurde laut Statec aus zwei Gründen vermieden:
1) Die Muttersprache ist ein für alle Mal festgelegt, während die Hauptsprache im Laufe des Lebens variieren kann.
2) Eine Person, insbesondere wenn sie in eine mehrsprachige Familie hineingeboren wurde, kann zwei oder sogar mehr Sprachen von klein auf lernen. Sie wird also mehrere „Muttersprachen“ haben. Für diese Personen und diejenigen, die zwei Sprachen auf dem gleichen Kompetenzniveau beherrschen, ist die Wahl der Hauptsprache eine schwierige Entscheidung.
Verglichen mit dem Deutschen steht das Luxemburgisch eigentlich ganz gut da: 275.361 Personen, insgesamt 48,9 Prozent der Befragten, sprechen hauptsächlich Luxemburgisch. Das sind 10.000 Menschen mehr als vor zwölf Jahren – aber sieben Prozent weniger. Wie ist das möglich? Die Antwort heißt Bevölkerungswachstum: Seit der letzten Umfrage 2011 hat Luxemburg mehr als130.000 neue Einwohner.
Quelle: Statec
Je reicher, desto englischer …
Die großen Gewinnersprachen, also rein zahlenmäßig, sind das Französische und das Englische, während das Portugiesische und das Italienische weniger werden. Rund elf Prozent der Befragten sprechen aber weder eine der drei Amtssprachen noch Englisch, Italienisch oder Portugiesisch als Hauptsprache: Mehr als 100 weitere Sprachen werden im Großherzogtum im Alltag verwendet, von Niederländisch über Bengalisch hin zu Koreanisch.
Portugiesisch wird vor allem im Süden (Differdingen, Petingen), im Norden (Wiltz, Clerf) und im Nordosten des Gutlandes um Fels gesprochen, aus der Hauptstadt ist die Einwanderersprache fast verschwunden. Hier hat dagegen das Englische seinen Siegeszug angetreten: Als Arbeitssprache sprechen inzwischen 58 Prozent der Befragten in Luxemburg-Stadt Englisch – an zweiter Stelle hinter dem Französischen, das auf 67 Prozent kommt. Insgesamt fällt auf, dass die Gemeinden im Speckgürtel der Hauptstadt (das Tageblatt berichtete), in denen die meisten englischsprachigen Menschen leben, zu denen mit dem höchsten Wohlstand zählen. Gleichzeitig finden sich in den Gemeinden mit niedrigen Durchschnittslöhnen wie Differdingen, Petingen und Wiltz verhältnismäßig viele Menschen, die Portugiesisch sprechen. Es existiert also eine Korrelation zwischen Sprache, Wohlstand und geografischer Nähe zur Hauptstadt, die zu Ungunsten der lusophonen Einwanderer ausschlägt.
… und je älter, desto luxemburgischer
Der Rückgang des Luxemburgischen ist vor allem auch dem demografischen Wandel zuzuschreiben: Bei den über 80-Jährigen liegt der Hauptgebrauch der Sprache im Jahr 2021 bei 77,3 Prozent. Insbesondere die Senioren reden also noch im Alltag Luxemburgisch. Ganz anders bei der erwerbsfähigen Bevölkerung: In der Altersgruppe zwischen 30 und 59 Jahren sinkt der Gebrauch des Luxemburgischen unter die Grenze von 50 Prozent. Das liegt laut Statec an dem starken Anstieg der ausländischen Bevölkerung – das Wirtschaftswachstum schafft mehr Arbeitsplätze, als die einheimische Bevölkerung stellen kann, deshalb ziehen viele Menschen auf der Suche nach Arbeit und Wohlstand ins Großherzogtum.
Insgesamt stellt Statec eine „sprachliche Polarisierung“ in Luxemburg fest: Keine der verwendeten Sprachen kann eine Monopolstellung für sich beanspruchen, gleichzeitig tun sich Gräben auf zwischen der luxemburgischsprachigen Bevölkerung und den fremdsprachigen Gemeinschaften, da beide häufig unter sich bleiben und maximal eine der Arbeitssprachen teilen. Dazwischen steht die Gruppe der „Neu-Luxemburger“, Nicht-Muttersprachler, die außerhalb des Landes geboren wurden, aber wahlberechtigte Bürger Luxemburgs sind. Für sie ist die Hauptsprache nicht die Landessprache, was laut Statec auf eine schwierigere Integration und Beteiligung an der Demokratie schließen lässt.
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Das kommt davon, dass man es zugelassen hat, dass sich die Verwendung der 3 offiziellen Landessprachen ungleichmässig verschoben hat. Zunächst indem man erlaubt hat, dass manche Menschen nur das Französische verwendet haben, ohne die anderen beiden Sprachen zu erlernen. Dann hat man den Portugiesen „Bräi ëm d’Maul geschmiert“ (tut mir leid, aber so lautet das luxemburgische Sprichwort nun mal)
Und jetzt muss man schon froh sein, hin und wieder noch einen deutschsprachigen Text in der Zeitung zu lesen, obwohl Generationen von Schulkindern in dieser Sprache lesen und schreiben gelernt haben. Sogar die Kinder der italienischen Gastarbeiter in der 1960er Jahren haben das geschafft.