Interview / „Première“-Schülerin: „Eigentlich hatte ich geplant, zum Studium ins Ausland zu gehen“
Laura Gillen ist 19 Jahre alt und befindet sich gerade mitten im Examensstress. Die Schülerin einer „Première D“-Klasse des Lycée Michel Rodange berichtet über ihre Examens-Erfahrungen mitten in der Corona-Krise. Gerne möchte sie nach dem Abitur zum Studium nach Wien gehen. Doch mitten in der Pandemie stellt sich die Planung für ein Studium im Ausland als schwierig heraus. Ein Interview.
Tageblatt: Du befindest dich mitten in der Examenszeit. Wie fühlt man sich da?
Laura Gillen: Im Grunde ist alles in Ordnung. Ich bin allerdings etwas gestresst und müde. Aber das ist ja ganz normal. Ich glaube nicht, dass das irgendwie anders ist als in anderen Jahrgängen ohne Corona.
Da gab es allerdings keine Sicherheitsmaßnahmen …
Ehrlich gesagt war ich ein wenig nervös, weil ich nicht wusste, was auf mich zukommen würde, was die Maßnahmen dann schlussendlich sein würden … Unser Direktor hat uns aber vor dem Examensstart gut aufgeklärt. Wir wussten also, wie alles ablaufen wird. Jeder hatte seine Maske an und konnte sich direkt an seinen Platz setzen. Die Anordnung heißt, dass wir nicht herumlaufen und auf unseren Plätzen bleiben sollen. An unserem Platz dürfen wir die Maske ablegen. Wenn wir ihn verlassen, gilt wieder die Maskenpflicht. Wenn wir eine Frage haben, auf die Toilette müssen oder die Arbeitsblätter abgeben, dann müssen wir unsere Maske anziehen. Für mich war es keine große Veränderung, aber die Stimmung war irgendwie angespannt. Das war auch beim ersten Schultag so, als die Lyzeen wieder aufgemacht haben. Am zweiten Tag war es aber bereits entspannter, weil ich schon wusste, wie der Ablauf sein wird – und da war ich auch nicht mehr so nervös.
Hast du irgendwelche skurrilen Vorfälle erlebt?
Eigentlich nicht. Die Vorschriften wurden eingehalten. Nichts war suspekt oder komisch. Allerdings gab es solche Szenen in der Schulwoche davor. Vor der „Rentrée“ wurden alle Primaner und deren Lehrer zum Covid-19-Test aufgerufen. Manche Lehrkräfte sind der Einladung nicht gefolgt. Und dann gab es Lehrer, die in der Klasse keine Maske anhatten und so von einem Schüler zum anderen gegangen sind.
Viele Leute mussten bei den Fotos, die uns am ersten Examenstag erreichten, schmunzeln, weil die Bänke noch weiter auseinanderstanden als sonst im „Première“-Examen. Ist das nicht etwas ungünstig zum Abschreiben?
Keine Ahnung (lacht). Ich bin keine Person, die abschreiben würde. Deshalb ist diese Distanz für mich kein Problem. Jeder konzentriert sich auf sein Examen. Ich glaube nicht, dass jemand auf die Idee käme, während des Examens irgendetwas abzuschreiben – weil niemand das riskieren möchte.
Ich konnte mir irgendwie nicht vorstellen, ein Examen zu schreiben mit der Ungewissheit, vielleicht mit dem Virus infiziert zu sein und dann in einem Raum voller Menschen zu sitzen„Première“-Schülerin
Während des Lockdowns war lange Zeit nicht klar, ob das Examen überhaupt geschrieben wird und falls ja, in welcher Form. Hat dich das durcheinandergebracht?
Schon bevor der Lockdown kam, haben Lehrer zu uns gesagt: ‚Wenn ihr Glück habt, dann müsst ihr dieses Jahr kein Examen schreiben. Dann zählt nur die Jahresendnote.‘ Sie sagten auch, dass das doof wäre für jene, die in einem Fach eine ungenügende Note haben. Aber man würde da bestimmt irgendeine Lösung finden. Als der Lockdown dann kam, die Zahl der Infizierten rasant anstieg und immer mehr Länder gesagt haben, dass keine Examen stattfinden werden, habe ich mir gedacht, vielleicht wird das auch für Luxemburg der Fall sein. Ich hatte ein wenig Hoffnung (lacht). Ich konnte mir irgendwie nicht vorstellen, ein Examen zu schreiben mit der Ungewissheit, vielleicht mit dem Virus infiziert zu sein und dann in einem Raum voller Menschen zu sitzen. Es gibt auch Schüler, in deren Haushalt vulnerable Personen leben. Dass die noch mehr Angst haben, ist ja total berechtigt. Dass die in einer solchen Situation nicht den Kopf haben, zu lernen, kann ich verstehen.
Hattest du denn genug Zeit zum Lernen?
Ja, auf jeden Fall. Das war kein Problem. Nach der Pressekonferenz von Bildungsminister Claude Meisch herrschte Klarheit darüber, dass die Examen geschrieben werden und dass das Programm gekürzt wurde. Dann hat es nicht mehr lange gedauert, bis das Programm bekannt wurde. Das habe ich mir angeschaut, mir den Lernstoff eingeteilt und sofort losgelegt.
Machst du dir keine Sorgen, dass dein Examen wegen des reduzierten Programms im Vergleich zu den anderen Jahren vielleicht weniger wert sein könnte?
Die Sorge hatte ich schon. Allerdings kann man es ja gar nicht mit den anderen Jahren vergleichen. Natürlich hatten die Schüler in den Vorjahren viel Stoff zu lernen, aber sie hatten auch viel mehr Zeit zur Verfügung, in der sie direkten Kontakt zu den Lehrern hatten und ihre Fragen stellen konnten. Auch hatten sie die Gelegenheit, das Examen in der Klasse zu üben und beispielsweise häufig auftretende Examensfragen durchzugehen. Das konnten wir ja alles so im Homeschooling nicht machen. So, wie es nun festgelegt wurde, glaube ich, dass die Examen gleichwertig sind. Wir bekommen ja auch keine einfacheren oder schwierigeren Fragen gestellt. Die Examen, die ich bislang geschrieben habe, habe ich vom Schwierigkeitsgrad her in Ordnung gefunden. Andere Länder haben sie vollständig gecancelt. Wir schreiben es trotzdem. Deshalb glaube ich nicht, dass es weniger wert ist als in den Jahren zuvor.
Eigentlich hatte ich geplant, zum Studium ins Ausland zu gehen. Ich weiß nicht, wie das jetzt ablaufen wird. Das hängt von der Uni im Ausland ab und davon, wie sich das jetzt mit der Krise weiterentwickelt.„Première“-Schülerin
Was sind deine Zukunftspläne?
Eigentlich hatte ich geplant, zum Studium ins Ausland zu gehen. Aber ich habe mich auch sicherheitshalber hier auf der Uni.lu für das Studienfach „Econome politique“ eingeschrieben. Auch ohne Corona hätte ich das wahrscheinlich so gemacht. Als Sicherheit. Ich weiß nicht, wie das jetzt ablaufen wird. Habe ich die Möglichkeit, im Ausland zu studieren? Ich weiß nicht, wie das jetzt geregelt wird mit dem Auslandsstudium. Das hängt von der Uni im Ausland ab und davon, wie sich das jetzt mit der Krise weiterentwickelt. Wenn sich die Möglichkeit für mich nicht auftun sollte, dann wäre es nicht schlimm für mich, hier in Luxemburg zu bleiben. Ich könnte mir schon vorstellen, meinen Bachelor hier zu machen. Was auf jeden Fall feststeht, ist, dass ich studieren möchte.
Du machst dir also doch etwas Sorgen, dass es schwierig sein wird, in der Corona-Krise ein Auslandsstudium anzufangen?
Ja. Ich habe mich in Wien für das Studienfach Publizistik- und Kommunikationswissenschaften eingeschrieben. Da ist es so, dass bei den meisten Fächern ein Aufnahmeexamen gemacht werden muss – und das normalerweise vor Ort. Dazu bekam ich noch keine Informationen. Das Examen sollte Anfang Juli stattfinden. Zurzeit weiß ich nicht, ob es noch stattfindet oder nicht. Ich weiß auch nicht, wie sich die Krise weiterentwickelt.
Bekommst du Hilfe vom CePAS („Centre psycho-social et d’accompagnement scolaires“) oder wurde nun in der Krisenzeit im Lyzeum etwas eingerichtet, um den Abschlussklässlern bei der Anmeldung an einer ausländischen Uni zu helfen?
Damit habe ich mich noch nicht wirklich befasst. Wir haben aber regelmäßig E-Mails bekommen, die vom CePAS weitergeleitet wurden. Es ging darum, dass der traditionelle Tag der offenen Tür an den Unis dieses Jahr virtuell stattfinden wird. Auch wurde darüber informiert, wie man sich an den Unis einschreiben soll, da dies nun in der Corona-Krise anders ist. Wenn man eine Frage hat oder es eine Unsicherheit gibt, dann kann man sich auf jeden Fall beim CePAS melden.
Meinst du, dass es als Luxemburgerin einfacher ist, sich in Zeiten der Pandemie an der Uni.lu anzumelden?
Definitiv. Ich habe meine Anfrage allerdings schon sehr früh gestellt. Das war über den üblichen Weg, also per Brief. Nun wurde das geändert. Jetzt muss alles gescannt und per E-Mail versendet werden.
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