Kunstecke / Private ART Kirchberg: Blick in institutionelle Kunstsammlungen
Banken und Institutionen gewähren Kunstfans Eintritt: „Private Art Kirchberg“ ermöglicht den Besuch privater Kunstsammlungen. Wessen Tore geschlossen bleiben und warum sich ein Besuch lohnt.
Als die Initiative „Private Art Kirchberg“ 2006 geboren wurde, haben wir uns gefragt, warum nur „Kirchberg“? Warum fehlen heimische Banken und Institutionen mit eigenen Sammlungen? Heute stellt sich eher die Frage, warum andere Institutionen, die im Kirchberg-Viertel ansässig sind und über interessante Kunstsammlungen verfügen, nicht mit von der Partie sind. Die Verantwortlichen konnten auf der Pressekonferenz keine schlüssigen Antworten liefern, doch scheint uns, dass der Europäische Gerichtshof (EuGh) – mal vom Europäischen Rechnungshof abgesehen, der offenbar keine eigene Sammlung hat – doch gut ins Bild passen würde.
In der Tat, der EuGH zeigt in einem gut aufgemachten Katalog eine beeindruckende Auswahl der von ihm gehorteten Kunstwerke, die teils auch als „Kunst am Bau“ gewertet werden können. Wohl auf ihre Unabhängigkeit und den Wunsch, die Lust auf Kunst mit einem breiten Publikum zu teilen, pochend, hat diese Institution eigene Tage der offenen Türen organisiert. Dennoch, man könnte 2026 den EuGH in die „Private Art Kirchberg“ einbinden, vor allem, da das Gebäude bequem per Tram erreichbar ist.
Bindeglied Tram
Öffnen die sechs Teilnehmer ihre Tore zwischen 11.00 und 18.00 Uhr, so empfehlen sie den Besuchern, ihren Parcours bequem und kostenlos per Tram zurückzulegen (siehe Kasten). Vier Stationen befinden sich in der avenue John F. Kennedy, zwei sind am boulevard Konrad Adenauer gelegen, sind jedoch mittels nahe gelegener Tram-Haltestellen einfach zu erreichen. „Beach-Flaggen“ zeigen Interessenten außerdem den Weg zu den Eingangsportalen.
Gewähren A & O Shearman, Arendt & Medernach, Clearstream/Deutsche Börse, Deutsche Bank, European Investment Bank und Pictet Einblicke in ihre Sammlungen, so mischt das Mudam, wie stets, nur mit „Coups de coeur“ mit. Die amtierende Direktorin Bettina Steinbrügge hat folgende Werke extra ausgewählt: „Kid and Dog“ von Valentin Carron bei Pictet, „Rhythm of the Night IV“ von Leyla Yenirce in der EIB, „Grace Kelly I“ von Imi Knoebel in der Deutschen Bank, „LABO I“ von Zanele Muholi bei Arendt & Medernach, „Kicking the Clouds“ von Sky Hopinka bei A&O Shearman und „Palestinian boys play war games in a destroyed house“ von Anja Niedringhaus aus der Sammlung Clearstream.
Man kann selbstredend anderer Meinung als die Mudam-Direktorin sein, auch wäre es vielleicht spannend, wenn die Kuratoren der Beteiligten mal ihre „Lieblingsstücke“ aus dem Mudam-Arsenal auswählen könnten. Fest steht, dass das Mudam, auch wenn es als Museum nicht an „Private Art“ beteiligt ist, am 20. September die Schau „Radical Software, Art & Computing 1960-1991“ eröffnet, die einen Blick aus feministischer Perspektive in diese Entwicklung zeigt. Die Expo läuft bis zum 2. Februar 2025.
Beeindruckende Fotos
Auf die Frage, warum Banken oder Institutionen Kunst sammeln, gibt es mehrere Antworten. Sagen wir einfach, man betrachtet dies auch als Beitrag zur Kunstförderung, als Aufwertung des eigenen Umfelds und des „Images“ sowie als eine Investition, wobei oft auch der Geschmack eines oder mehrerer Verantwortlichen eine maßgebende Rolle spielt. Pictet beispielsweise ist von rein „schweizerischen“ Künstlern abgerückt und hat ihr Konzept in mehrfacher Hinsicht erweitert. Ähnliches gilt für die EIB, die mittlerweile über Künstler aus den Mitgliedstaaten hinaus sammelt.
Nicht so Arendt & Medernach, wo seit Jahren konsequent auf hochwertige Fotografie gesetzt wird. Neben Zugängen zu Bildern von Marie-Jo Lafontaine, Beat Streuli und Massimo Vitali sei speziell auf die schon am 24. September offiziell eröffnete Expo „Me, Myself & Us“ mit Lichtbildern rund um das „Selbstporträt“ von sieben Fotografen im Erdgeschoss hingewiesen. Auch die 2024 nunmehr „25 Jahre Sammlung“ feiernde Clearstream/Deutsche Bank hat stets auf Fotografie unter dem Motto „conditio humana“ gesetzt. Die Sammlung umfasst mehr als 2.500 Arbeiten aus 35 Ländern. In diesem Jubiläumsjahr haben alle Clearstream-Filialen Werke zu einer „Favourite Pieces – The Staff Selection“ zusammengetragen.
A&O Shearman präsentiert Video-Kunst in Zusammenarbeit mit Mudam und geleitet die Besucher durch ihre Gänge, in denen unterschiedliche Stimmungen durch Kunst erzeugt werden. Spannend gestaltet sich der Blick in das Pictet-Gebäude, da dieses traditionsreiche Haus seit seiner Gründung 1805 eine Verbindung zur Kultur in der Schweiz gehalten hat und in seiner 2004 lancierten Sammlung mittlerweile 1.100 Werke von über 180 Künstlern aufzuweisen hat. In Luxemburg werden 34 Arbeiten anlässlich dieses Tages gezeigt.
Spannende Sammlungen
Von der Deutschen Bank weiß man, dass sie seit den 70er-Jahren unterschiedliche Kunstwerke von deutschen Künstlern an ihrem Sitz neben der mächtigen Skulptur von A.R. Penk zeigt. Wie lange noch, ist nicht bekannt, sodass ein Abstecher in diese Bankzentrale sich allemal lohnt. Ist die Europäische Investitionsbank (EIB) eigentlich für den normalen Bürger nicht zugänglich, so sollen Kunstfreunde diese Gelegenheit nutzen, um sich auf mehreren Ebenen des Gebäudes die nun präsentierten Werke aus der über 1.000 Stücke umfassenden Sammlung anzusehen. Gestandene und „kommende“ Künstler sind hier unter einem Dach vereint.
Je nach Teilnehmer sind die Aktivitäten an diesem Tag der offenen Türen unterschiedlich ausgelegt, mal gibt es nur Führungen, dann wieder freien Zugang oder gar Workshops, manchmal auch auf Kinder zugeschnittene Programme und entsprechende Betreuungen, sodass selbst ganze Familien gern gesehene Gäste am 29. September auf Kirchberg sind. Wie stets, wenn es um Kunstwerke geht, überschneiden sich die Meinungen nicht immer, sicher ist aber, dass die teilnehmenden Einrichtungen alles daransetzen, die diesjährige Ausgabe von „Private Art Kirchberg“ erfolgreich zu gestalten.
Die Stationen im Überblick
A & O Shearman
5, avenue John F. Kennedy
Tram-Haltstelle: Philharmonie/Mudam
Arendt & Medernach
41, avenue John F. Kennedy
Tram-Haltstelle: Alphonse Weicker
Clearstream/Deutsche Börse
42, avenue John F. Kennedy
Tram-Haltstelle: Alphonse Weicker
Deutsche Bank
2, boulevard Konrad Adenauer
Haltstelle: Alphonse Weicker oder Nationalbibliothéik
European Investment Bank
98-100, boulevard Konrad Adenauer
Tram-Haltstelle: Philharmonie/Mudam
Pictet
15A, avenue John F. Kennedy
Haltstelle: Europaparlament/Parlement Européen
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