„Nordstrooss“ / Probleme gelöst, Probleme geschaffen
Vor genau 25 Jahren stellte der damalige Minister für öffentliche Bauten Robert Goebbels die (fast) definitive Trasse der Nordstraße zwischen Mersch und Kirchberg vor. Ganze 20 Jahre sollte es dauern, bis dieser letzte Teilabschnitt der Nord-Zentrum-Verbindung endlich am 23. September 2015 für den Verkehr freigegeben werden konnte.
Aus verschiedenen Unterlagen geht hervor, dass bereits in den 1930er Jahren an den Bau einer Hauptstraße zwischen dem Norden und Luxemburg-Stadt gedacht wurde. Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg, während dem das Straßen- und Wegenetz im Ösling arg in Mitleidenschaft gezogen wurde, hatte die Nord-Zentrum-Verbindung keine Priorität mehr. Das Projekt verschwand zwar immer wieder in einer Schublade, doch die Diskussionen darüber brachen nie ganz ab.
So kam es, dass man in den 1960er Jahren wieder laut von der „Nordstrooss“ sprach. Am 16. August 1967 verabschiedete die Luxemburger Abgeordnetenkammer dann ein Gesetz zur Schaffung des sogenannten „Fonds des routes“ und gleichzeitig zum Bau einer Hauptverbindungsstraße zwischen dem Norden und Luxemburg-Stadt.
Ein Trostpflaster
In den Folgejahren wurde es erneut ruhig um das Projekt. Obwohl 1972 ein Sondergesetz gestimmt wurde, das unter anderem das Gesamtprogramm der Straßenbauprojekte für die darauffolgenden Jahre sowie die Enteignungsprozedur definierte, geschah in puncto Nordstraße nichts.
Nach vielen, immer wieder leeren Versprechungen platzte den Einwohnern aus dem Ösling der Kragen und sie machten ihrem Ärger ordentlich Luft. Die Regierung tröstete sie mit dem Bau der Entlastungsstraße Ettelbrück-Schieren, die erst 1993 für den Verkehr freigegeben wurde. Damit hatte es sich erst einmal. In der Zwischenzeit gingen Umweltorganisationen gegen die „Mordstraße“, wie sie sie damals bezeichneten, auf die Barrikaden.
Der damalige Bautenminister Marcel Schlechter schlug daraufhin eine „Ökovariante“ der Nordstraße vor, die im Tal der Alzette unzählige Brücken und Tunnels vorsah, ein Projekt, das diesmal die Einwohner aus dem Alzettetal auf den Plan rief. Ihrer Meinung nach würde diese Trasse das Landschaftsbild ihrer Region auf immer und ewig zerstören. Nach längerem Hin und Her verschwand die Ökovariante in einer Schublade und wurde nie mehr gesehen.
„Not in my backyard“
Auf Schlechter folgte Robert Goebbels (beide LSAP). Er regte sofort Informations- und Diskussionsabende in den verschiedenen Gemeinden an. Es lagen zwei Varianten auf dem Tisch, doch egal, wie die Gespräche liefen, der Wind wehte dem Minister ordentlich um die Ohren. Im Alzettetal wollte man die Straße lieber im Mamertal sehen, dort schrie man aber, dass diese doch im Alzettetal gebaut werden solle. Die Diskussionen um die West- und die Ostvarianten rissen nicht ab.
Als sich langsam, aber sicher herauskristallisierte, dass die Ostvariante die bessere der beiden möglichen Trassen war, kam heftiger Sturm aus der grünen Ecke auf. François Bausch, der als zuständiger Minister am 23. September 2015 die Nordstraße freigeben musste, nahm damals an den Protestaktionen gegen die „Mordstraße“ teil. Der Grünewald, durch den die Ostvariante führen sollte, rückte ins Zentrum der Polemik.
Während der öffentlichen Diskussionen um die Ost- bzw. Westvariante hatte Goebbels bereits der Gemeinde Kopstal in einer hitzigen Versammlung klargemacht, dass sie, wenn sie gegen die Westvariante schreien würde – also die, die nahe an ihren Ortschaften vorbeigeführt hätte –, den damals bereits dichten Verkehr im Bereich Bridel-Kopstal nie loswerden würde. Das Gleiche gelte übrigens für die benachbarten Orte Keispelt und Kehlen. Im Gegenteil: Der Verkehr würde zunehmen.
Und das war schon wenige Jahre später der Fall und auch heute noch plagt man sich in dieser Region mit dem hohen Verkehrsaufkommen. Am 30. April 1992 einigte sich die Abgeordnetenkammer auf die Ostvariante der Nordstraße. In den Folgejahren kam es zu unzähligen Studien, von denen eine unter anderem einen 8,35 Kilometer langen Tunnel zwischen Kirchberg und Lorentzweiler vorsah. Diese Variante hätte damals die stolze Summe von 17,5 Milliarden Luxemburger Franken gekostet. Dazu wurden 42 Millionen LUF für jährliche Unterhaltskosten veranschlagt.
Vorstellung im Jahr 1995
Das war aber zu viel des Guten. Erst 1995 stellte Minister Goebbels dann die fast definitive Trassenführung zwischen der Hauptstadt und Mersch vor. Ab Kirchberg, wo die Nordstraße an die Trierer Autobahn anschließen soll, sahen die Pläne eine Streckenführung durch den Grünewald in Richtung eines 1,85 Kilometer langen Tunnels in Höhe des Ortes „Stafelter“ vor, dann weiter zu einem zweiten 2,9 Kilometer langen Tunnel namens „Grouft“ (oberhalb von Lorentzweiler), anschließend ginge es dank einer 930 Meter langen Überführung über das Alzettetal hinweg bis zum 2,69 Kilometer langen Tunnel „Gousselerbierg“, um dann die Umgehungsstraße von Mersch zu erreichen.
Diese Ostvariante sollte voraussichtlich mit 14,8 Milliarden Luxemburger Franken zu Buche schlagen, heute wissen wir, dass der Preis weitaus höher ausfiel. Am 9. Juli 1997 war es dann so weit: Die Abgeordnetenkammer verabschiedete die Pläne und das Gesetz für dieses letzte Teilstück der Nordstraße. Während die CSV, LSAP, DP und ADR dafür stimmten, gaben „déi gréng“ ihre Gegenstimme ab. Die zwei LSAP-Abgeordneten Françoise Kuffer und René Kollwelter enthielten sich.
Mit seiner Entscheidung schwergetan hatte sich an dem Tag auch der damaligen LSAP-Umweltminister Johny Lahure. Letztendlich hätten ihn nachträgliche Trassenverbesserungen und die Zusicherung des Rückbaus der Nationalstraße 7 dazu bewogen, für das Projekt zu stimmen.
Zum Abschluss der Debatte ergriff Goebbels noch einmal das Wort. Er zeigte sich darüber entmutigt, dass ein Straßenbauprojekt solche Leidenschaften entfachen könnte. Da gäbe es doch wichtigere Themen in unserer Gesellschaft. Weiter meinte er, bei der verkehrstechnischen Erschließung des Nordens und des Kantons Mersch handele es sich um nicht mehr und nicht weniger als Landesplanung. Zum Schluss hob er noch hervor, dass die Nordstraße allerdings kein Wundermittel sei, das sämtliche Probleme des Nordens sowie des Alzettetals lösen könnte.
„Wühlarbeit der Beamten“
In der Zeit, in der sich die Befürworter und die Gegner weiter die Köpfe einschlugen, zog die Autobahn bzw. Schnellstraße langsam, aber sicher ihre Trasse durch das Alzettetal – so zum Beispiel zwischen Schieren und Colmar-Berg, wo ab Oktober 1996 eine der längsten Brücken Luxemburgs errichtet wurde.
Robert Goebbels errinnert sich auch an die Zeit nach dem politischen Wechsel aufgrund der Nationalwahlen 1999. Die LSAP war wegen ihres schlechten Resultats nicht mehr in der Regierung. Die Nachfolgerin von Goebbels im Bautenministerium war Erna Hennicot-Schoepges (CSV). „Glücklicherweise hatte ich bereits Aufträge in einem Gesamtwert von einer Milliarde Franken vergeben, als einige höhere Beamte aus dem Ministerium, der Bau- sowie der Umweltverwaltung gleich nach dem politischen Wechsel mit ihrer Wühlarbeit gegen die von ihnen ungeliebte, jedoch vom Parlament gestimmte Ostvariante begannen. Die Verwaltungen wollten immer die Westvariante über das Steinseler Plateau, mit einem Tunnel unter Bridel hindurch, quer durch den Strassener Wald mit einem Anschluss an die Autobahn Luxemburg – Arlon. Leider fanden diese Beamten aber 30 Jahre keinen Minister, der ihre bevorzugte Variante durchsetzte. Meine Nachfolgerin Erna Hennicot-Schoepges zögerte praktisch ein Jahr, bevor sie neuen Ausschreibungen zustimmte.“
Prognose: Bauende 2006
Die Arbeiten gingen trotz heftiger Proteste der Umweltorganisationen weiter. Im Jahr 2000 prognostizierten Verantwortliche der Straßenbauverwaltung vorsichtig das Bauende der Nordstraße für 2006. Heute wissen wir, dass es ganze neun Jahre länger gedauert hat, bis dass das erste Fahrzeug über die gesamte Nordstraße zwischen „Fridhaff“ und „Waldhaff“ fahren konnte.
Das Projekt, das bis dahin ziemlich reibungslos über die Bühne ging, sollte aber im September 2003 gebremst werden. Damals wurden im Bereich der nördlichen Einfahrt des Tunnels „Gousselerbierg“ Verschiebungen einer der Röhren festgestellt. Wie uns damals von der Direktion der Straßenbauverwaltung bestätigt wurde, handelte es sich bei diesen Konvergenz-Verschiebungen um Unterschiede von 10 Zentimetern und mehr im Verhältnis zur ursprünglichen Bohrung. Die Fertigstellung des gesamten Tunnels, die für Mitte 2007 vorgesehen war, sollte sich um mehrere Monate verzögern. Die zusätzlichen Kosten für die erforderlichen neuen Bohrungen wurden damals auf rund eine Million Euro geschätzt.
Rückstaus und Schleichwege
Nach 30 Jahren (!) Planungs- und Bauzeit eröffnete der ehemals vehemente Gegner der Nordstraße (als früheres Mitglied der GAP – „Gréng Alternativ Partei“) und heutiger Infrastruktur- und Nachhaltigkeitsminister François Bausch den letzten Trassenabschnitt und damit die gesamte Nordstraße am 23. September 2015. Er machte an dem Tag keinen Hehl daraus, dass er sich noch immer nicht so recht mit diesem Projekt anfreunden könne – doch zuschütten könnte man eine 700 Millionen Euro teure Straße ja nun wirklich nicht.
„Diese Ostvariante ist bestimmt nicht die beste gewesen, doch nun haben wir sie … Andererseits bin ich aber glücklich, dass diese Nordstraße – oder sollte man sie doch nicht besser Zentrumsstraße nennen? – endlich fertiggestellt ist, und das allein schon aus dem Grund, dass die Emotionen um dieses Projekt herum nun endlich der Vergangenheit angehören“, sagte Bausch, bevor er die Straße freigab.
Nicht einmal fünf Jahre sind seitdem vergangen und schon zeigt sich, dass diese Straße nicht nur Probleme gelöst, sondern auch neue geschaffen hat (siehe Reaktionen betroffener Bürgermeister). Dazu kommt, dass die Verengung dieser Straße zwischen Colmar-Berg und Schieren (an dem Punkt, wo die vierspurige Autobahn plötzlich in eine zwei-, teilweise dreispurige Straße übergeht, wo 200 Meter weiter zudem ein Radargerät die Geschwindigkeit auf 70 km/h beschränkt) und die alltäglichen Rückstaus wegen der in Zwischenzeit unhaltbaren Verkehrsführung in Ettelbrück bis zur Nordstraße den Verkehrsfluss enorm behindern. Mit dem Resultat, dass viele Autofahrer tagtäglich in Richtung Norden die Autobahn A7 bereits auf Roost verlassen und Schleichwege über Landstraßen und durch Ortschaften wie Bissen und Colmar-Berg suchen. Das ist seit langem bekannt, doch der politische Wille, hieran etwas zu ändern, fehlt.
„Wesentliche Verbesserung“
Jean-Pierre Klein (Bürgermeister von Steinsel): „Eine Entlastung des alltäglichen Berufsverkehrs mit Inbetriebnahme der aktuellen Nordstraße für die Gemeinde Steinsel? In der Tat! Minister Robert Goebbels hat vor 25 Jahren die Ostvariante der ‚Nordstrooss‘ vorgestellt. Ich war damals Mitglied der Abgeordnetenkammer und habe für diese Trasse gestimmt, die sich an andere Straßen durch den Grünewald fügte und das Steinseler Plateau unversehrt ließ. Die ‚Nordstrooss‘ hat die Verkehrslage in unserer Gemeinde wesentlich verbessert. Der von dieser Straße täglich erfasste Verkehr würde bedeutende Nachteile und einen spürbaren Verlust der Lebensqualität für unsere drei Ortschaften Steinsel, Müllendorf und Heisdorf mit sich bringen, beispielsweise durch eine hohe Verkehrsbelastung der N7 und den Schleichverkehr durch die Siedlungen.“
„Die richtige Entscheidung“
Michel Malherbe (Bürgermeister von Mersch): „Für mich war und bleibt die Ost-Variante die einzig richtige Entscheidung. Zweifellos rückte mit der schrittweisen Eröffnung der A7 Mersch als geografisches Landeszentrum näher an das wirtschaftliche Epizentrum Luxemburgs heran. Einige Unternehmen haben sich wegen der günstigen Autobahn-Anbindung und der vermeintlich verkürzten Anfahrtszeiten bei uns niedergelassen. Der Standort Merscherberg etwa als bewusste Auslagerung wurde genauso wie das Image geschärft. Zudem bewirkte die Nord-Autobahn ein breiteres Einkaufs- und Gastronomieangebot für Ansiedler, Besucher und Touristen. Nicht umsonst dehnen wir die Fläche unserer Aktivitätszone auf dem Merscherberg aus. Gemeinsam mit den Gemeinden Lintgen und Lorentzweiler reagieren wir auf die Nachfrage ansiedlungswilliger Firmen. Aufgrund der großen Bedeutung des Individualverkehrs begünstigte die Autobahn-Anbindung einen starken Einwohnerzuwachs, dies dennoch sehr zum Leidwesen der Immobilienpreise. Ein weiterer Wermutstropfen bleibt die Unterlassung einer Autobahnausfahrt auf Höhe des Kinderdorfes, da die Autofahrer aus Richtung Schoenfels kommend zunächst das Merscher Zentrum durchqueren müssen, um die Auffahrt Richtung Kirchberg zu nehmen.“
„Weniger Verkehr“
François Sauber (Bürgermeister von Walferdingen): „Durch die Eröffnung der A7 (Nordstraße) im Herbst 2015 konnte in der Gemeinde Walferdingen entlang der N 7 (route de Luxembourg / route de Diekirch) ein spürbarer Rückgang des Verkehrsaufkommens erkannt werden. Aufzeichnungen bestätigten diese ‚gefühlten‘ Feststellungen und ergaben Minderungen von bis zu 35 Prozent des Tagesverkehrs. Beim Schwertransport (Lkws) war die Entlastung noch spürbarer, besonders die Lärmemissionen sind erheblich gesunken. Zukunftsstudien zu den Entwicklungen (Neubaugebiete) in den Gemeinden des Alzettetals (Walferdingen und Nachbargemeinden) sagen jedoch ab etwa 2026 in puncto Verkehrsaufkommen einen ähnlichen Zustand wie vor der Eröffnung der A7 voraus, außer die Einwohner können zur Nutzung von nachhaltigeren Fortbewegungsmöglichkeiten motiviert werden.“
„Man hätte weiterdenken müssen“
Christian Miny (Bürgermeister von Colmar-Berg): „Anfangs haben wir die Nordstraße begrüßt, doch vor allem in den vergangenen zwei Jahren hat sich gezeigt, dass der ‚Trichter’ zwischen Colmar-Berg und Schieren, die katastrophale Verkehrslage rund um Ettelbrück und in Richtung Feulen/Bastnach sowie das von Jahr zu Jahr größer werdende Verkehrsaufkommen Tag für Tag Hunderte von Autofahrern dazu bewegen, die Nordstraße vor dem genannten ‚Trichter’ zu verlassen, und zwar auf Höhe von Roost. Von dort aus schlängelt sich die Blechlawine dann durch unsere Ortschaften und weiter über enge Landstraßen in Richtung Norden. Was fehlt, ist der Ausbau der Nordstraße ab der genannten Verengung sowie der seit vielen Jahren dringend notwendige Bau einer Entlastungsstraße Ettelbrück – Feulen.”
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et wärt na ganz, ganz lang daueren bis déi Strooss endlich geschafen ass. Kén, ewer och kén von eisen Politiker wellt eis déi Strooss zougestoen, déi mer sou néidig brauchen. D’ass jo nemmen d’Eisleck. An, mer Éislicker selwer senn jo gedellig Schof déi neischt mân fir eppes ze änneren. Mer warden léiwer bis zum Sankt Nimmerleinsdâg. Hei gesinn mer dat 80 ( achtzig ) Joer neischt gemacht gouf a puncto Strossennetz fir eis hei uewen. Dât muss én sech mol op der Zong zegoen lossen. Am Süden an am Zentrum senn déi schéinsten Strossen, déi dem Verkéieropkommen gerecht ginn. Mer hei uewen erstecken an de Kamion an Autoen déi all Dâg zouhuelen, mé et gett neischt gemacht. All Dâg iergeren mer eis iwert déi onméiglich Zoustann von der Wämperhardt bis op Kolmer. Mé neischt passéiert. É Schellem , dén do Béises fir d’Éislicker denkt!