/ Prog und Politik eines Gralshüters: Genesis-Gitarrist Steve Hackett in der Rockhal
Der 69-jährige Brite liefert ein Konzert der Spitzenklasse ab, das zu gleichen Teilen aus Songs seiner langjährigen Solokarriere besteht und aus der integralen Aufführung des legendären Genesis-Albums „Selling England By The Pound“.
Von Gil Max
Es ist neben „Dark Side Of The Moon“, „In The Court Of The Crimson King“ und „Close To The Edge“ von Yes die wohl beste Progressive-Rock-Platte aller Zeiten: „Selling England By The Pound“, das 1973er Album von Genesis, damals noch mit Peter Gabriel am Gesang und Steve Hackett an der Gitarre.
Es sei immer seine Lieblingsplatte von Genesis gewesen, meinte Hackett einmal in einem Interview. „Sie war einfach ein wenig verrückt und surreal. Außerdem war ich sehr zufrieden, dass wir gut spielten, dass meine Gitarre toll klang und dass die ganze Sache etwas Ausgefallenes hatte.“
Und so sind viele Genesis-Anhänger am Sonntagabend nach Esch gekommen, um dieses verrückte Album noch einmal live in voller Länge zu hören. Der Rockhal-Club ist außerordentlich gut gefüllt, als Hackett mit seiner fünfköpfigen Begleitband auf der Bühne erscheint.
Unter dem Jubel seiner Fans wird jedoch in einem ersten Set zunächst Solomaterial gespielt, das sich zum größten Teil aus seinem nagelneuen Album „At The Edge Of Time“ und einem seiner besten Solowerke, „Spectral Mornings“, zusammensetzt, aus Anlass dessen Erscheinens vor genau 40 Jahren.
Die Band ist hervorragend, der Sound fantastisch und Hackett stellt eindrucksvoll unter Beweis, dass er auch mit 69 immer noch einer der besten Gitarristen der Welt ist. Jedes Riff, ja jede einzelne Note sitzt. Hackett ist der Meister des Feedbacks und des Finger-Tappings, das er lange vor Eddie Van Halen erfunden hat. Zwischendurch plaudert der sympathische Engländer mit dem Publikum, versucht sich an ein paar Brocken Französisch. Nach „Merci“ und „Mes amis“ meint er selbstironisch, das wäre so ziemlich alles, was nach fünfjährigem Französisch-Unterricht in der Schule hängen geblieben sei: „three words.“
„Bollocks“
Hackett verliert kein Wort über Politik und dennoch ist dieses Konzert am Europa-Wahlabend irgendwo auch ein politisches Statement. Die Verstärker und Flight-Cases der Band sind übersäht mit „Fck Brxt“- oder „Bollocks to Brexit“-Stickern und der eingeschworene Brexit-Gegner Hackett ist sich natürlich bewusst, dass er „Selling England By The Pound“, ursprünglich ein Wahlkampfslogan der Labour Party, in diesen Tagen eine völlig neue Bedeutung verleiht.
Nach einer kurzen Pause erleben wir dann eine Sternstunde des Prog-Rock. Hacketts Mitstreiter sind ihrer Aufgabe gewachsen, allen voran Roger King am Klavier in der Rolle von Tony Banks und Rob Townsend, der alle Flötenparts, die Gabriel damals spielte, übernimmt, diese sogar noch ein bisschen ausweitet und bei „I Know What I Like“ am Saxofon mitjammt.
An den Sänger Nad Sylvan muss man sich erst gewöhnen: Er sieht in etwa wie eine weibliche Kreuzung aus Robert Plant und Ozzy Osbourne aus, seine Stimme liegt jedoch sehr nahe an der von Peter Gabriel und mit Ausnahme von Phil Collins’ Schnulze „More Fool Me“, die er vergeigt, macht er einen guten Job.
Auch Schlagzeuger Craig Bundell hat Phil Collins’ komplexe Drumparts drauf und so wird die ganze Darbietung zu einem musikalischen Genuss, bei dem „Firth Of Fifth“ und „The Cinema Show“ besonders herausstechen. Am Ende überrascht Hackett seine Fans mit dem Song „Déjà Vu“, der eigentlich mit aufs Album hätte kommen sollen, damals jedoch nicht fertiggestellt wurde. Mit seiner Band hat er ihn inzwischen zu Ende komponiert.
Als Zugaben gibt es eine weitere Genesis-Breitseite: „Dance On A Volcano“ und ein „Myopia“- „Los Endos“-Medley, leider vom (ansonsten vorzüglichen) Soundtechniker unerträglich laut abgemischt. Wow, Steve Hackett hütet definitiv den Gral des Genesis-Erbes!
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