Pro-Süd / Projekt „Tutti Frutti“: Obstgärten sorgen für den Erhalt von Biodiversität
Das Gemeindesyndikat Pro-Süd will auf lokale und saisonale Produkte setzen. Die frei zugänglichen Obstgärten sollen gefördert werden und dadurch bei der Bevölkerung ein neues Bewusstsein für Biodiversität schaffen sowie den Kontakt zwischen Mensch und Natur wieder herstellen.
Obstbäume oder sogar ganze Obstgärten sind rar geworden in den Städten und Ortschaften Luxemburgs. Dabei bringen die „Bongerten“ viele positive Eigenschaften mit sich. Sie sind nämlich der Produktionsort für lokale Lebensmittel, fördern die Biodiversität und dienen als Lebensstätte für Insekten und Co. Bei dem Projekt „Tutti Frutti“ rückt das Gemeindesyndikat Pro-Süd die kommunalen Obstgärten, die sich in der Minett-Unesco-Biosphäre befinden, in den Mittelpunkt. Ein Hauptziel von „Tutti Frutti“ ist, gegen die Lebensmittelverschwendung vorzugehen. Dazu ist es Teil der Aktion „Gielt Band“ vom Landwirtschaftsministerium in Zusammenarbeit mit dem Gemeindesyndikat Syvicol.
In einer ersten Phase des Projektes galt es, die bestehenden „Bongerten“ ausfindig zu machen. Die jeweiligen Gemeindedienste haben sich im Jahr 2021 von den für die Öffentlichkeit zugänglichen Obstgärten, deren Produktivität und den dort stehenden Sorten ein Bild gemacht. Im letzten Jahr wurde dann eine Webkarte mit den Obstgärten in den jeweiligen Gemeinden veröffentlicht. Derzeit stehen 77 öffentliche „Bongerten“ für das kostenlose Pflücken der Früchte zur Verfügung, sagte Eschs Bürgermeister Georges Mischo in seiner Funktion als Präsident des Gemeindeverbundes Pro-Süd am Dienstag im Ellergronn. 17 verschiedene Früchte hängen an den über 2.600 Bäumen.
In diesem Jahr soll eine gemeinsame Beschilderung für die ganze Region einen leichteren Zugang zu den kommunalen „Bongerten“ ermöglichen. Per QR-Code sind weitere Informationen abrufbar. In acht Gemeinden stehen bereits diese Schilder in Form eines Apfels.
Anouk Boever-Thill, Mitglied des Komitees von Pro-Süd und Gemeinderätin in Monnerich, führte aus, dass sich in ihrer Gemeinde derzeit drei Obstgärten befinden: Zwei in der Ortschaft Monnerich selbst und einer in Steinbrücken. In Bergem könnte sie sich einen weiteren im Zuge des Projektes rund um den neuen Dorfkern vorstellen. Weiter werden die „Bongerten“ in der Gemeinde attraktiver gestaltet, durch Insektenhotels oder auch Nistkästen. Der pädagogische Aspekt soll ebenfalls eine übergeordnete Rolle spielen. Schulkinder sollen lernen, welche Art von Früchten in Luxemburg wachsen oder auch welche Sorte in welchen Monaten blüht.
Landwirtschaftsminister Claude Haagen ging auf die anstehende dritte Ausgabe der Aktion „Gielt Band“ ein. Die gelben Bänder werden an den Bäumen angebracht, bei denen das reife Obst von der Öffentlichkeit gepflückt werden darf. In 66 Gemeinden wurden in dem Sinne bis jetzt über 4.700 gelbe Bänder verteilt. Neben den Kommunen beteiligen sich auch Vereinigungen und Privatpersonen an der Aktion. Auf www.antigaspi.lu ist eine Karte mit den teilnehmenden Gemeinden zu finden, wie auch das Mitmach-Formular sowie alle nötigen Details zur Bestellung der gelben Bänder, die übrigens – Ökologie oblige – biologisch abbaubar sind.
Noch etwa 150.000 Obstbäume im Land
In Luxemburg wachsen über 700 verschiedene Obstsorten in den „Bongerten“. Dies war von Richard Dahlem vom „natur & ëmwelt“ zu erfahren. Im Jahr 1900 gab es über eine Million Obstbäume im Großherzogtum. Heute wird die Zahl auf gerade mal 150.000 geschätzt. Die Organisation setzt deswegen verstärkt auf die Bewahrung dieses Kulturerbes. So sind die Erhaltung der biologischen und genetischen Diversität, der geleistete Beitrag zur gesunden und nachhaltigen Ernährung sowie die Aufwertung des Landschaftsbildes wichtige Stichwörter in diesem Kontext. Roger Dammé vom „Mouvement écologique“ gab weitere Erklärungen zur negativen Auswirkung von Pestiziden auf die Biodiversität. Rückstände dieser chemischen Mittel sind in Pollen zu finden, in Wasserquellen, im Hausstaub und schließlich auch in unseren Körpern. Für viele Tierarten sind die Obstgärten ein wichtiger Lebensraum. Der Steinkauz ist ein Beispiel hierfür. Für Fernand Klopp, Direktor des Naturschutzsyndikats Sicona, ist der Schutz der Obstgärten demnach gleichzeitig auch Steinkauz-Schutz.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos