Luxemburg / Proteste in der Hauptstadt: Blockierte Straßen und leere Geschäfte
Lockdown, Homeoffice, Maskenpflicht – es gibt mehrere Ursachen in Zusammenhang mit dem Coronavirus, die Menschen in den vergangenen zwei Jahren davon abhielten, Geschäfte oder Restaurants zu besuchen. Mit den anhaltenden Protesten in der Hauptstadt ist offenbar ein weiterer Grund hinzugekommen. Denn obwohl Weihnachten kurz bevorsteht, kommen gerade am Wochenende nur wenig Kunden.
Geschmückte Nadelbäume, festliche Leuchten, Menschen mit vollgepackten Tüten – all das ist in der Weihnachtszeit aus den Fußgängerzonen in der Hauptstadt von Luxemburg fast nicht wegzudenken. Seit einiger Zeit, vor allem an den Wochenenden, prägen aber zunehmend weniger Menschen auf Geschenkesuche das Bild der Innenstadt. Stattdessen sind Demonstranten unterwegs, die gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung protestieren. Und das hat offenbar auch einen Einfluss auf die Geschäftswelt.
„Wir merken, dass seit Anfang Dezember weniger Menschen kommen und zudem noch gar nicht wirklich weihnachtliche Stimmung aufgekommen ist“, stellt Radia Lassouani fest. Sie ist Marktleiterin eines großen Kleidergeschäftes im Bahnhofsviertel in der avenue de la Gare, über die am Samstag eine größere Ansammlung von Demonstranten in Richtung Oberstadt marschierte – also außerhalb der festgelegten Protestzone. Angst hätte man vor den Demonstranten nicht gehabt, vielmehr seien die Kunden des Geschäfts auf die Straße gelaufen, um zu sehen, was los ist, berichtet Radia Lassouani. Sie ist auch für eine zweite Filiale in der Grand-rue verantwortlich und sagt, dass sie sich eher Sorgen um das Geschäft macht. Denn dass weniger Kunden kommen, zeige sich in den Zahlen.
Etwas unwohl zumute war es Kosmetikerin Diana Martine, als die Protestler am Samstag an dem Geschäft in der avenue de la Gare vorbeizogen, in dem sie Kosmetika und Pflegeprodukte verkauft, aber auch Wellnessbehandlungen macht. „Manche Demonstranten waren vulgär, aggressiv – zwar nicht gegenüber von uns. Aber mit den Böllern, Schreien, Sirenen, das hat einige Kunden beunruhigt und sie sind erst mal im Laden geblieben“, berichtet die Kosmetikerin. Eigentlich macht sie sich keine Gedanken um die eigene Sicherheit oder um die der Menschen im Laden. Sie weist allerdings darauf hin, dass vor allem der Lärm störend ist, wenn Kunden zum Entspannen kommen. Und: „Es war ansonsten wirklich sehr ruhig bei uns, normalerweise ist an Samstagen deutlich mehr los. Aber die Ferien haben ja begonnen, das könnte auch eine Erklärung sein.“
Ausweichen auf Alternativen
Jos Letsch hingegen ist sich sicher, dass der Kundenrückgang an den Wochenenden mit den Demonstrationen zusammenhängt. Sie ist Geschäftsführerin eines Teeladens in der hauptstädtischen rue Notre Dame – nur 150 Meter von der „Gëlle Fra“ entfernt, an der während der aus dem Ruder gelaufenen Demonstration am ersten Dezemberwochenende haltgemacht wurde. „Was da passiert ist, kennen wir so gar nicht aus Luxemburg. An dem Tag selbst hatte das aber noch keine Auswirkungen auf das Geschäft. Allerdings kamen am Samstag darauf deutlich weniger Menschen“, stellt Jos Letsch fest. Ihrer Meinung nach haben die Proteste große Auswirkungen auf das Geschäft, auch da der Verkehr in diesen Stunden nicht fließt und potenzielle Kunden dann zu großen Einkaufszentren außerhalb der Stadt fahren würden.
Vor allem ältere Menschen würden aus Furcht nicht kommen, erzählt die Geschäftsführerin und sagt aber auch: „Ich habe keine Befürchtungen, dass mir zum Beispiel jemand etwas kaputtmacht. Die Polizei macht ja ihre Arbeit.“ In anderen Geschäften in der Oberstadt ist die Sorge da scheinbar etwas größer. Denn als der Demonstrationszug am Samstag über den Boulevard Royal zog, wurden die Eingänge der „Galeries Lafayette“ verschlossen – als reine Sicherheitsmaßnahme, wie am Montag auf Nachfrage hin mitgeteilt wird. Während zehn Minuten seien die Türen am Nachmittag verriegelt gewesen, viele Kunden hätten das aber nicht einmal mitbekommen, berichtet eine Mitarbeiterin vor Ort. Mehr will man aktuell nicht dazu sagen.
Hohes Polizeiaufkommen
Auf Nummer sicher geht man seit den Protesten am ersten Dezemberwochenende auch auf der place d’Armes: Zahlreiche Polizeibeamte sind dort vor allem an den Wochenenden im Einsatz, um zu verhindern, dass Demonstranten erneut den Weihnachtsmarkt stürmen. „So etwas wie an diesem Tag hat man in Luxemburg noch nie gesehen“, erinnert sich Janete Ferreira, verantwortlich für einen Zeitungsladen auf der place d’Armes. Die Demonstrationen bereiten ihr nicht allzu viele Sorgen, denn durch das hohe Polizeiaufkommen fühlt sie sich gut geschützt. „Ich finde es eher beängstigend, dass bei den Protesten so viele Menschen zusammenkommen, denn das Virus gibt es ja immer noch.“ Obwohl etwas weniger Kunden kämen, laufe das Geschäft bei Janete Ferreira immer noch gut. „Ich kann mir aber vorstellen, dass die Situation in Restaurants wegen 3G und allem ganz anders aussieht“, vermutet die Verantwortliche des Kiosks.
Der Besuch eines Restaurants auf der place d’Armes gibt ihr dann auch recht. „Zwischen 17.00 und 18.30 Uhr waren die Zugänge am Samstag durch die Polizei blockiert. Wir hatten in dieser Zeit keinen einzigen Gast“, erklärt Florian Marlier, Assistenz der Geschäftsführung des Restaurants. Er hat kein Verständnis für die Proteste, findet, dass sie nichts bringen und zudem dem Weihnachtsgeschäft schaden. „Normalerweise arbeiten wir an solchen Tagen sehr viel, aber am Samstag haben wir während anderthalb Stunden gar keinen Umsatz gemacht“, berichtet Florian Marlier hörbar genervt und erzählt weiter, dass es am Sonntag dann aber wieder einigermaßen ging. Wie wohl viele andere auch hofft er, dass sich die Situation bald beruhigt und die Kunden wieder in die Restaurants und Läden zurückkehren.
Abgesagt: „Bouneweger Musek“ spielt nicht in der Oberstadt
Die „Fanfare municipale Luxembourg Bonnevoie“ teilte am Wochenende in den sozialen Medien bei Facebook mit, dass wegen der Demonstration an dem Wochenende nun doch keine Weihnachtslieder für den guten Zweck in der Oberstadt vorgetragen werden. Traditionell spielen die jüngeren Mitglieder der „Bouneweger Musek“ vor dem Fest Weihnachtslieder, um auf diese Weise Spenden für Kinder in Not zu sammeln. Präsident Marc Mertz teilte auf Nachfrage hin mit, dass man diese Entscheidung aus Sorge um die Sicherheit der Kinder getroffen hätte und es bedauere, Veranstaltungen aus solchen Gründen absagen zu müssen. Erst Anfang Dezember hatte „Amnesty International“ den traditionellen Fackelzug zum internationalen Tag der Menschenrechte abgesagt, nachdem Impfgegner zu einer Teilnahme daran aufgerufen hatten.
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