Polen / Putin und Lukaschenko erhöhen Migrationsdruck auf EU
Polens Ostgrenze kommt auch nach den Europawahlen nicht zur Ruhe. Am Wochenende zählte der polnische Grenzschutz während zweier Nächte 430 Versuche, teils unter Anwendung von Gewalt über die Grüne Grenze illegal nach Polen einzureisen. Polnische Grenzschützer wurden dabei mit Steinen und Ästen beworfen. Dies wiederholt sich seit Mai an der gut 400 Kilometer langen Grenze zwischen Polen und Belarus praktisch jede Nacht.
Vor zwei Wochen wurde bei einem solchen Angriff ein Grenzschutzsoldat so schwer mit einer aus Belarus von einem vermeintlichen Migranten nach Polen geworfenen, selbst gebastelten Lanze verletzt, dass er ein paar Tage später seinen Verletzungen erlag. Polen ist seit Anfang Mai mit dem größten Ansturm von Migranten aus Afrika, Asien und Nahost seit der polnisch-belorussischen Flüchtlingskrise im November 2021 konfrontiert. Damals kam es am inzwischen geschlossenen Grenzübergang von Kuznica Bialegostocka zu gewalttätigen Ausschreitungen mehrerer Tausend, von Lukaschenko mit dem Versprechen einer problemlosen Weiterreise via Polen nach Westeuropa ins Land gelockter Migranten mit polnischen Grenzschützen.
Daraufhin hatte die rechte Vorgängerregierung einen 186 Kilometer langen, 5,5 Meter hohen Metallgitterzaun zu Belarus hin errichten lassen. Damit sollte Lukaschenkos künstlich eingerichtete neue Flüchtlingsroute über den Flughafen von Minsk geschlossen werden. Doch die illegalen Einreiseversuche über oder unter dem Zaun hindurch ließen sich damit nie ganz stoppen. Im Mai allerdings hatten sie sich auf durchschnittlich 250 Versuche pro Nacht verzehnfacht. Alleine in der Woche direkt vor den Europawahlen wurden bei solchen, oft von den belorussischen Grenzern begünstigten illegalen Einreiseversuchen drei polnische Grenzschutzsoldaten verletzt.
Hybride Kriegsführung
Die Regierung Donald Tusk hat deswegen eine viel kritisierte, von der Vorgängerregierung eingerichtete Sperrzone an der Grenze entlang erneut in Kraft gesetzt – allerdings ist diese weniger breit und umfasst nur noch rund 60 Kilometer entlang Belarus. Die Sperrzone ist meist nur 200 Meter breit, dehnt sich an besonders hellen Stellen allerdings bis auf 2.000 Meter ins Landesinnere aus. Zu besonders neuralgischen Punkten haben sich zwei Grenzflüsschen beim Dorf Krynki unweit des Dreiländerecks Polen-Litauen-Belarus und im Bialowieza-Urwald entwickelt.
Polens Außenminister Radoslaw Sikorski hat den erneuten Ansturm von Migranten über die sogenannte Belarus-Route als eine Form der hybriden Kriegsführung Russlands gegen Polen bezeichnet. 90 Prozent dieser Migranten verfügten über russische Visen, informierte Sikorski kürzlich. Das Ziel dieser russischen Operation sei es, ganz Europa zu zeigen, dass die EU-Außengrenze nicht kontrolliert werde. „Dies soll die extreme Rechte stärken, jene, die behaupten, dass die EU von innen zusammenfällt“, analysierte Sikorski.
Laut dem polnischen Ex-Geheimdienstoffizier Robert Cheda gehen Russlands Pläne indes weiter. Der Kreml habe vor allem in Syrien ISIS-Kämpfer angeworben, die nun via Belarus zuerst nach Polen und dann weiter nach Westeuropa gebracht werden sollten, berichtete er am Dienstag in einem Interview mit der Boulevard-Zeitung Fakt. Belorussische Exil-Journalisten in Polen äußern dazu die Vermutung, dass ehemalige Söldner der russischen Privatarmee „Wagner“ die vermeintlichen Flüchtlinge in Belarus ausbilden.
Dass sich unter den Migranten auch hilfsbedürftige Flüchtlinge befinden, bestreitet indes in Polen niemand. Der Grenzschutz hat seit dem liberalen Regierungswechsel seine tägliche Statistik geändert und führt nun auch auf, wie vielen Flüchtlingen man geholfen habe. Am Wochenende erhielten demnach sechs Flüchtlinge medizinische Hilfe in Polens Wäldern. Über die Zahl der Pushbacks indes schweigt die Statistik.
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