Getreideernte / Qualität zufriedenstellend, Quantität enttäuschend
Die diesjährige Getreideernte hat nicht das Ertragsniveau der vergangenen Jahre erreicht. Bei verschiedenen Produkten wird ein Rückgang von bis zu 40 Prozent verzeichnet. Vor allem die Wintergerste litt unter den schlechten Wetterbedingungen. Landwirtschaftsminister Romain Schneider zeigte sich während des traditionellen Erntegesprächs am Donnerstagmorgen im neuen Gebäude der Luxemburger Saatbaugenossenschaft (LSG) in Colmar-Berg aufgrund der bereits vorliegenden, jedoch nicht definitiven Ergebnisse sehr besorgt.
Der Präsident der LSG, Carlo Hess, ging eingangs des Erntegesprächs auf das neue Gebäude der 60 Jahre alten Genossenschaft ein, die zurzeit 70 aktive Mitglieder zählt. Die hochmoderne Infrastruktur konnte, bedingt durch Verspätungen am Bau wegen der Corona-Pändemie, erst vor rund zwei Wochen in Betrieb genommen werden, was zusätzliche Unkosten sowie eine verspätete Annahme der Getreidernte zur Folge hatte.
Der Redner unterstrich zudem die Wichtigkeit, dass man in Luxemburg selbst über Saatgut verfügt, andernfalls wäre man von ausländischen Großunternehmen abhängig. Mit der neuen Einrichtung in Colmar-Berg könne die LSG nun auf eine der modernsten Anlagen für die Annahme und die Vermehrung von Saatgut zurückgreifen.
Ein enttäuschendes Jahr
Was die Getreideernte 2020 anbelangt, sprachen sowohl LSG-Direktor Steve Turmes als auch Klaus Palzkill (De Verband) von einer sehr durchwachsenen Saison. Vor allem bei der Wintergerste seien regional erhebliche Ertragsausfälle zu verzeichnen, gesamt gesehen spreche man von einem Verlust von rund 30 Prozent gegenüber den Vorjahren, was immerhin einen Rückgang von 1,6 Tonnen pro Hektar Fläche ausmache.
Die miesen Wetterbedingungen seien der Hauptgrund für diesen Ertragsrückgang. Von Ende September 2019 bis März 2020 seien 25 Prozent mehr Regen als in den Vorjahren gefallen, was dazu führte, dass der Boden im Frühjahr sehr durchnässt war und somit Maßnahmen zur Verbesserung der späteren Ernte, die normalerweise im März durchgeführt werden, erst im April/Mai vonstattengingen.
Beim Weizen würden bis zu 20 Prozent des Vorjahresertrags fehlen. Die Qualität der abgelieferten Körner sei zufriedenstellend, dies gelte auch für den Raps, wo man jedoch einen empfindlichen Rückgang der Anbaufläche in Luxemburg verzeichnen muss. In den letzten Jahren habe man 2.500 Hektar Raps-Anbaufläche weniger gezählt, was die Hälfte der vorherigen Fläche ausmacht. Das Preisniveau sei beim Raps derart geschrumpft, dass dessen Verkauf für die Landwirte fast nicht mehr die anfallenden Kosten deckt. Was das Gesamtvolumen in puncto Raps anbelangt, so werden in diesem Jahr im Endeffekt zwischen 25.000 und 30.000 Tonnen gegenüber dem Vorjahr fehlen. Die Erträge bei der Saatgutvermehrung von Roggen und Hafer liegen laut Steve Turmes ebenfalls unter dem langjährigen Durchschnitt.
Was das heimische Brotgetreide und die Mehlproduktion für das Label „Produit du terroir – Lëtzebuerger Wees, Miel a Brout“ angeht, so arbeitete der Familienbetrieb „Moulins de Kleinbettingen“ auch dieses Jahr mit 250 lokalen Bauern zusammen, die im Schnitt 18.000 Tonnen Weizen, darunter 380 Tonnen Bioweizen (Tendenz steigend), für regional hergestelltes Mehl ernteten.
Zu erwähnen bleibt, dass die Nachfrage nach Braugerste den Nullpunkt erreicht hat. Der Grund hierfür sei auch in der Corona-Krise zu suchen, da dadurch viele große Feste ausfielen und deswegen die Bierproduktion stark rückläufig war und noch immer ist.
„Solidarität, ein wichtiger Faktor“
Landwirtschaftsminister Romain Schneider sprach auch von einem enttäuschenden Jahr 2020. Er zeigte sich nicht nur besorgt über die schlechte Getreideernte, sondern wies ebenfalls darauf hin, dass weniger Stroh, das zum Einstreu der Nutztiere gebraucht wird, erzeugt wurde und im Futteranbau (Grünland, Mais) ebenfalls erhebliche Verluste zu erwarten sind.
Andererseits habe die Corona-Krise das Interesse der Verbraucher an lokal produzierten Nahrungsmitteln geschärft und eine Solidaritätswelle mit einheimischen Produkten losgetreten, so Schneider weiter. Dies sei ein wichtiger Faktor für die luxemburgische Landwirtschaft, für die es zudem vital sei, sich den Herausforderungen des Klimawandels und den damit verbundenen Wetterextremen anzupassen.
Eine wichtige Rolle spiele künftig auch der Anbau neuer, trockenheitsresistenter Arten und Sorten, wie z.B. Hirse, Soja, Sonnenblumen, die heute schon teilweise auf den Versuchsfeldern der ASTA („Administration des services techniques de l’agriculture“) und der Ackerbauschule sowie des „Institut fir biologesch Landwirtschaft an Agrarkultur Lëtzebuerg“ getestet werden.
Der Minister erinnerte daran, dass der Abschluss einer Ernteausfallversicherung ein sehr verlässliches Instrument für Landwirte und Winzer sei, um die landwirtschaftlichen Kulturen gegen die Risiken extremer Wetterbedingungen abzusichern. Das Landwirtschaftsministerium unterstütze die Finanzierung einer solchen Versicherung.
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