„Quality of Work“-Index / Wohlbefinden am Arbeitsplatz: Seit zehn Jahren Abwärtstrend in Luxemburg
Seit zehn Jahren erhebt die Arbeitnehmerkammer Daten, um das Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu messen. Fazit: Ein Wiederaufschwung nach der Pandemie ist weiterhin nicht erkennbar.
„Nun sag’, wie hast du’s mit der Arbeit?“ Über die Gretchenfrage der Arbeitswelt gibt der alljährlich von der „Chambre des salariés“ (CSL) in Auftrag gegebene „Quality of Work“-Index (QoW) Aufschluss. Dieses Jahr ganz besonders im Fokus: die „Work-Life-Balance“ der Arbeitnehmer. „Es wird immer schwieriger, Privat- und Berufsleben miteinander zu vereinbaren“, sagt CSL-Präsidentin Nora Back bei der Vorstellung am Donnerstagmorgen. Dadurch, dass nicht nur Luxemburger Einwohner, sondern auch Grenzpendler befragt wurden, sei das Ergebnis durchaus repräsentativ für die Luxemburger Arbeitswelt. Nach zehn Veröffentlichungen ermögliche die QoW-Erhebung mittlerweile auch eine Nachverfolgung der Arbeitsbedingungen und -anforderungen über die vergangenen Jahre.
Das aktuellste Ergebnis zeigt: In den vergangenen zehn Jahren hat sich ein Abwärtstrend abgezeichnet. Hatten sich die Arbeitnehmer laut Umfrage 2022 von dem „Corona-Tief“ erholt, zeigte die Richtung 2023 wieder leicht nach unten – und bettet sich somit in einen längerfristigen Trend stetiger Verschlechterungen ein. Unterschiede gibt es je nach Funktion oder Position in den Unternehmen, Arbeitssektor, Alter, Familienstand und, angesichts der Verkehrssituation in Luxemburg wenig überraschend, Fahrtzeit zum Arbeitsplatz.
Was negative Faktoren betrifft, wurden die 2.732 Studienteilnehmer über die mentale Belastung, Zeitdruck, Mobbing, physische Belastung, Gesundheitsrisiken, emotionale Anforderungen und Schwierigkeiten, den Arbeitsplatz zu wechseln, befragt. „Beim Mobbing stagniert die Entwicklung“, berichtet David Büchel von der CSL. Die Indikatoren für physische Belastung, die Gesundheitsrisiken oder die Schwierigkeiten, den Arbeitsplatz zu wechseln, würden sich über Jahre hinweg zum Positiven entwickeln. „Die physische Belastung am Arbeitsplatz nimmt ab, weil sich das Arbeitsbild in Luxemburg zunehmend verändert“, sagt Büchel.
Bei den Indikatoren, die auf eine positive Entwicklung hindeuten, ist über die Jahre hinweg ein Abwärtstrend festzustellen. Lediglich in puncto Sicherheit am Arbeitsplatz zeigt die Kurve nach oben und ist seit 2021 mehr oder weniger konstant geblieben – abgesehen von Arbeitnehmern in Führungspositionen und in der Industrie sowie Fachkräften im Handwerk, die diesen Bereich negativer bewerten. Allgemein positiver angesehen werden Partizipation und Arbeitsautonomie im Job: Seit der Pandemie fühlen sich Arbeitnehmer vermehrt in die Arbeitsprozesse eingebunden.
Im Sog der Pandemie
Alles in allem aber pendelt sich der allgemeine „Quality of Work“ für das vergangene Jahr bei mittelmäßigen 54,6 von 100 möglichen Punkten ein. Arbeitnehmern in den Bereichen Informatik und Kommunikation (58) und Führungskräften (57,6) geht es überdurchschnittlich gut, während Maschinenführer und Montagearbeiter (46,8) sowie der Horeca-Bereich und Arbeitnehmer im Großhandel (50,4) am unteren Ende der Skala wiederzufinden sind.
Die Studie der CSL hat noch weitere interessante Resultate zutage gefördert. So ist in den vergangenen sechs Jahren die Anzahl derer, die aufgrund der Digitalisierung um ihren Arbeitsplatz fürchten, um fast das Doppelte von sieben auf 13 Prozent der Befragten gestiegen. Und: Seit der Corona-Pandemie ist der Anteil derer, die einem erhöhten Depressions-Risiko ausgesetzt sind, nicht mehr gesunken. Mit 13 Prozent liegt dieser Wert immerhin deutlich über dem von 2019 – dem letzten Jahr vor der Pandemie.
Faktor Zeit
Neben der jährlichen Befragung zum Empfinden der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz hat sich die CSL in Zusammenarbeit mit der Universität Luxemburg in diesem Jahr stärker dem Aspekt der „Work-Life-Balance“ zugewandt. Die Resultate sind aufschlussreich und für das vergangene Jahr auch durchaus überraschend: So haben die Befragten im Vergleich zu 2022 eine leichte Verbesserung in diesem Bereich angegeben. Etwas unverhofft sind für 2023 auch keine Differenzen mehr zwischen den Arbeitnehmern mit und ohne Kinder festgestellt worden. In den vergangenen Jahren wurden hier stets bedeutende Unterschiede notiert. Weniger Fragen wirft hingegen die Erkenntnis auf, dass Arbeitnehmer ohne Homeoffice-Möglichkeit mehr Probleme haben, Arbeit und Privatleben miteinander zu vereinbaren. Seit 2017 wird jedoch deutlich, dass diese Schwierigkeiten auch bei Personen, die die Möglichkeit haben, im Homeoffice zu arbeiten, stetig zunehmen.
Die Arbeitswege im und ins Großherzogtum werden zwar nicht unbedingt länger – die zunehmend überlastete Verkehrsinfrastruktur führt jedoch dazu, dass die für den Weg zur Arbeit und zurück verwendete Zeit weiter ansteigt. 44 Minuten verbringen Arbeitnehmer durchschnittlich hierfür. 2014 hatten noch 56 Prozent der Befragten den Weg zur Arbeit in weniger als einer halben Stunde zurückgelegt – 2023 schaffen nur noch 38 Prozent es in dieser Zeit. Das hat ebenfalls Auswirkungen auf die persönliche Zufriedenheit: Ab einer halben Stunde Arbeitsweg steigt die Anzahl der unzufriedenen Beschäftigten von unter zehn auf 39 Prozent an. Wenn mehr als 45 Minuten für diese Strecke benötigt werden, sind mehr als die Hälfte unzufrieden mit der Situation.
Die langen Arbeitswege und regelmäßig geleisteten Überstunden führen dann auch dazu, dass die wöchentliche Zeit, die im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung in die Arbeit investiert wird, weit über 40 Stunden pro Woche liegt. Rechnet man den Weg zur Arbeit und zurück mit ein, verbringen Luxemburgs Einwohner 48,8 Stunden pro Woche in Verbindung mit dem Job. Bei Grenzgängern sind es sogar 53,3 Stunden im Durchschnitt.
Bei den unregelmäßigen und atypischen Arbeitszeiten kommt es laut CSL-Erhebung auch öfters vor, dass die Pausen nicht respektiert werden (26 Prozent). Besonders schlecht schneiden der Gesundheits- und Sozialsektor und die Industrie (18 Prozent) ab. Ein Viertel der Beschäftigten mit unregelmäßigen Arbeitszeiten können ihre Ruhetage zwischen zwei Arbeitstagen nicht planmäßig einhalten – bei jenen mit regulären Bürozeiten liegt dieser Anteil lediglich bei zehn Prozent.
„Die Umfrage“, resümiert CSL-Präsidentin Nora Back, „zeigt, dass Arbeitnehmer eine Arbeitszeitverkürzung brauchen.“ Das seien Diskussionen, die in nächster Zeit wieder aufkommen und geführt werden müssten. Und: „Durch die von der Regierung gewollte unilaterale Flexibilisierung der Arbeitszeiten riskieren die Arbeitnehmer weitere Verschlechterungen.“ Oder, anders ausgedrückt: Da arbeit’ ich nun, ich armer Tor, Und bin so arm als wie zuvor!
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Die Mimosen von heute, wenn man einen „Arbeitskollegen“ auf seine Fehler hinweist, ist es gleich Mobbing und deren „Work-Live_Balance“ ist gestört, dass er vieleicht einfach nur inkompetent ist und mal Rat oder Kritik annehmen sollte und sich verbessern sollte ist für die meisten ein Novum! Die Studie zeigt viele klare Baustellen, vorallem beim Zeitaufwand des Arbeitswegs, welche vollkommen den Zeitaufwand mancher Betriebe ausser acht lässt, die danach noch den Weg zum Kunden beschreiten müssen. Wie nun allerdings eine Arbeitszeitverkürzung die Lösung des Problems sein soll ist mir ein Rätsel…. (Bsp. da sehr aktuell der Bausektor, dann können die Arbeiter bei Ankunft auf dem Bau bereits Feierabend machen, das wird dem Gewerbe sicherlich helfen, oder im Pflegesektor, dort wo es eh bereits zu wenig Personal gibt, werden mehr Leute benötigt um die Sichten, dann nicht mehr 3 sondern 4, zu bewältigen, unser Sozailsystem und die CNS freuen sich bereits). Von einer Arbeitszeitverkürzung profitieren nur die Sektoren, die eh am wenigsten Probleme mit der Work-Life-Balance haben.