Editorial / Que raio, porca miseria und merde alors: Wo bleibt die Solidarität im Kampf gegen Rechtsextreme?
Frankreich bereitet sich auf die nervenaufreibendsten Wahlen der jüngeren Vergangenheit vor. Den Rechtsextremen von Le Pen, Bardella, Zemmour und Co. stellt sich mit dem „Nouveau front populaire“ eine linke Front entgegen. Auch in Luxemburg, das nicht nur wirtschaftlich von den bisher guten Beziehungen mit dem Nachbarland profitierte, regt sich Widerstand gegen rechts – jedoch nur in Teilen.
Es scheint, als würden die Luxemburger Parteien nach den Europawahlen entweder noch ihre Erfolge feiern oder ihre Wunden lecken. Zumindest scheint es niemanden in der Luxemburger Polit-Sphäre zu kümmern, dass in Frankreich ein für die nächste Zukunft entscheidendes Duell naht. Ein entscheidendes Duell mit direkten Konsequenzen – nicht nur für Frankreich selbst, sondern auch für unsere Mitbürger, Mitarbeiter, Freunde, Familie, Bekannten. Möglicherweise aber auch für die Europäische Union, so wie wir sie kennen.
Ob Premierminister Luc Frieden seine Aussage, dass die Auflösung des französischen Parlaments eine „impressionante“ Entscheidung sei, heute noch mal so treffen würde, kann niemand außer er selbst beantworten. Mittlerweile hat sich nämlich herausgestellt, dass Emmanuel Macrons innenpolitischer Poker nicht aufgegangen ist. Der republikanische Block der Mitte blieb Fiktion. Während sich die französischen Sozialisten und Grünen nach links orientieren, flirten „Les Républicains“ mit Rechtsaußen. Die Macronisten sind isoliert und dürften nur mit einer Handvoll Abgeordneten im nächsten Parlament vertreten sein.
Das hat aber nicht nur Auswirkungen auf die unmittelbaren Gestaltungsmöglichkeiten des kommenden Präsidenten-Premierminister-Duos. In bester David-Cameron-Manier hat Emmanuel Macron auch die europäische Zukunft seines Landes und nicht zuletzt die der gesamten Europäischen Union, wie wir sie kennen, aufs Spiel gesetzt.
Gewinnt der „Rassemblement national“ (RN), könnte es schon bald „adieu“ heißen– zumindest dann, wenn die Rechtsextremen mit ihren Wahlversprechen in puncto Migration Ernst machen wollen. Nicht nur müsste sich Frankreich dann aus der europäischen Menschenrechtskonvention zurückziehen, auch soll die französische Rechtsnorm nach Vorstellung des RN wieder Vorrang vor der europäischen erlangen. Was technisch klingt, heißt grundsätzlich nichts anderes, als dass ein Gründungsmitglied der Europäischen Union deren Grundprinzipien offen infrage stellt. Was die Folgen davon sind, kann man beispielsweise am Brexit festmachen – der das Problem der Migration in England übrigens immer noch nicht gelöst hat. Nicht umsonst fantasieren die Tories gerade davon, Migranten nach Ruanda abzuschieben. Aber Le Pen und Bardella werden es schon richten, n’est-ce pas?
All das und mehr steht in den kommenden Wochen auf dem Spiel – und in Luxemburg scheinen sich weder Zivilgesellschaft noch Politik auch nur im Geringsten dafür zu interessieren. Menschen aus marginalisierten Gesellschaftsgruppen geben an, Angst vor dem zu haben, was kommt. Dem Luxemburger ist das egal, solange ihm jemand morgens ein Croissant über die Theke reicht. Aber wehe, der Verkäufer macht das mit einem „s’il vous plaît“ anstelle eines „wannechgelift“. Es wäre an der Zeit, dass sich auch Luxemburg im Kampf gegen den Rechtsextremismus solidarisiert – ganz egal, ob mit einem lauten „putain“, „porca miseria“, „Scheiße“, „fuck“, „Que raio!“ oder dem hierzulande gängigen „merde alors“. Denn der Kampf gegen Rechtsextremismus sollte nicht nur ein Anliegen der Linken sein – sondern grundsätzlicher gesellschaftlicher Konsens der politischen Mitte.
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