Qualität hat ihren Preis / Reaktion auf die Kritik des Syvicol am nationalen Rettungsplan
Nein, die Kritik des Syvicol an der Umsetzung des nationalen Rettungsplans sei nicht berechtigt. Zu teuer und zu personalintensiv, so konnte man die Einwände des Gemeindesyndikates diese Woche verstehen. Innenministerin Taina Bofferding und Paul Schroeder, Generaldirektor der nationalen Rettungskräfte (CGDIS), lassen das nicht gelten. Sie verweisen darauf, dass die Ziele der zivilen Sicherheit und die damit verbundenen (Mehr-)Kosten seit langem bekannt seien. Mit dem Syvicol wolle man sich nun zusammensetzen und offene Fragen klären.
Taina Bofferding ist überrascht. Überrascht über die Kritik, die das Syvicol diese Woche an der geplanten Umsetzung des nationalen Rettungsplans (PNOS) geübt hat.
Zu teuer, zu personalintensiv kann man die Einwände des Gemeindesyndikates grob zusammenfassen. In der Hauptsache wird beanstandet, dass die Gemeinden rund 10 Prozent tiefer in die Tasche greifen müssen. Dabei handelt es sich um Mehrkosten, die entstehen, hauptsächlich durch Rekrutierung, damit das CGDIS („Corps grand-ducal d’incendie et de secours“) den Ansprüchen des neuen nationalen Rettungsplans gerecht werden kann.
Was aber genau hat die LSAP-Innenministerin so überrascht und warum? Nun, zum einen sei es die Form, sagt sie. Das Syvicol äußere Kritik, ohne ein klärendes Gespräch mit dem Innenministerium gesucht zu haben: „Wenn es so viele Fragen gibt, hätte das Syndikat sich zu jeder Zeit an uns wenden können, es gibt bei uns im Haus dafür sogar eine spezielle Anlaufstelle. Da hätten wir uns zusammensetzen und diskutieren können, so wie wir das eigentlich üblicherweise tun“, so Taina Bofferding, die dem Gemeindesyndikat nun aber anbieten möchte, das Versäumte nachzuholen.
Scheinbar war alles klar
Überrascht ist die Innenministerin allerdings auch über den Inhalt der Kritik. „Die richten sich gegen Wege und Ziele, die bereits 2018 bei Gründung des CGDIS klar waren, nun scheinbar von verschiedenen aber wieder infrage gestellt werden.“ Es sei ja das vorrangige Ziel des nationalen Rettungsplans, sich mit dem CGDIS so aufzustellen, dass man flächendeckend mit Feuerwehr und Rettungskräften helfen könne. Und zwar innerhalb von 15 Minuten an jedem Ort im Land.
Zur Erklärung: „78 Prozent der Einsätze können wir heute bereits innerhalb von 15 Minuten abdecken, ganz besonders in Ballungszentren. Unser Ziel ist es, das auf 90 bis 95 Prozent zu steigern“, sagt CGDIS-Generaldirektor Paul Schroeder. Anders ausgedrückt, könnte man sagen, dass heute bei mehr als 95 Prozent der Fälle Rettung innerhalb von 20 Minuten vor Ort eintrifft. Über die Maßnahmen, die im nationalen Rettungsplan vorgesehen sind, sollen fünf Minuten gewonnen werden. „Das kann in vielen Fällen über Leben und Tod entscheiden“, so Paul Schroeder und Taina Bofferding.
Allerdings: „Dieses Plus an Leistung ist nicht zum Nulltarif zu bekommen“, sagt die Ministerin. Dies sei auch 2018 bei der Abstimmung im Parlament über die Gründung des CGDIS bekannt gewesen. Das betreffende Gesetz ist damals übrigens einstimmig angenommen worden.
Anspruchsvolle Ziele
Taina Bofferding und Paul Schroeder betonen beide, dass klar war und ist, dass man den CGDIS mit Leuten und Infrastruktur ausstatten muss, wenn man die anspruchsvollen Ziele erreichen möchte. Haben die Abgeordneten und Gemeindevertreter das dann vielleicht missverstanden? „Ich glaube nicht, dass man damals hätte missverstehen können, dass man rekrutieren muss, wenn man ein nationales Rettungscorps und einen nationalen Rettungsplan schaffen möchte“, sagt Taina Bofferding.
Was 2018 allerdings gänzlich in den Diskussionen fehlte und gar nicht berücksichtigt werden konnte, war die Pandemie. Vor allem die sich daraus ergebenden Einbußen bei den staatlichen Zuwendungen an die Gemeinden. Genau darauf zielt die Kritik des Syvicol, wenn es hinsichtlich der Umsetzung des Rettungsplanes heißt, dass in einer ohnehin schwierigen Lage nicht nur weniger Geld in die kommunalen Kassen fließe, sondern nun auch noch mehr ausgegeben werden solle.
Dieser Situation ist sich auch die Ministerin bewusst: „In der Tat geht die Krise nicht unbemerkt an den Gemeinden vorbei, sie spüren diesen finanziellen Impakt und natürlich muss man ihre finanzielle Situation im Auge behalten, da verstehe ich die Gemeinden auch, dass sie sich Sorgen machen.“
Aber, so Taina Bofferding: „Wir reden hier vom Rettungswesen und nicht davon, dass wir der Feuerwehr Löschwagen aus Gold kaufen wollen. Wir reden davon, dass wir den Menschen in Notfallsituationen adäquat, schneller und besser helfen möchten. Es geht um die zivile Sicherheit unserer Bevölkerung. Auch in schwierigen Zeiten muss man da Prioritäten setzen.“
Es bleibt abzuwarten, was sich aus dem klärenden Gespräch zwischen Innenministerium und Syvicol ergibt. Taina Bofferding und Paul Schroeder betonen allerdings, dass jede Aufschiebung von Investitionen die Zielsetzungen des nationalen Rettungsplans infrage stellt und hinauszögert.
Jährlich 2,6 Millionen Euro
Wissen sollte man in dem Kontext, dass die Beteiligung der 102 Gemeinden des Landes am CGDIS jährlich rund 26 Millionen Euro beträgt. Je nach Leseart ist das ein Viertel oder ein Fünftel des Gesamtbudgets der Rettungskräfte, das alles in allem bei 133 Millionen liegt und aus verschiedenen Quellen gespeist wird.
Nun sollen die Kommunen während fünf Jahren jährlich durchschnittlich 10 Prozent mehr einzahlen (also rund 2,6 Millionen Euro), sagt Paul Schroeder. Ursache dafür sei die Rekrutierungspolitik des CGDIS. Bei den Rettungskräften und in der Verwaltung.
Auch an dem Punkt setzt die Kritik des Syvicol an. Ob und warum man denn eigentlich noch viel mehr hauptberufliche Rettungskräfte bräuchte oder ob man sie nicht durch freiwillige ersetzen können, hieß es. Man müsse sich vor Augen führen, warum die Reform damals beschlossen wurde, erklärt Paul Schroeder: „Die Reform ist gemacht worden, weil die Anzahl und die Verfügbarkeit der Freiwilligen zurückgegangen sind. Das war die Ausgangsposition bei der Gründung des CGDIS.“
Das würde nicht bedeuten, sagt Schroeder, dass man sich nicht um Freiwillige bemühe. So seien vergangenes Jahr 500 Frauen und Männer rekrutiert worden. „Und das während der Pandemie und ohne spezifische Werbekampagne.“ Das löse das Problem aber nicht, betont Schroeder. Das Problem sei die Verfügbarkeit der Rettungsdienste. Die Anwesenheit in der Kaserne, um schnell ausrücken und schnell am Ort des Unglücks sein zu können. Allein mit Freiwilligen, die in anderen Berufen arbeiten, sei das nicht zu stemmen, so der Generaldirektor des CGDIS: „Das ist keine Option, weil wir ja auch gesagt haben, dass wir die Hauptberuflichen gerne einstellen, um die Freiwilligen zu entlasten.“ In Luxemburg gibt es aktuell 4.000 Feuerwehrleute, davon 560 Hauptberufliche.
Kein neuer Wasserkopf
Eine andere Kritik des Syvivol richtet sich an die Verwaltung der großherzoglichen Rettungskräfte. Die würde Gefahr laufen, ein weiterer administrativer Wasserkopf zu werden.
Dass die Zahl der in der Verwaltung Beschäftigten seit 2018 von175 auf 169 gesunken sei, bedeutet nicht, dass nicht wieder rekrutiert werden muss. Allerdings gibt es gesetzlich geregelte Entwicklungspläne, die verhindern sollen, dass die Personaleffektive aus dem Ruder laufen. Zum Beispiel, dass nur 20 Prozent der Stellen für mittlere und höhere Laufbahnen vorgesehen sind. „Dieser klare Verteilungsschlüssel soll gerade verhindern, dass wir einen Wasserkopf schaffen. Wir müssen aber rekrutieren. Wir brauchen auch neue Profile, also Leute mit einer an die heutigen Anforderungen angepassten Ausbildung. Experten für außergewöhnlichere Situationen, für neue Herausforderungen“, so die Ministerin. Zudem müsse in den Gemeinden die Prävention aufgebaut oder verbessert werden, für Hausbau oder Ansiedlung von Industrien zum Beispiel. Stichwort: Brandschutz!
Bofferding weist auch darauf hin, dass die finanzielle Last zur Finanzierung des CGDIS unterschiedlich verteilt sei. Die Bevölkerungszahl werde berücksichtigt, genau wie die finanzielle Situation der jeweiligen Gemeinde. „Wenn also eine Gemeinde weniger finanzielle Mittel hat, braucht sie auch weniger zur Finanzierung des CGDIS beizutragen.“ In Zukunft werde das zudem an die Entwicklung der staatlichen Zuwendungen gekoppelt. All das solle zeigen, dass vorgesorgt wurde, eben um zu verhindern, dass Gemeinden in größere finanzielle Schwierigkeiten kommen.
Erstaunlich ist, dass die Kritik diese Woche am CGDIS und am nationalen Rettungsplan auch vom Bürgermeister von Mersch gekommen ist. Michel Malherbe ist Mitglied im Vorstand des Syvicol. Er sitzt aber auch im Verwaltungsrat des CGDIS. Eigentlich müsste deshalb gerade er besser informiert sein, als seine Äußerungen im Rundfunk dies vermuten lassen. Paul Schroeder will die Aussagen von Michel Malherbe nicht kommentieren. Nachvollziehen kann er sie offensichtlich nicht, teilen tut er sie auf keinen Fall. Taina Bofferding auch nicht.
Meinung der Gemeinden gefragt
Wie auch immer. Neben dem Syvicol als Dachverband der Gemeinden kann aber auch jede einzelne Kommune ihr Gutachten zum nationalen Rettungsplan (PNOS) abgeben. Jene, die bereits eingereicht wurden, würden nicht unbedingt die diese Woche vom Syvicol geäußerte Meinung widerspiegeln, so die Innenministerin.
Der PNOS wurde vom Innenministerium zusammen mit dem CGDIS ausgearbeitet. Ausgehend vom Istzustand wurden Perspektiven aufgezeichnet sowie die Mittel, die man die nächsten Jahre braucht, um den Ansprüchen gerecht zu werden. In diesen Prozess waren die Gemeinden bisher nicht eingebunden. Anfang März wurde ihnen der Rettungsplan zugeschickt. Bis Juli haben sie Zeit, um darauf zu reagieren oder um Erklärungen zu fordern.
Bevor im Parlament dann über der Rettungsplan abgestimmt wird, kann er also noch angepasst werden. Klar müsse bei allen Überlegungen aber immer bleiben, dass mehr Sicherheit und mehr Solidarität nicht für lau zu haben sind, so die Innenministerin und der Generaldirektor des CGDIS abschließend.
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