/ Rebellion gegen den Einheitslook – Pärchen eröffnet Rockabilly-Shop in Düdelingen
Bei Petzi und Stéphane dreht sich alles um Rockabilly. Kleidung und Frisur im Stil der 50er-Jahre sind für das Paar genauso wichtig wie die richtige Einstellung dazu. Seit kurzem gibt es in der Avenue Grande-Duchesse Charlotte Nummer 15 in Düdelingen zumindest schon mal die passenden Outfits dazu: Am kommenden Donnerstag ist die offizielle Eröffnung ihres Rockabilly-Shops.
Sie in weitem Rock mit Blumenmuster, kunstvoll hochgesteckter Frisur, Blume im Haar, sorgfältig geschminkt mit knallroten Lippen. Er ganz in Schwarz, mit Pompadour – über der Stirn hoch nach oben gekämmtes Haar – und langen Koteletten: Petzi und Stéphane sind die „Memphis Rebels“. Sie haben sich dem Rockabilly-Lebensstil verschrieben. Wie alle Anhänger dieser Bewegung legen die beiden großen Wert auf ihr Aussehen. Diesen Look tragen sie nicht nur im Laden, sondern auch im tagtäglichen Leben. Beim Gang durch Düdelingens Straßen ziehen sie alle Blicke auf sich.
Die beiden wurden bereits von klein auf vom Rock’n’Roll beeinflusst. Danach gefragt, was Rockabilly für ihn bedeutet, beschreibt Stéphane dieses Bild mit dem großen amerikanischen Wagen, gefahren von Teenagern, die in einer Gruppe unterwegs sind. So ähnlich wie beim Film Grease mit John Travolta.
Petzi kommen dabei auch Autos in den Sinn: „Mein Vater hatte immer amerikanische Autos.“ Für sie kommen europäische einfach nicht an diejenigen aus Übersee heran. Die passende Musik gehört natürlich auch dazu. „Meine Eltern haben immer Rock’n’Roll gehört“, erinnert sich Stéphane. Wenn er auf Konzerten solche Musik hört, dann spürt er etwas, bekommt Gänsehaut.
„Das Gefühl, anders zu sein“
Für die beiden stellt es einfach ein Lebensgefühl dar. „Es ist das Gefühl, anders zu sein. Ich möchte nicht aussehen wie alle anderen“, erzählt Petzi. Auch wenn sich ihre Tochter manchmal über ihre Outfits aufregt.
Stéphane sieht das ähnlich: „Heutzutage gehen viele Menschen in dieselben großen Modeketten einkaufen, das finde ich nicht schön.“ Petzi ergänzt: „In einem Monat laufen einem 50 Menschen über den Weg, die das Gleiche anhaben.“
Kleider im Stil der 50er-Jahre, Petticoats und bunte Schuhe fallen in der Öffentlichkeit natürlich auf, doch Petzi genießt diese Aufmerksamkeit: „Dann weiß ich, dass es den Leuten gefällt.“ Doch sie legt Wert darauf, dass der Look auch richtig umgesetzt wird. „Viele wollen Rock’n’Roll sein, doch es passt nicht. Bei mir ist es ja auch nicht von heute auf morgen so gekommen.“
Was gehört denn zu einem Rockabilly-Outfit unbedingt dazu? „Tattoos“, antwortet die 47-Jährige. „Und die Kleidung gehört natürlich auch dazu.“
Qualität muss stimmen
Ihre Kleidung, genauso wie die, die im Laden angeboten wird, wird aus England geliefert. Das sei zwar dann etwas teurer, so Stéphane, doch die Qualität sei einfach besser.
Bevor sie diesen Laden eröffnet haben, waren sie seit 2016 in einem silbernen Airstream-Wohnwagen auf Veranstaltungen unterwegs, wo sie ihre Kleidung und Accessoires angeboten haben. Vieles davon in großen Größen. Sie wollte hauptsächlich Ware für molligere Frauen anbieten, doch die Nachfrage nach kleineren Größen sei gewachsen.
„Kunden haben immer öfters gefragt, ob wir denn auch einen Laden haben, in dem sie ihre Sachen in Ruhe anprobieren könnten“, erzählt Petzi. Ihre Kundschaft besteht nicht nur aus eingefleischten Rockabilly-Anhänger. Vor Kurzem hat eine rund 75-jährige Frau einen Mantel bei den „Memphis Rebels“ gekauft. Dies sei immer ein Vergnügen. Schließlich hat die Dame die Zeit hautnah miterlebt. Viele wollten auch etwas Besonderes für eine Hochzeit oder Geburtstagsfeier kaufen. Mittlerweile hängt auch Kinderkleidung im Laden.
Kommt denn genug Kundschaft in das doch besondere Geschäft? Aller Anfang sei schwer, gibt Petzi zu. Der Freundeskreis der beiden ist genauso von Lederjacken und Petticoats begeistert wie sie selbst. Zusammen bilden sie eine kleine Clique, denn die Rockabilly-Szene ist nicht groß. Untereinander kennen sich alle. Deswegen zieht es sie regelmäßig zu Veranstaltungen ins Ausland, etwa ins französische Béthune bei Lille. „Während drei Tagen kommen dort 80.000 Menschen zusammen, vom kleinen Jungen bis hin zur Großmutter, die alle in diesem Stil gekleidet sind“, erzählt Stéphane mit seiner ruhigen, überlegten Art, die sich von seinem extravaganten Äußeren unterscheidet.
Zu wenige Rockabilly-Begeisterte in Luxemburg
Auch in Luxemburg werden mittlerweile Events veranstaltet: in Petingen, Stadtbredimus und Grevenmacher. Doch es gibt zu wenige Rockabilly-Begeisterte hierzulande, um sich nur miteinander zu treffen. Auch Bars oder Cafés in diesem Stil, die als Treffpunkt dienen könnten, gibt es nicht wirklich.
Oft kommt es zu Überschneidungen zwischen der Rockabilly- und der Metal- oder der Biker-Szene. Bei Veranstaltungen der beiden Letztgenannten treten auch oft Rockabilly-Bands auf.
Und dort fühlen sich Petzi und Stéphane besonders wohl: bei Events wie jenem in Petingen, wenn sie gemeinsam mit anderen Menschen zurück in die USA der 50er-Jahre reisen können.
Rockabilly, ein Lebensgefühl
Rockabilly ist ein Musikstil, der zu den Elvis-Presley-Zeiten in den 50er Jahren entstanden ist. Musikalisch handelt es sich eine Verbindung von Rhythm and Blues und Hillbillymusic.
Nach und nach entwickelte sich daraus ein ganzer Stil, der neben der Musik auch in Bereiche Mode und Film überschwappte.
Heute gibt es auf der ganzen Welt Rockabilly-Anhänger, die diese Lebensart verinnerlicht haben, auch in Luxemburg.
Dazu gehören Petticoats unter den weiten Röcken in bunten Farben oder auch der Pompadour, ein an den Seiten sehr kurzer Männerhaarschnitt in Kombination mit langem Deckhaar.
Der Rock’n’Roll wird zu einem Symbol der damaligen Teenager gegen Eltern und gesellschaftlichen Konventionen. Bis heute sind RockabillyMode, Pin-up, Filme, Musik und Tanz eng miteinander verbunden.
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