Südosteuropa / Rechts- und Oppositionsparteien im Südosten im Aufwind
BELGRAD. Auch im Südosten des Kontinents wurde der Lockruf der Urnen nur bedingt erhört: Die gleichzeitige Ansetzung der Europawahl mit den Parlamentswahlen (Bulgarien), Kommunalwahlen (Rumänien und Ungarn) oder mit Volksabstimmungen (Slowenien) sollte auch dazu dienen, die traditionell sehr niedrige Beteiligung in Südosteuropa zu verbessern – mit unterschiedlichem Erfolg.
Im wahlermatteten Bulgarien wurde die Europawahl von einer erneuten Parlamentswahl überschattet – der sechsten in den letzten drei Jahren. Die ersten, am Sonntagabend veröffentlichten Exitpolls sahen bei beiden Urnengängen die rechte Gerb-Partei von Ex-Premier Bojko Borrisow mit 27,1 Prozent klar vorn: Wie bisher könnten damit der Gerb damit vermutlich sechs von Bulgariens 17 Europamandate zufallen. Als zweitstärkste Kraft im Balkanstaat hat sich das liberale Antikorruptionsbündnis PP-DB trotz Einbußen mit 14,8 Prozent behauptet.
Die türkische Minderheits- und Oligarchenpartei DPS kam auf 14,4 Prozent: In Sofia wird vermutet, dass die DPS künftig mit der Gerb ins Regierungsboot steigen könnte. Es folgen die Ultranationalisten der russophilen „Wiedergeburt“, die laut Exitpolls ihren Stimmenanteil seit der letzten Europawahl 2019 von 1,0 auf 13,3 Prozent steigern konnten. Der Niedergang der prorussischen Sozialisten (BSP) setzte sich fort: Mit 9,4 Prozent (2019: 24,3 Prozent) ist die Zahl ihrer Europaabgeordneten von fünf auf vermutlich zwei geschrumpft.
„Eine der schlechtesten Wahlbeteiligungen in der kroatischen Geschichte“
In Kroatien zeichnete sich am Sonntag ein noch schwächerer Wählerzuspruch als 2019 ab, als nur 29,86 Prozent ihr Wahlrecht nutzten: Das Webportal „index.hr“ sprach von „einer der schlechtesten Wahlbeteiligungen in der kroatischen Geschichte“.
Die konservative Regierungspartei HDZ hat laut den ersten, am Sonntag veröffentlichten Nachwahlbefragungen mit 33,74 Prozent der Stimmen gegenüber der Parlamentswahl im April zwar leicht verloren, gegenüber der Europawahl 2019 (22,72 Prozent) aber kräftig zulegt: Statt wie bisher vier könnten der HDZ nun sechs der zwölf kroatischen Mandate zufallen. Nur leichte Verluste gegenüber der April-Wahl hat mit 8,67 Prozent der prognostizierten Stimmen auch der rechtsnationalistische Koalitionspartner DP, der damit auf ein Mandat kam. Die oppositionellen Sozialdemokraten (SDP) kommen laut den Exitpolls auf vier Mandate und 27,8 Prozent der Stimmen (2019: 18,71 Prozent). Ein Mandat errang in den Reihen der Opposition noch die grünalternative „Mozemo“ (5,84 Prozent).
Eine höhere Wahlbeteiligung als 2019 wurde in Slowenien registriert, wo am Sonntag auch noch drei Volksbefragungen u.a. zu der Legalisierung des Marihuana-Konsums und der Sterbehilfe stiegen. Oppositionschef Janez Jansa (SDS) hatte die Europawahl vorab zu einer Abrechnung mit der linksliberalen Regierung von Premier Robert Golob stilisiert. Laut den letzten Umfragen vor der Wahl könnte sich der Stimmanteil von Golobs „Freiheitsbewegung“ (GS) mit 15,5 bis 19,5 Prozent der Stimmen seit der Parlamentswahl 2022 nahezu halbiert haben.
Die SDS dürfte mit prognostizierten 20 bis 25 Prozent (2019: 26,2 Prozent) die Europawahlen erneut gewonnen, ihre bisherige Position aber nicht verbessert haben: Wie bisher könnten ihr auch künftig drei der insgesamt neun slowenischen Mandate zufallen. Auf jeweils ein Mandat können die sozialdemokratischen SD, die christdemokratische NSi sowie die neue Linkspartei „Vesna“ hoffen.
Rekordwahlbeteiligung in Ungarn
Die erste Wahl nach dem Attentat auf den slowakischen Premier Robert Fico (Smer) Mitte Mai hat offenbar überraschend die liberale Oppositionspartei PS gewonnen. Laut inoffiziellen, von den heimischen Medien veröffentlichten Ergebnissen des bereits am Samstag abgehaltenen Urnengangs liegt die PS mit 27.8 Prozent und sechs der 15 slowakischen Sitze vor Ficos populistischer Smer (24,8 Pozent/5 Sitze) und der rechtsextremen Republika (12,5 Prozent / 2 Sitze)
Eine Rekordwahlbeteiligung an den Europawahlen zeichnete sich am Sonntag in Ungarn ab. Nicht nur die gleichzeitig anberaumte Wahl des Stadtrats, der Bezirksbürgermeister und des Oberbürgermeisters in der Hauptstadt Budapest sorgten für den starken Drang an die Urnen.
Während die rechtspopulistische Fidesz-Partei des russophilen Premiers Viktor Orban die Europawahl im Stimmenstreit zur Schicksalswahl über Krieg und Frieden deklarierte, sorgte im Oppositionslager ein konservativer Politnovize und früherer Fidesz-Mitläufer für ungekannten Wahlkampfwirbel. Exitpolls werden in Ungarn traditionell nicht veröffentlicht: Die letzten Umfragen vor den Wahlen sagten der Tisza-Partei der neuen Oppositionshoffnung Peter Magyar auf Anhieb 25 bis 29 Prozent der Stimmen voraus.
- Was läuft am Wochenende? - 28. November 2024.
- EU-Parlament gibt grünes Licht für von der Leyens Kommission - 27. November 2024.
- Eine Person lebensgefährlich verletzt – Experten ermitteln, Straße bleibt noch gesperrt - 27. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos