Belgien / Rechtsruck in Brüssel: Ein flämischer Nationalist soll die neue Regierung bilden
Nach der Parlamentswahl in Belgien zeichnet sich in Brüssel ein Machtwechsel ab – und ein Rechtsruck. König Philippe hat den flämischen Nationalisten Bart De Wever damit beauftragt, die Sondierungen für eine spätere Regierungsbildung zu leiten. De Wever gilt auch als Favorit auf den Posten des Premierministers.
Der bisherige Amtsinhaber, der flämische Liberale Alexander De Croo, hat am Montag seinen Rücktritt erklärt. Seine Partei Open VLD hatte in Flandern nur noch 8,3 Prozent der Stimmen gewonnen. Demgegenüber kam De Wevers Neu-flämische Allianz (N-VA) auf 23,9. Der rechtsextreme „Vlaams Belang“ kam bei der Regionalwahl in Flandern mit 22,7 Prozent auf Platz zwei.
Die Regierungsbildung in Belgien gilt als schwierig, da es unterschiedliche Parteien in allen drei Regionen (Flandern, Wallonie und Brüssel) gibt, die noch dazu unterschiedlich gewählt haben. So lagen in der Wallonie und in Brüssel nicht die Nationalisten, sondern die Liberalen vorn. Sozialisten und Grüne haben verloren.
De Wever solle „die Parteien identifizieren, die schnell eine stabile Koalition auf Bundesebene bilden wollen“, erklärte der Königspalast. Die Betonung liegt auf „schnell“. Denn anders als in früheren Koalitionsverhandlungen, die oft länger als ein Jahr dauerten, zeichnen sich diesmal schon jetzt mögliche Bündnisse ab.
So hat De Wever, der auch Bürgermeister von Antwerpen ist, bereits mit der Regierungsbildung in Flandern begonnen. Auch in der französischsprachigen Wallonie sind die Sondierungen bereits weit fortgeschritten. Dort haben sich die Chefs des liberalen „Mouvement réformateur“ (MR), Georges-Louis Bouchez, und der christsozialen „Engagés“ um Maxime Prévot auf eine Allianz verständigt.
Auf Bundesebene könnten N-VA, MR und die Engagés zusammenarbeiten, außerdem die eher rechten flämischen Sozialdemokraten von Vooruit. Dies liefe auf eine rechtsliberale Regierung mit flämisch-nationalistischer Färbung hinaus. Allerdings hat sich De Wever gemäßigt.
Leere Kassen, teure Versprechen
Jahrelang kämpfte der N-VA-Chef für eine Aufspaltung des belgischen Königreichs. Nun will er sich nur noch für eine Staatsreform und zusätzliche Kompetenzen für Flandern einsetzen. Vom separatistischen „Vlaams Belang“ hat er sich hingegen öffentlich abgesetzt. Damit scheint die Gefahr eines Rechtsbündnisses in Flandern gebannt.
Aber es gibt noch weitere Hürden. Die größte ist wohl, dass die Kassen leer sind – Belgien muss sparen. Im Herbst wird zudem mit Ermahnungen von der EU-Kommission gerechnet. Denn dann greifen die neuen EU-Schuldenregeln – sie zwingen Belgien zu harten Einschnitten. Im Wahlkampf haben jedoch fast alle Parteien teure Versprechen gemacht.
Zu Verzögerungen könnten auch die Kommunalwahlen führen, die am 13. Oktober angesetzt sind. Vor diesem Termin dürfte sich wohl kein Parteichef weit aus dem Fenster lehnen. Bis eine neue Regierung gebildet ist, will der scheidende Premier De Croo geschäftsführend im Amt bleiben. Damit ist auch der belgische EU-Vorsitz gesichert, der noch bis Ende Juni weiterläuft.
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