Luxemburg / Reform des Rechnungshofes: Gesetzesvorschlag wird nach zehn Jahren wiederbelebt
Wenn in Luxemburg über eine verstaubte Reform geredet wird, ist meist die Verfassung das Thema. Nun aber wird ein weiterer Gesetzestext von der Kontrollkommission zur Haushaltsführung in der Chamber aus der Schublade hervorgekramt: Die Kompetenzen des Luxemburger Rechnungshofes sollen erweitert werden.
Es war die Inspiration aus dem Ausland, die 2006 die bis heute andauernde Reformsaga auslöste. Der französische Rechnungshof hatte damals seinen Kontrollbericht zur französischen Zentralbank veröffentlicht. Keine schlechte Idee, dachten sich die Luxemburger Abgeordneten im Chamberausschuss zur Kontrolle der Haushaltsführung und beauftragten den Luxemburger Rechnungshof damit, die Luxemburger Zentralbank (BCL) unter die Lupe zu nehmen. Doch 16 Jahre nach dem Reformanstoß ist die Chamber immer noch nicht viel weiter.
Der Luxemburger Rechnungshof
Der Rechnungshof prüft die Rechnungsführung der Organe, Verwaltungen und Dienststellen des Staates. Des Weiteren ist der Rechnungshof berechtigt, andere öffentliche Einrichtungen zu prüfen, soweit diese nicht einer anderen gesetzlich vorgeschriebenen Finanzkontrolle unterliegen. Ferner kann der Rechnungshof die Verwendung öffentlicher Mittel prüfen, die privaten oder öffentlichen Einrichtungen für einen bestimmten Zweck gewährt wurden. (Quelle: www.cour-des-comptes.lu)
Denn die Luxemburger Zentralbank verweigert diesen Wunsch und erklärt in einem Brief, dass das Gesetz eine Kontrolle der Luxemburger Zentralbank durch den Rechnungshof nicht vorsehe. „Nach dem auf die Zentralbank anwendbaren Recht scheint es ihr nicht erlaubt zu sein, zur Erstellung des Sonderberichts, wie vom Rechnungshof gewünscht, beizutragen“, wird das Antwortschreiben der Zentralbank in der Begründung des Gesetzesvorschlags von 2012 zitiert, der von der damaligen DP-Abgeordneten Anne Brasseur eingebracht wurde. Der Gesetzesvorschlag sollte die Kompetenzen des Rechnungshofes erweitern, damit dieser wie von der Chamber gewünscht eine Kontrolle der BCL durchführen kann.
Einstimmigkeit im Parlament
„Der Gesetzesvorschlag wurde damals von allen Fraktionen im Parlament gutgeheißen“, sagt die heutige Kommissionspräsidentin und CSV-Abgeordnete Diane Adehm auf Nachfrage des Tageblatt. Auch die Piraten hätten in rezenten Diskussionen ihre Zustimmung gegeben. Warum der Gesetzesvorschlag denn nie zur Abstimmung ins Plenum kam? „Es kamen die Wahlen – und danach ist das Vorhaben in der Versenkung verschwunden.“ Tatsächlich hat der Staatsrat sein Gutachten zum Gesetzesvorschlag erst 2016 publiziert. Daraufhin wurde am 19. September 2016 entschieden, für Anfang 2017 einen Repräsentanten der Luxemburger Zentralbank und gegebenenfalls den Präsidenten des Rechnungshofes in die Chamberkommission einzuladen.
Gaston Reinesch, Präsident der Zentralbank, folgte der Einladung im März 2017 und sprach sich in der Chamberkommission auch nicht grundsätzlich gegen eine Kontrolle durch den Luxemburger Rechungshof aus – beharrte aber darauf, dass diese nach genauen Regeln ablaufen solle. Zudem sei die Luxemburger Zentralbank keine öffentliche Einrichtung, wie sie im Gesetzesvorhaben der Chamber bezeichnet werde. Demnach wäre laut Reinesch eine Überarbeitung des Organisationsgesetzes der Zentralbank besser geeignet, um eine Überprüfung durch den Luxemburger Rechnungshof festzuschreiben, zudem müsste auch die Europäische Zentralbank um ein Gutachten gebeten werden. Nach dem Treffen aber verlief das Projekt im Sand.
Neues Moment
Bis 2019 dauerte es schließlich, bis die Diskussionen in der Chamberkommission neu entfacht wurden. Ein Schreiben des Rechnungshofs an die Parlamentskommission, in dem sich die Luxemburger Prüfer erneut für den von Anne Brasseur eingebrachten Gesetzesentwurf aussprachen, belebte die Diskussion wieder. Das Schreiben des Rechnungshofs ist dabei nicht auf taube Ohren gestoßen. Die Chamberkommission beauftragte die „Cour des comptes“ mit einer vergleichenden Studie über die Kompetenzen der Rechnungsprüfer in anderen europäischen Ländern. Demnach wurde ein kleiner Fragenkatalog, bestehend aus drei Fragen, an den europäischen, französischen, belgischen, niederländischen, deutschen und österreichischen Rechnungshof geschickt:
- Est-ce que votre institution est habilitée de par la loi à contrôler les personnes morales de droit public visées ci-dessus?
- Quelle est l’étendue de ce contrôle?
- De quelle sorte de contrôle s’agit-il?
„Die Antworten, die der Rechnungshof erhalten hat, variieren teilweise sehr stark“, sagt Diane Adehm nach der Kommissionssitzung am Montag, bei der die Ergbenisse der vergleichenden Studie präsentiert wurden. „Die Fragen wurden mehr oder weniger ausführlich beantwortet.“ Die Antworten würden jedoch noch der Geheimhaltung unterliegen, da noch nicht jede Institution ihr Einverständnis zur Publikation gegeben habe. Auch bestehe derzeit keine Intention, die Luxemburger Zentralbank noch einmal nach ihrem Standpunkt zu befragen. „Das ist für uns vom Tisch, ‚kale Kaffi’“, meint Diane Adehm. „Wir haben nicht die Absicht, noch einmal Kontakt aufzunehmen.“ Eine Anfrage des Tageblatt an die Luxemburger Zentralbank, wie diese zu den bevorstehenden Änderungen stehe, blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
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