/ Regierungskrise in Belgien – Sophie Wilmès soll es richten
Seit Ende 2018 hat Belgien nur noch eine geschäftsführende Regierung, ein Minister nach dem anderen verlässt das sinkende Schiff. Nun hat eine Frau das Ruder übernommen: Die liberale Politikerin Sophie Wilmès wurde von König Philippe zur Premierministerin ernannt. Sie ersetzt Charles Michel, der sich auf sein neues Amt als Präsident des Europäischen Rates vorbereiten will.
Von unserem Korrespondenten Eric Bonse
Dass Wilmès in „la 16“, also den Amtssitz des Premierministers in der Brüsseler Rue de la Loi 16, einziehen würde, war keine Überraschung. Seit Wochen haben es die Spatzen von den Dächern gepfiffen, dass die frankophone 44-jährige, Mutter von vier Kindern, gute Chancen haben würde, Michel abzulösen. Schließlich hat sich Wilmès bereits als Haushaltsministerin einen Namen gemacht.
Die Ernennung war dann aber doch ein großes Ereignis für Belgien. Denn es ist das erste Mal, dass eine Frau die Regierung leitet. Belgien steht damit auf dem 16. Platz der 28 EU-Länder – in Großbritannien, Frankreich oder Deutschland haben Frauen schon viel früher die Macht übernommen. Die belgischen Medien feierten Wilmès Beförderung denn auch als historisches Ereignis.
Belgien droht „Shutdown“
Viel Zeit zum Feiern hat die neue Premierministerin allerdings nicht. Sie muss den Budgetentwurf für 2020 nachbessern, nachdem die EU-Kommission vor einem überbordenden Defizit gewarnt hatte. Belgien droht sogar ein „Shutdown“. Denn im föderalen Parlament ist der Nothaushalt geplatzt; die wechselnden Mehrheiten können sich nicht auf die Finanzierung des öffentlichen Dienstes einigen.
Wilmès muss nun den Mangel verwalten und die Krise des Landes kaschieren. Die geschäftsführende Regierung steht mit dem Rücken zur Wand, seit bei den Wahlen im Mai die Karten neu gemischt wurden. Flandern ist noch mehr nach rechts gerutscht, Wallonien weiter nach links, und die Regierungsbildung auf föderaler Ebene kommt nicht voran. Wilmès soll es nun richten – bis ein neuer Premier kommt, der wieder über eine Mehrheit im Parlament verfügt.
Politisches Vakuum
„Das ist alles andere als ein toller Job“, kommentiert die Tageszeitung „Le Soir“. Die Premierministerin müsse das politische Vakuum überbrücken, in dem Belgien steckt. Doch das scheint Wilmès nicht zu schrecken. Sie versprach, „alles in ihrer Macht Stehende“ zu tun, „um Stabilität und Kontinuität“ zu gewährleisten. Vizepremier Koen Geens sicherte ihr Unterstützung zu. „Frau Wilmès ist eine starke Politikerin“, sagte er. „Sie kann auf uns zählen.“
Tatsächlich hat die Frau, die im schicken Brüsseler Stadtteil Ixelles geboren wurde, eine beeindruckende Karriere hinter sich. Sie hat angewandte Kommunikation, Werbung und Marketing an der IHECS in Brüssel studiert. Nach ihrem Studium arbeitete sie zunächst bei der Europäischen Kommission, danach wechselte sie in eine Anwaltskanzlei und übernahm diverse öffentliche Ämter.
Ein Ministeramt bekleidet Wilmès aber erst seit vier Jahren. Dass sie so schnell zur Premierministerin aufsteigen würde – und noch dazu in einer so schwierigen Zeit – hätte sie sich wohl selbst nicht träumen lassen.
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