EU-Parlament / Rekordergebnis: Roberta Metsola wie erwartet als EP-Präsidentin bestätigt
Wie erwartet hat das Europäische Parlament (EP) am Dienstag bei seiner konstituierenden Sitzung die maltesische EVP-Abgeordnete Roberta Metsola in ihrem Amt als EP-Präsidentin bestätigt. Mit sehr viel mehr Spannung wird allerdings am Donnerstag die Abstimmung über eine zweite Amtszeit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erwartet.
Es hatte etwas von der Atmosphäre eines ersten Schultages, als am Dienstagvormittag die EU-Parlamentarier im großen Plenarsaal in Straßburg für ihre konstituierende Sitzung zusammenkamen. Die EP-Präsidentin Roberta Metsola brauchte mehrere Anläufe bevor sie die volle Aufmerksamkeit der rund 700 anwesenden EP-Abgeordneten hatte und sie vorübergehend den Vorsitz an die zweite Vizepräsidentin des scheidenden Parlamentes, Pina Picierno, übergeben konnte, die bis nach der Wahl der EP-Präsidentin die Sitzung leitete.
Mit einem „Rekordergebnis“ von 562 Stimmen wurde Roberta Metsola in ihrem Amt bestätigt. Bis in die Reihen der Linken-Fraktion wurde das Resultat mit Standing Ovations quittiert, während die Abgeordneten am rechten Rand ebenso so sitzen blieben, wie sie es ebenso demonstrativ beim vorherigen Abspielen der Europa-Hymne „Ode an die Freude“ zum Sitzungsbeginn taten. Chancenlos blieb Metsolas Herausforderin, die spanische Linken-Abgeordnete Irene Montero, die lediglich 61 Stimmen erhielt und bei ihrer Bewerbungsrede unter anderem versprach, sich für ein „feministisches und anti-rassistisches Europa“ sowie den Kampf gegen Korruption und für mehr Transparenz einsetzen zu wollen.
Roberta Metsola will sich für ein „starkes Parlament, ein starkes Europa“ einsetzen, wie sie nach ihrer Wahl erklärte. „Wir müssen für das Initiativrecht kämpfen“, betonte die neu gewählte EP-Präsidentin. Denn der europäischen Volksvertretung steht, anders als den nationalen Parlamenten in den Mitgliedstaaten, noch nicht das Recht zu, eigene Gesetzesinitiativen auf den Weg zu bringen. Einzig die EU-Kommission hat dieses Recht. Roberta Metsola meinte jedoch, dass die anderen Institutionen, die EU-Kommission sowie der Rat (also die EU-Staaten), auf diese Forderung reagieren müssten. Zudem will die EP-Präsidentin die Kontroll- und Ermittlungsfunktionen des EU-Parlaments stärken.
Keine Vizeposten für drittstärkste Fraktion
Dass angesichts ihres guten Ergebnisses auch Abgeordnete aus den rechtspopulistischen Reihen für sie gewählt hätten, tat die Malteserin mit der Bemerkung ab, dass es eine geheime Wahl gewesen sei und sie daher nicht wissen könne, wer für sie gestimmt habe. Sie wolle auf jeden Fall „Brücken bauen und Allianzen schaffen“, versprach sie. Die luxemburgische Grünen-Abgeordnete Tilly Metz gratulierte Roberta Metsola und erklärte, die Grünen stünden für eine „konstruktive Zusammenarbeit“ bereit. „Wir schauen jetzt nach vorne, um zu sehen, wie wir Transparenz, Rechenschaftspflicht, Arbeitsbedingungen von Mitarbeitenden und demokratische Beteiligung in diesem Haus weiter verbessern können“, so Tilly Metz in einer Mitteilung.
Zur Wahl der Vizepräsidenten des EP reichten lediglich zwei Wahlgänge, um die 14 vorgesehenen Posten zu besetzen. Im ersten Wahlgang wurden auf Anhieb elf Kandidatinnen und Kandidaten gewählt, die den Fraktionen der Europäischen Volkspartei (EVP), der Sozialdemokraten (S&D), der liberalen Renew sowie den Grünen angehören. Im zweiten Wahlgang wurden zwei Vertreter der Fraktion Europa der Konservativen und Reformer (EKR), in der die italienischen Postfaschisten der Fratelli d’Italia tonangebend sind, gewählt. Zudem erhielt ein Abgeordneter der Linken die Zustimmung des Plenums. Leer ging die neue, vom französischen Rassemblement national geführte drittstärkste Fraktion im EP Patrioten für Europa aus, ebenso wie die rechtsextreme Fraktion Europa der souveränen Nationen (ESN).
Ein bedeutendes Amt für den S&D-Spitzenkandidaten
Am Mittwoch steht unter anderem die Wahl von fünf Quästoren an. Sie sind mit Finanz- und Verwaltungsaufgaben beauftragt, die die EP-Abgeordneten direkt betreffen, und gehören dem Präsidium des EP an. Zur Wahl stellt sich unter anderem auch der luxemburgische S&D-Abgeordnete Marc Angel, nachdem er jüngst darauf verzichtet hatte, sich noch einmal für den Posten eines EP-Vizepräsidenten zu bewerben. Die bisherige luxemburgische Quästorin Isabel Wiseler-Lima wurde von ihrer EVP-Fraktion nicht mehr für eine Wiederwahl vorgesehen. Das erlaube es ihr, nun mehr Zeit in die politische Arbeit zu investieren, sagte die EVP-Abgeordnete.
Die weitaus spannendere Wahl wird jedoch erst am Donnerstag stattfinden, wenn die EP-Abgeordneten über die nominierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen abstimmen werden. Marc Angel meinte auf Nachfrage, dass es „nicht so schlecht“ für die derzeitige Amtsinhaberin aussehen würde. Von der Leyen dürfte vor allem auf eine Mehrheit der Stimmen ihrer EVP, der Sozialdemokraten sowie der Liberalen bauen können. Möglicherweise ist selbst die Fraktion der Grünen mit an Bord. Die S&D-Fraktion wartet allerdings noch die Antwort auf ein Schreiben an die Kommissionschefin ab, in der diese noch Stellung zu Themen wie Soziales, Finanzen und EU-Eigenmittel sowie der Beibehaltung des vor allem bei Konservativen (EVP, EKR) umstrittenen „Green Deal“ beziehen soll. In dem Schreiben wird allerdings auch ein bedeutendes Amt für den Spitzenkandidaten der europäischen Sozialdemokraten bei den Europawahlen in der künftigen EU-Kommission verlangt, ohne diese jedoch beim Namen zu nennen, so Marc Angel weiter. Zwar kann Ursula von der Leyen keinem Mitgliedstaat vorgeben, wer als Vertreter für die EU-Kommission nominiert werden soll. Doch steht die Forderung nach einer Amtsverlängerung des derzeitigen luxemburgischen EU-Kommissars Nicolas Schmit seit der Europawahl im Raum.
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