Nachhaltigkeit / Repair Café Mëllerdall: „Ich werfe Dinge nicht gerne weg“
Gegenstände reparieren, anstatt diese schon wegen eines kleinen Defektes wegzuwerfen – das ist die Idee sogenannter Repair Cafés, die seit 2014 auch in Luxemburg organisiert werden. Zum ersten Mal fand am Wochenende nun eine solche Veranstaltung in Consdorf statt. Der Besuch vor Ort zeigt: Wer mit seinen kaputten Sachen hinkommt, wird nicht enttäuscht.
Mit einem schwarzen Föhn in der Hand betritt Annick Feipel am Samstagnachmittag kurz nach 14 Uhr das Mehrzweckzentrum „Kuerzwénkel“ in Consdorf. Hinter sich her zieht die 38-Jährige einen gelben Hochdruckreiniger auf Rädern. „Ein Jahr steht der schon rum, weil ich in der Pandemie darauf gewartet habe, dass endlich wieder ein Repair Café ist“, erklärt Annick Feipel lachend. Denn Haartrockner sowie Hochdruckreiniger funktionieren nicht mehr so richtig. Bei dem ersten Repair Café Mëllerdall in Consdorf sollen die Geräte nun repariert werden.
Seit 2013 gibt es sogenannte Repair Cafés in Luxemburg. Die Idee davon: In lockerer Atmosphäre versuchen Freiwillige die mitgebrachten Gegenstände der Besucher zu reparieren – kostenlos. Da so nicht unbedingt gleich etwas Neues gekauft werden muss, werden Geldbeutel und Umwelt geschont. Die Idee kommt aus den Niederlanden. Mittlerweile werden Repair Cafés unter anderem in Deutschland, Indien und eben auch im Großherzogtum organisiert.
Freiwillige Helfer
„Der Föhn ist mir aus der Hand gefallen, dabei hat sich ein Teil gelöst. Der funktioniert zwar noch, macht aber ein seltsames Geräusch. Alleine traue ich mich da nicht ran“, erzählt Annick Feipel dem Hobbytüftler Oli Kerchen, der sein mitgebrachtes Werkzeug auf drei aneinander gerückten Tischen ausgebreitet hat. Der 34-Jährige aus der Gemeinde Manternach arbeitet als selbstständiger Fotograf, hat zuvor aber in einem Computerladen technische Geräte repariert. „Vielleicht kann man das kleben oder mit Kabelbinder befestigen“, überlegt Oli Kerchen, während er mit gekonnten Handgriffen die Schrauben im Gehäuse des Haartrockners löst.
Er ist einer von rund zehn handwerklich begabten Freiwilligen, die sich an dem Tag um die kostenlosen Reparaturarbeiten kümmern. Geduldig zeigt er der Besitzerin des Föhns, woran es hakt. „Man kommt nicht her, gibt Kaputtes ab und geht dann wieder, um das Reparierte später wieder abzuholen. Vielmehr kann man es als Hilfe zur Selbsthilfe sehen“, erklärt Julian Heinze, der sich als Projektmitarbeiter beim „Natur- und Geopark Mëllerdall“ mit der Hilfe des Vereins „Repair Café Lëtzebuerg“ und des „Centre for Ecological Learning Luxembourg (CELL)“ um die Organisation der Veranstaltung in Consdorf gekümmert hat.
Die Besucher sollen die mitgebrachten Computer, Haushaltsgeräte oder sogar Fahrräder soweit wie möglich selbst wieder instand setzen. Die Experten helfen dabei und können so ihr Wissen zur Reparatur von Gegenständen weitervermitteln. Ein Repair Café soll nämlich immer auch ein Ort des Austausches sein. Dazu gibt es Kaffee und Kuchen – von motivierten Helfern gebacken. Wer handwerklich eher weniger begabt ist, kann sich auch mit Backen bei einem Repair Café einbringen. Oder, wie Julian Heinze erzählt: „Einige Freiwillige helfen auch beim Rahmenprogramm oder bei Organisatorischem.“
Notwendiges Material
Nicht weit von ihm entfernt steht Charlotte Kieffer aus Consdorf. Über einen Zettel in ihrem Briefkasten wurde sie auf das Repair Café Mëllerdall aufmerksam und ist mit zwei tragbaren Radios sowie einem weißen Bettbezug vorbeigekommen. „Für zwei Kopfkissen habe ich überall nach Überzügen gesucht – aber vom Maß her keine passenden gefunden. Auch nicht im Internet. Die Decke wird nun auseinandergeschnitten, um daraus zwei Kissenbezüge zu machen“, erklärt die 69-Jährige. Sie freut sich darüber, dass die Kissen nun weiter genutzt werden und auch der Bettbezug ein zweites Leben bekommt.
Dazu schneidet Karin Antierens die Bettdecke in zwei Teile und nimmt mit Stecknadeln die Maße. Dabei erzählt die 54-Jährige aus Echternach: „Dahinten steht meine Nähmaschine, damit werde ich daraus dann Bezüge nähen.“ Karin Antierens arbeitet im Bereich der Buchhaltung, trifft sich seit fünf Jahren allerdings einmal pro Woche mit einer Freundin, um gemeinsam zu nähen. Sie ist zum ersten Mal bei einem Repair Café dabei. „Einerseits aus ökologischen Gründen, anderseits aber auch, um Luxemburgisch zu lernen“, erklärt die Hobbyschneiderin lächelnd auf Französisch. Immer wieder wechselt sie aber auch ins Luxemburgische.
„Ich werfe Dinge nicht gerne weg, es gibt ohnehin schon soviel Verschwendung“, stellt dann noch Charlotte Kieffer fest. Deshalb ist sie zur Veranstaltung ins Mehrzweckzentrum gekommen, und: „Ich kann zwar nähen, besitze aber selbst keine Nähmaschine.“ Dann geht sie zu einem anderen Tüftler, der an einem alten Radio die Antenne abgeschraubt hat, um diese nun an einem zweiten, von Charlotte Kieffer mitgebrachten Rundfunkgerät zu befestigen.
Zufriedene Besucher
Aus einer anderen Ecke des Raums kommt einem die zufrieden wirkende Annick Feipel mit ihrem Haartrockner in der Hand entgegen. Dem Reparateur Oli Kerchen ist es nach etwa 15 Minuten gelungen, das lose Teil im Inneren des Föhns mit zwei Drähten zu befestigen. „Mit Kleber hat das nicht geklappt, der schmilzt ja bei der Hitze. So dürfte alles halten – bis der Haartrockner das nächste Mal runterfällt“, erklärt der freiwillige Helfer lachend. Annick Feipel freut sich darüber, das Gerät, das immerhin schon zehn Jahre auf dem Buckel hat, weiter nutzen zu können: „Solange der Föhn funktioniert. Man muss ja nicht immer alles neu kaufen.“
Das nächste Repair Café im Großherzogtum findet übrigens am 12. März von 9 bis 13 Uhr auf dem lokalen Markt in Schüttringen statt. Mehr Informationen dazu und zu kommenden Daten gibt es auf der Webseite repaircafe.lu, per E-Mail an repaircafe@cell.lu und unter der Telefonnummer 621 746 671. Auf diesen Wegen können sich auch Menschen melden, die in ihrer Freizeit bei einem Repair Café helfen wollen. Auch in Consdorf soll die Veranstaltung künftig wiederholt werden.
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