„Cloud Factory“ / Restaurant ohne Gastraum: Wie man in der Krise ein erfolgreiches Unternehmen gründet
Ein Restaurant zu eröffnen, wenn es verboten ist, Gäste zu empfangen, klingt erst mal unsinnig. Doch was, wenn das gesamte Geschäftskonzept an die Corona-Krise angepasst ist? Vier Unternehmer haben im Dezember eine Pizzeria aufgemacht, die ohne Sitzplätze oder Bedienung auskommt. Die „Cloud Factory“ funktioniert nur mit Lieferung oder Takeaway.
Wie gründet man in der Corona-Krise ein erfolgreiches Unternehmen? Diese Frage haben sich die vier Inhaber der „Cloud Factory“ am Anfang der Pandemie gestellt. Ihre Pizzeria funktioniert seit Dezember in Neudorf ohne Sitzplätze – das Essen wird geliefert oder abgeholt. Oder auf Neudeutsch: eine „Ghost Kitchen“. Dabei entstand das Konzept nicht aus dem Willen heraus, neapolitanische Pizzen zu verkaufen. Der Anfang lag viel mehr in der Pandemie selbst. „Louis Arnoux und ich haben uns gefragt, welche Ideen man in dieser Zeit umsetzen kann“, erinnert sich Tom Zigrand, Mitbegründer der „Cloud Factory“, im Gespräch mit dem Tageblatt. „Takeaway und Lieferungen haben sich relativ schnell herauskristallisiert.“ Danach seien die anderen zwei Mitgründer – Francesco Micillo und Maurice Delcourt – hinzugestoßen.
Komplett unerfahren in der Gastronomie sind sie allerdings nicht. Zigrand hat 2018 den italienischen Feinkost-E-Shop eataliano.lu mitbegründet und Micillo gibt schon länger Workshops zum Pizzabacken. Momentan handelt es sich bei dem Projekt allerdings nur um eine Nebenbeschäftigung. „Es wäre unrealistisch zu glauben, dass wir so schnell davon leben könnten“, sagt Zigrand. Er arbeitet bei dem Finanzunternehmen Clearstream. Arnoux ist bei einem der Big Four angestellt, Delcourt ist Geschäftsführer einer Marketingagentur und Micillo Systemingenieur. „Unsere Liebe zu Zahlen, Statistiken und Genauigkeit hat auch zum Erfolg des Projektes beigetragen“, meint Zigrand.
Ein weiterer Vorteil mehrerer Gründungsmitglieder sei auch, dass es einfacher sei, das nötige Kapital zu besorgen. „Die ‚Cloud Factory‘ gehört uns allen zu gleichen Teilen – dadurch konnten wir die finanziellen Lasten auf vier Personen aufteilen“, sagt Zigrand. Um die Investitionskosten zu senken, habe jeder beim Aufbau der Firma mit Hand angelegt. „Wir haben unsere Webseite in Eigenregie gemacht und auch an der Theke selbst gewerkelt“, so Zigrand weiter. Auf die Corona-Finanzhilfen der Regierung könne das Unternehmen allerdings nicht zurückgreifen – dafür ist die Firma noch zu jung. Die laufenden Kosten seien bei einer „Ghost Kitchen“ sowieso kleiner als bei einem normalen Restaurant: Ohne Esstische braucht die Pizzeria weniger Mietfläche und keine Bedienung.
In der Pandemie Erfolg haben
Bevor man ein neues Unternehmen startet, ist es wichtig zu analysieren, wie die Branche funktioniert und wo Platz für Verbesserungen ist. Deswegen habe die „Cloud Factory“ sich auf die Qualität der Pizza – nach der Lieferung – konzentriert. Um eine knusprigere Pizza zu liefern, seien zwei Punkte bei der „Cloud Factory“ anders als bei der Konkurrenz: Erstens sei die Hydration des Teiges – also wie viel Wasser drin ist – auf die lange Fahrt angepasst. Zweites der Pizzakarton: „Der hat eine PET-Schicht, die gegen Hitzeverlust hilft, und mehrere Löcher, die Feuchtigkeit entweichen lassen“, sagt Zigrand. Das Unternehmen empfehle den Kunden außerdem, die Pizza zu Hause noch zwei Minuten in den Ofen zu stellen.
„Uns war von Anfang an klar, dass wir ein hochwertiges Produkt brauchen – wir wollten eine Pizza kreieren, die wie aus einer guten Pizzeria oder sogar besser schmeckt“, meint Zigrand. Die Menükarte zeigt sich mit zwölf Pizzen vergleichsweise minimalistisch. Außer Getränke bietet die „Cloud Factory“ sonst nichts an. „Wir haben uns für weniger Produkte, dafür aber eine bessere Qualität und speziellere Angebote entschieden“, so der Mitgründer. Doch auch hinter dieser Entscheidung steckt eine finanzielle Optimierung: Eine kleinere Auswahl an Gerichten verlange weniger verschiedene Lebensmittel, wodurch die Lagerung einfacher werde.
„Um trotzdem für Abwechslung zu sorgen, verändern wir regelmäßig das Menü“, sagt Zigrand. Auch hier spiele das Konzept der „Ghost Kitchen“ eine wichtige Rolle: Die Karte existiert nur digital und müsse dadurch nicht immer neu gedruckt werden.
Optimieren, wo möglich
Bei der Lieferung haben die vier sich auf eine typische Business-Strategie verlassen: Outsourcing. „Wenn man versucht, zu viel gleichzeitig zu machen, dann macht man nachher nichts gut“, so Tom Zigrand. Deswegen laufen die Lieferungen der „Cloud Factory“ über die Online-Bestellplattform „Goosty“. Um das Marketing würden sie sich allerdings selbst kümmern. Es sei wichtig, dass die Kunden nicht einfach auf diesen Plattformen nach Pizzen suchen und dann durch Zufall über die „Cloud Factory“ stolpern. Die Menschen müssten schon vorher abgeholt werden. „Wir wollen die Kunden sofort ansprechen und überzeugen – die Plattform ist dann nur da, um die Bestellung abzugeben – das wird unter anderem durch eine aktive Social-Media-Präsenz erreicht“, sagt der Unternehmer. In dieser Hinsicht sei die Expertise von Maurice Delcourt wichtig, der geschäftsführender Gesellschafter der Marketingagenturen Yuzer Group und Super8 ist. „In Luxemburg spielt allerdings auch die Mundpropaganda eine essenzielle Rolle“, so Zigrand weiter.
Bei der Frage des Standortes mussten die vier Gründer nicht lange überlegen: Luxemburg-Stadt biete sich für so ein Business an, weil in der Hauptstadt die meisten Menschen leben. „Außerdem ist das Liefernetzwerk hier schon etabliert, wodurch das Risiko, dass die Menschen die Lieferplattformen nicht kennen, wesentlich kleiner war“, meint Zigrand. Sich Essen liefern zu lassen, sei in Luxemburg im Vergleich mit dem Ausland vor der Pandemie noch nicht sonderlich beliebt gewesen.
Weitsicht
Das Konzept soll auch nach der Krise noch funktionieren. Die „Cloud Factory“ wolle sich als die Adresse für Pizza zu Hause etablieren. „Wenn man nicht zu Hause essen will, dann geht man ins Restaurant, aber für die Pizza im Eigenheim wollen wir zur Referenz werden“, schaut Zigrand in die Zukunft. Davon sei das Unternehmen allerdings noch weit entfernt. Die Frage stehe also im Raum, was passiere, sobald die Restaurants wieder ihre Türen öffnen. „Dann müssen wir die Situation neu analysieren, aber wir hoffen, dass die Menschen uns bis zu diesem Zeitpunkt kennen und dann bei uns bestellen“, sagt der Mitgründer.
Beim Ausbau des Konzeptes gebe es noch viele Möglichkeiten: ein zweiter Standort oder ein anderes Gericht. So könne man zum Beispiel das gleiche Konzept mit Burgern umsetzen – dann aber wahrscheinlich unter einem anderen Namen. „Wir wollen hier nicht aufhören, denn es ist definitiv geplant, dass wir noch weiter ausbauen – aber alles zu seiner Zeit“, meint Zigrand. Rein theoretisch würde auch eine zweite „Ghost Kitchen“ im Süden infrage kommen. „Das ist wegen der Uni und der relativ hohen Bevölkerung der nächste logische Standort“, sagt Zigrand. Zuerst müssten die Lieferdienste allerdings dort präsenter sein.
Das sei allerdings noch in ferner Zukunft. Als Nächstes soll die „Cloud Factory“ erst einmal mittags öffnen – dafür fehle es allerdings noch an Personal.
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E Restaurant opmachen an dann direkt Hëllefen ufroen vir ze profiteieren…
Duerno mecht en faillite.
@Jimbo, den Artikel schreift dach, dat sie keng Hellefen ugefrot hunn…
Firwaat ëmmer direkt esou negativ denken…? All Respekt fir dës gudd iwerluëchten Initiativ! Besser esou wéi ëmmer nëmmen ze meckeren…
All daat Bescht fir déi jonk an dynamesch Équipe!!!