/ „Revue 2019“ will zum politischen Denken motivieren, liefert aber Gags zum Wegdösen
Im Kapuzinertheater feierte die „Revue 2019“ am 4. April ihre Premiere. Das Kabarett entpuppt sich als ein Fortschritt im Vergleich zur Vorstellung des letzten Jahres, wo es vermehrt schlechte Kritik hagelte. Und doch bleibt noch Platz für Verbesserung.
Von Cynthia Schmit
Die Lichter werden gedimmt und die Gespräche verstummen. Das Publikum richtet gespannte Blicke auf den Vorhang, der sich langsam schließt. Eine Vorwarnung auf die noch folgenden Bühnen-Umgestaltungen, die hinter dem Schleier arrangiert werden.
Aus einer Seitentür tritt eine Reporterin hervor, im Schlepptau der Kameramann, welcher brav alle Winkel einfängt. Sie spricht zum Publikum und verkündet mit Stolz, dass nach der Schwulen-Ehe nun auch die „Mariage à trois“ erlaubt sei. Eine clevere Überleitung auf die Thematik der „Gambia“-Koalition, deren Protagonisten sich vor Erzbischof Jean-Claude Hollerich (Marc Camy) das Ja-Wort geben.
Xavier Bettel (Ricardo Vieira), Etienne Schneider (David Bettinelli) und François Bausch (Gérard Heinen) handeln nach dem Motto „An d’Regierung, egal wéi“. Mit dieser Szene gelingt der Auftakt in eine Achterbahnfahrt der Informationen, dargestellt durch überzeugende Schauspieler, die für ein gutes Ambiente sorgen.
Das Ensemble versucht mit seiner satirischen Herangehensweise an die Politik, den Zuschauer zum Lachen zu bringen. Unter der Regie von Nico Lessyn wühlen die Darsteller auch alte Gags auf, die nicht so richtig zünden. Ebensowenig Resonanz erzeugen so manche Pointen, bei denen das Publikum erst verwirrt der Stille lauscht, um dann zu realisieren, dass es an der Zeit ist, zu klatschen.
Funke springt kaum über
Die Hauptthemen der Aufführung sind die Wahlen von 2018 sowie die fortbestehende Flüchtlingskrise. Immer wieder wird Xavier Bettel als aufgedrehter, cholerischer und kamerageiler Politiker dargestellt. Mit breitem Grinsen drängt er sich bei jeder Gelegenheit direkt vor die Kamera. Mit seinem pointierten Spiel gelingt es Ricardo Vieira oftmals, den Zuschauern ein Lachen zu entlocken. Und auch im Bereich Gesang hat er etwas zu bieten und lockert die Stimmung mit einer Musical-Einlage auf.
Nicht nur Politiker werden aufs Korn genommen, nein, auch der normale luxemburgische Bürger bekommt sein Fett weg. So wird in einer Szene die in unserer Gesellschaft verbreitete Abneigung gegenüber verschleierten (muslimischen) Frauen verdeutlicht, doch einer Nonne wird bereitwillig die Hand geschüttelt, obwohl auch sie verschleiert ist. Der Widerspruch in den Gedankengängen und Handlungen der Menschen wird in einem humorvollen Sketch verpackt. Das Publikum lässt sich mit den Anspielungen berieseln, wird aber auch zum Mitdenken ermutigt und soll sich Gedanken über das ja doch ernste Thema machen. Der Prozess, den Zuschauer mithilfe von simplen Witzen zum Denken zu animieren, funktioniert erstaunlich gut.
Die Aufführung setzt sich aus den verschiedensten satirischen Szenen zusammen. Ein paar davon hätte man sich jedoch getrost sparen können. So dreht sich beispielsweise eine ganze Szene ums Kiffen, und wie in anderen Sequenzen auch wurde der Sketch hier derart in die Länge gezogen, dass man als Zuschauer leicht den Faden verlor und am Ende die Pointe nicht mehr verstand. Wenig Reaktion auch vom Publikum, als beispielsweise ein Betrunkener mit einer Statue einen Monolog hält, um schließlich doch wieder zu gehen, ohne eine schlüssige Aussage hinterlassen zu haben.
Selbst die kurzen Videos, die zur Überbrückung der Umbaupausen dienen sollen, führen kaum zu Aufheiterung. Es stellt sich die Frage, ob diese Lückenfüller in solch einer Länge nötig sind, wenn es nur einen Tisch und zwei Stühle auf die Bühne zu tragen gilt.
Das Bühnenbild entsteht meist aus ein paar wenigen Gegenständen, ganz im Stil des Minimalismus. Oft bilden nur eine Bank, ein kleiner Baum im Blumentopf oder Tische und Stühle die Kulisse zum jeweiligen Stück. Auch die Kostüme sind simpel gehalten, farblich aber so abgestimmt, dass man leicht erkennen kann, wer wen darstellen soll – am plastischsten gelingt dies in den Politiker-Szenen. Die restlichen Kleidungsstücke sind einfach: Mantel oder weite Hosen.
Das in einem Sketch stets wiederholte „Merde alors“ beginnt irgendwann repetitiv zu klingen und verliert so sichtlich an Wirkung. Auch der Versuch, jugendlichen Humor einzustreuen, scheitert. Es ist schlichtweg nicht die richtige Zielgruppe und somit haben nur die wenigsten auf die Gags reagiert – wenn überhaupt.
Neben kleinen Lachern hat das Programm gewiss Potenzial. Beim musikalischen Abschluss – Revue-Stil oblige – mit der Darbietung „Hannert de Kulissen hei am Land“ fragt man sich allerdings auch, wie es wohl hinter den Kulissen der Revue zuging. Bleibt zu hoffen, dass sich das Programm noch weiter verbessert und wir uns auf eine noch ausgereiftere Revue 2020 freuen können.
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