Porträt / Romain Schneider: „Ein Mensch mit viel Empathie“
Nach einer langen politischen Karriere hat der Minister für Soziale Sicherheit und Landwirtschaft Romain Schneider (LSAP) angekündigt, zu Beginn des kommenden Jahres die Regierung zu verlassen. Beobachter sehen in ihm jemanden, auf den sich seine Partei immer verlassen konnte. Parteikollegen schätzen ihn als eine herzliche Person mit viel Empathie.
Als Romain Schneider 2009 zum ersten Mal Minister wurde, war Jean-Claude Juncker noch Premier. Die CSV war in Regierungsverantwortung und Lady Gaga dominierte die Charts. Schneider wurde Landwirtschaftsminister, Sportminister und beigeordneter Minister für Solidarwirtschaft.
Nachdem Juncker 2013 den Großherzog bat, die Regierung aufzulösen, und aus den darauffolgenden Wahlen eine Koalition aus LSAP, DP und Grünen hervorging, war auch Schneider wieder mit dabei. Er wurde Minister für soziale Sicherheit, Entwicklungszusammenarbeit und Sport. Als die Dreierkoalition bei den Wahlen 2018 wieder den Sieg davontrug, wurde Schneider erneut Minister für Landwirtschaft und soziale Sicherheit.
Seit vielen Jahren ist Schneider eine feste Größe in der Luxemburger Politik. Ein Mann, der kaum mediale Aufmerksamkeit auf sich zieht, dafür aber „valeur sûre“ seiner Partei ist. So wird Schneider von Politbeobachtern beschrieben. Sein Politikstil ist unaufgeregt und findet nicht im Rampenlicht statt. Er verkündete nicht, dass Luxemburg nun Space Mining betreibt oder dass Cannabis legalisiert werden soll. Romain Schneider ist der andere Schneider, der ruhige Schneider.
Ruhepol und Liebling im Norden
Bei den Wählern ist Schneider immer gut angekommen. In Umfragen erreichte der frühere Wilzer Bürgermeister stets sehr hohe Zustimmungsraten im Bezirk Norden. Der Politbarometer von 2015 attestierte ihm sogar eine Zustimmung von 59 Prozent. Paperjam nannte ihn daraufhin den „chouchou de l’électorat du Nord“.
„Romain ist ein sehr lieber Mensch, der immer viel Empathie für sein Gegenüber zeigt“, sagt LSAP-Präsident Yves Cruchten. „Er sucht nie den Streit, sondern zeigt immer Verständnis.“ Cruchten hatte das Glück, wie er sagt, zwei Jahre für Romain Schneider zu arbeiten, als dieser Generalsekretär der Partei war. „Ich habe Romain vorher schon gekannt, habe ihn dann aber als einen sehr guten und engagierten Chef kennengelernt, der sich Zeit nimmt und zuhört.“ Er habe die Gabe, die Gemüter zu beruhigen und eine Diskussion immer wieder zurück auf den Punkt zu bringen, sagt Cruchten. „Mit seiner Art und seinen Argumenten hat er es immer fertiggebracht, dass über die Sache gesprochen wurde“. Dies habe sowohl dem LSAP-Regierungsteam wie auch der Regierung an sich gutgetan, meint Cruchten.
Von Romain Schneider gibt es unzählige markante Bilder, die ihn in einem Weinberg zeigen. Mal beim Verkosten von Trauben, mal beim Begutachten von Schäden an den wertvollen Pflanzen. „Als Landwirtschaftsminister muss man den Spagat zwischen der traditionellen Landwirtschaft und der Bio-Landwirtschaft machen“, sagt Cruchten. Schneider habe immer versucht, die Interessen unter einen Hut zu kriegen. Von seinem Ziel, komplett bio zu werden, ist Luxemburg heute, auch nach Romain Schneiders Amtszeit, noch immer weit entfernt. Im Bio-Landbau liegt Luxemburg (4,42 Prozent der Fläche) noch weit hinter dem EU-Durchschnitt (8,49 Prozent der Fläche). Das habe auch damit zu tun, dass die hiesige Landwirtschaft nicht von großen Firmen dominiert wird, verteidigt Cruchten. „Er hatte verstanden, dass es in Luxemburg oft Familienbetriebe sind und die Menschen in diesem Sektor wussten zu schätzen, dass er dafür Verständnis hatte.“ Umweltverbände kritisieren hingegen, das Landwirtschaftsministerium sei seit Jahrzehnten nicht zum Dialog bereit. Vor kurzem war der Streit sogar eskaliert und mündete in Anzeigen.
Zuletzt war Romain Schneider auch für die Sozialversicherung zuständig. Hier hatte Schneider eine gute Bilanz vorzuweisen, bis Corona zuschlug. Auch deshalb hätten Mittel zur Verfügung gestanden, um in der Covid-Pandemie Maßnahmen zu ergreifen, sagt Cruchten: „Das waren oft Mittel aus diesen Töpfen“. Schneider habe nicht gezögert, als es ernst wurde.
Romain Schneiders Ressorts übernimmt nun ein anderer Bürgermeister aus dem Norden: sein Parteikollege Claude Haagen. Bei der Ankündigung seines Rücktritts hatte Schneider gesagt, die vergangenen Monate seien für ihn gesundheitlich sehr belastend gewesen. Er geht jetzt in seine „wohlverdiente politische Rente“ und wolle ein bisschen mehr nach sich selbst schauen und nach seiner Familie.
Lebenslauf
Romain Schneider, geboren am 15. April 1962 in Wiltz, besuchte das „Lycée du Nord“. Ab 1980 arbeitete er als Beamter beim Arbeitsamt ADEM. Ab 1989 war er Leiter der Zweigstelle Wiltz.
Er trat bereits 1981 der LSAP bei, deren Generalsekretär er von 2004 bis 2009 war. In seiner Gemeinde war Schneider von 1994 bis 1999 Gemeinderatsmitglied. 2000 erlangte er das Amt des Bürgermeisters.
2004 wurde er als Kandidat aus dem Bezirk Norden zum ersten Mal in die Chamber gewählt. 2009 gab er sein Bürgermeisteramt weiter, als er zum ersten Mal Minister wurde. Seitdem war er dann in unterschiedlichen Resorts als Minister tätig. (Quelle: gouvernement.lu)
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