Interview / „Rosa Lëtzebuerg“-Präsident über Blutspenden, das Diskriminierungsgesetz und die neue Rainbow Map
Die Situation von LGBTIQ+-Personen (LGBTIQ+ steht für „lesbian, gay, bisexual, transgender/transsexual, intersex and queer“) in Europa befindet sich in einer Phase der Stagnation. In Luxemburg sind diesbezüglich während des gesamten letzten Jahres keine Änderungen im Parlament zur Abstimmung gebracht worden. Das Großherzogtum belegt im zweiten Jahr in Folge den dritten Platz auf der Rainbow Map. Nicht schlecht, findet Tom Hecker, Präsident von „Rosa Lëtzebuerg“ – er würde sich jedoch mehr wünschen.
Tageblatt: Luxemburg belegt seit zwei Jahren den dritten Platz auf der Rainbow Map. Ist die Stagnation gut oder schlecht?
Tom Hecker: Es ist besser, die Situation stagniert, als dass sie sich zurückentwickeln würde. Trotzdem würde ich mir mehr wünschen …
Was zum Beispiel?
Dass LGBTIQ+-Personen in Luxemburg endlich Blut spenden dürfen. Auf dem Formular, das potenzielle Spender beim Roten Kreuz ausfüllen müssen, steht die Frage, ob man als Mann schon einmal eine sexuelle Beziehung mit einem Mann hatte oder als Frau eine sexuelle Beziehung mit einem Mann, der wiederum eine sexuelle Beziehung mit einem anderen Mann hatte. Antwortet man hier mit einem Ja, dann darf man kein Blut spenden. Das stammt noch aus Zeiten, in denen HIV-Infektionen bei Homosexuellen wahrscheinlicher waren als bei Heterosexuellen. Inzwischen hält sich die Waage und das Verbot ist längst nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen dementsprechend, dass sich etwas bei den Voraussetzungen für das Blutspenden ändert. Vor allem jetzt, da Blutspender dringend gesucht werden.
Zeigt sich das Rote Kreuz bereit, etwas daran zu ändern?
Ja. Die Gespräche zwischen „Rosa Lëtzebuerg“ und dem Roten Kreuz hätten eigentlich in einer Woche stattfinden sollen. Die Pandemie ist leider dazwischengekommen. Aber generell ist der Wille da, etwas zu verändern.
Gibt es weitere, dringende Forderungen, die „Rosa Lëtzebuerg“ an die Regierung stellt?
Luxemburg könnte die Konversionstherapie recht schnell verbieten. Ziel dieser umstrittenen Praktik sind die Abnahme homosexueller Neigungen und die Entwicklung heterosexueller Potenziale. Wir wissen zwar nicht, ob es hierzulande solche Methoden gibt, aber sie sind eben nicht verboten. Dabei wäre das so einfach. Zudem kann ich mir vorstellen, dass es Luxemburger gibt, die für eine solche „Therapie“ ins Ausland geschickt werden.
Das leidige Thema Diskriminierungsgesetz ist zudem noch nicht vom Tisch …
Genau. Das Gesetz verbietet nicht ausdrücklich die Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität, der sexuellen Merkmale oder des Geschlechtsausdrucks. Auf Basis dieses Gesetzes wurde auch das Zentrum für Gleichbehandlung (Centre for Equal Treatment, CET) eingerichtet. Der Zweck des Zentrums, das seine Aufgaben unabhängig wahrnimmt, besteht darin, die Gleichbehandlung aller Personen – ohne Diskriminierung aufgrund von Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung und Alter – zu fördern, zu analysieren und zu überwachen. Das CET deckt keine Diskriminierung in Bezug auf Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und sexuelle Merkmale ab. „Rosa Lëtzebuerg“ fordert, dass alle drei Diskriminierungsgründe in dieses Gesetz aufgenommen werden.
Wie wirkt sich die Krise speziell auf LGBTIQ+-Personen aus?
Ich habe hie und da gehört, dass die aktuelle Situation einen besonders großen Einfluss auf diejenigen hat, die alleine wohnen. Wenn sie nicht mit sich selbst klarkommen und sich während des Lockdowns bei niemandem Hilfe suchen konnten, war das sehr belastend. Hier in Luxemburg ist das Problem meines Wissens nicht allzu sehr verbreitet – trotzdem ist jede Person, die mit der Isolation zu kämpfen hatte, eine zu viel.
Hat die derzeitige Situation einen Einfluss auf die Homophobie?
Es gibt tatsächlich Menschen hier im Land, die glauben, bei einem Homosexuellen würde der Sicherheitsabstand von zwei Metern nicht ausreichen.
Ist Ihnen etwas Derartiges bereits widerfahren?
Nein, glücklicherweise nicht. Ich habe mich allerdings zwei Monate lang strikt zu Hause aufgehalten.
Wie haben Sie den Lockdown erlebt?
Für mich war die Krise bisher kein niederschmetterndes Erlebnis. Ich bin gut mit der Situation klargekommen, weil ich derzeit noch mit meinen Eltern zusammenlebe. Ich war also nicht allein. Zudem gibt es zahlreiche Alternativen, um Menschen per Videochat zu treffen. Diese habe ich fast täglich genutzt, um den Kontakt zu meiner Schwester und zu meinen besten Freunden aufrechtzuerhalten. Das hat mir sehr geholfen.
In der Woche vom 6. Juli soll die „Luxembourg Pride“ stattfinden. Muss mit einer Absage gerechnet werden?
Nicht ganz. Wir arbeiten gerade an einer Online-Alternative. Dabei versuchen wir, alle geplanten Programmpunkte beizubehalten. Von der Gedenkzeremonie am Montag über eine Drag-Lesung, eine „Table ronde“ bis hin zum „Straßenfest“ mit dem sogenannten „Equality March“ am Samstag (11. Juli). Hierfür bitten wir die Teilnehmer, uns Fotos und Videos zu schicken, die wir zeigen wollen. Es werden internationale Künstler auftreten und wir haben zum ersten Mal ein „Drag Bingo“ geplant. Die genauen Termine kommunizieren wir auf www.luxembourgpride.lu sowie auf unserer Facebook-Seite „Luxembourg Pride“.
Was ist „Drag Bingo“?
Das kommt aus Amerika und funktioniert ähnlich wie klassisches Bingo – nur eben auf Drag-Manier. Also inklusive spitzen, lustigen Bemerkungen und ausgefallenen Gewinnen. Mit dem Erlös wollen wir die Online-Pride finanzieren. Die Einnahmen der verkauften Getränke beim Straßenfest fallen schließlich aus.
Zur Person
Tom Hecker ist seit 2018 Präsident von „Rosa Lëtzebuerg“. Der 35-Jährige ist eigenen Aussagen zufolge von Natur aus jemand, der sich aufregt, wenn etwas ungerecht ist. Deshalb habe er die Herausforderung angenommen – um etwas zu verändern, statt sich nur aufzuregen. Hauptberuflich ist Tom Hecker Grafiker und Ticketverkäufer bei „Luxembourg Ticket“. Nebenbei ist er Travestiekünstler. „Das mache ich auch im Dienst von ‚Rosa Lëtzebuerg’“, sagt er. Als „Tatta Tom“ liest er regelmäßig Geschichten für Kinder vor und als Séraphine Mirage schminkt er sich immer donnerstags live auf Facebook.
Zur Rainbow Map von ILGA
ILGA ist der europäische Ableger des Verbandes der Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intersex-Personen. Seit 2009 beobachten die lokalen Organisationen und Aktivisten sämtliche Änderungen in Bezug auf die Rechte von LGBTIQ+-Personen und sammeln diese an zentraler Stelle, bei ILGA, um hiermit die Rainbow Map und den Rainbow Index zu erstellen. Dieses Benchmarking-Tool soll eine gesamteuropäische Übersicht über den Fortschritt der Gleichstellungsmaßnahmen geben und so den einzelnen Organisationen sowie auch politischen Entscheidungsträgern ein Werkzeug an die Hand geben, um die eigenen Bemühungen zu verstärken. Die Organisation bewertet in ihrem Ranking eine große Palette verschiedener Indikatoren, die sich sowohl auf die rechtliche Situation wie auch auf das gesellschaftliche Klima im Land beziehen. Unter anderem wird untersucht, ob die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubt ist und ob gleichgeschlechtliche Paare Kinder adoptieren dürfen. Genau wie im letzten Jahr belegt Luxemburg mit 73% den dritten Platz unter 49 Ländern. Angeführt wird der Rainbow Index zum fünften Mal in Folge von Malta mit 89%, Belgien bleibt weiterhin auf Platz zwei (mit ebenfalls 73%). Die Türkei (4%) und Aserbaidschan (2%) stellen dabei wenig überraschend das Schlusslicht dar.
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@Muller
Mit dem Hamster, das wäre ja mehr als krank🤤
Aber mal im Ernst, über Jahrzehnte oder besser über Jahrhunderte mussten sich Mitmenschen, welche nicht den von der Gesellschaft geforderten Liebesbeziehungen entsprachen… Verstecken und sich ducken😢
Das Heimliche hat nun ein Ende und ich bin glücklich im Heute zu leben👬👭👬👭
Ich als Frau lebe mit einem Mann zusammen, aber es macht doch keinen Unterschied mit wem ich lebe… Hauptsache zufrieden und lebensfroh🦄🦄🦄
Ech wënschen dem Tom Hecker vill Courage an Duerchsetzngsverméige bei sengem Asaaz. Hei zu Lëtzebuerg sin an daer Hinsicht nach vill Brieder viru verschiddene Käpp, politischen an aneren.