Unternehmen / RTL kassiert erneut Ziele für 2023 ein – TV-Werbemarkt schwächelt weiter
Wegen der schwachen TV-Werbemärkte vor allem in Deutschland schraubt der europäische Fernsehkonzern RTL zum zweiten Mal in diesem Jahr seine Ziele für 2023 herunter. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita) werde in diesem Jahr erneut sinken und mit rund 900 Millionen Euro um etwa 50 Millionen Euro niedriger ausfallen als bislang erwartet, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Der Umsatz werde mit rund 6,9 Milliarden Euro noch unter den etwa 7,0 Milliarden Euro liegen, die RTL zuletzt im August in Aussicht gestellt hatte. Im laufenden Quartal zeigten sich die europäischen Werbemärkte schwächer als erwartet, „sodass wir trotz Gegenmaßnahmen unseren Ausblick anpassen mussten“, sagte RTL-Chef Thomas Rabe, der auch den Mutterkonzern Bertelsmann führt. Die RTL-Aktie lag am Vormittag mehr als vier Prozent im Minus.
In den ersten neun Monaten sank der Umsatz um 6,9 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro, allein im dritten Quartal fiel er um 10,3 Prozent. Die Erlöse mit Fernsehwerbung fielen im Sommer um 3,7 Prozent. Damit kam es hier nicht zur erhofften Trendwende. Denn als Voraussetzung für die bisherige Prognose hatte der Konzern für das zweite Halbjahr stabile bis leicht wachsende TV-Werbeumsätze erwartet. Nun rechnet RTL hier mit einem Minus im mittleren einstelligen Prozentbereich.
Anfang des Jahres stagnierte die deutsche Wirtschaft, wuchs im Frühjahr nur minimal um 0,1 Prozent und schrumpfte im Sommer um 0,1 Prozent. Für das laufende Quartal rechnen viele Ökonomen erneut mit einem Rückgang beim Bruttoinlandsprodukt, wodurch Deutschland in eine vorübergehende Rezession rutschen würde. Dies sorgt insgesamt dafür, dass sich Werbekunden zurückhalten.
Die Summe der zahlenden Abonnenten der Streaming-Dienste RTL+ in Deutschland und Ungarn sowie Videoland in den Niederlanden stieg per Ende September um 30,3 Prozent auf 6,2 Millionen. Die Streamingumsätze liegen seit Jahresbeginn 21 Prozent über Vorjahr. Vor allem wegen Investitionen in das Streaminggeschäft nimmt RTL weniger Gewinn in Kauf. Dieser fällt nun wegen der Werbeflaute geringer aus als ohnehin erwartet.
Der Mutterkonzern Bertelsmann ist so breit aufgestellt, dass er die Schwäche von RTL ausgleichen konnte. Das Medien-, Dienstleistungs- und Bildungsunternehmen aus Gütersloh steigerte den Erlös nach neun Monaten um 1,9 Prozent auf 14,6 Milliarden Euro. „Trotz einer weiter herausfordernden gesamtgesellschaftlichen Lage, die wir insbesondere im TV-Werbegeschäft spüren, haben wir einen neuen Bestwert beim Umsatz erzielt“, sagte Rabe. Zum Wachstum beigetragen hätten vor allem das Verlagshaus Penguin Random House, die Musiktochter BMG, die Dienstleistungsgeschäfte von Arvato und die Bildungssparte.
Bertelsmann ist dabei, seine Anteile von 39,5 Prozent am Callcenter-Betreiber Majorel an die französische Firma Teleperformance zu verkaufen. In der Branche wird erwartet, dass der Deal in diesen Tagen über die Bühne geht. „Wegen des nach dem Anteilsverkauf ab November entfallenden Beitrags von Majorel zum Umsatz und operativen Ergebnis des Konzerns erwarten wir einen gegenüber Vorjahr stabilen Umsatz“, sagte Bertelsmann-Finanzchef Rolf Hellermann zur Prognose für 2023. Zudem dürfte der operative Gewinn (Ebitda) leicht sinken.
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