Handball / Rückblick auf eine Sensation: Vor zehn Jahren stand Esch im Finale des Challenge Cup
Die größte Sensation im luxemburgischen Handball jährt sich zum zehnten Mal. Am 25. Mai 2013 spielte der HB Esch im Finale des Challenge Cup gegen Minsk. Der Einzug ins Endspiel des Europapokals ist bis heute unvergessen. Ein Rückblick auf das Escher Märchen 2013.
27. April 2013. Der HB Esch steht im Challenge Cup kurz vor dem Aus. 30 Sekunden vor dem Ende des Halbfinal-Rückspiels gegen Suceava aus Rumänien liegt die Mannschaft von Trainer Werner Klöckner zu Hause mit 26:24 in Führung, braucht allerdings einen Drei-Tore-Vorsprung, um sich für das Finale zu qualifizieren. „Und es war einfach beeindruckend, mit welcher Coolness sie das schaffte. Exakt drei Sekunden vor dem Ende war es Kreisläufer Sas, der nach Pass von Decker den Ball zum 27:24 in die Maschen knallte“, schrieb das Tageblatt damals: „Was danach geschah, kann man sich nicht vorstellen, es brachen alle Dämme. Die Spieler, der Trainer und die Vereinsverantwortlichen haben sich mit diesem Sieg verewigt. Es war und es ist einfach nur der pure Wahnsinn.“ Es war ein sensationeller Moment, der in die luxemburgische Sportgeschichte einging.
„Ich blicke unheimlich gerne darauf zurück“, gerät Werner Klöckner auch heute noch sofort ins Schwärmen, wenn er auf den damaligen Finaleinzug zurückblickt. „Es ist eine besondere Erinnerung, die ich gar nicht in ein paar Worten zusammenfassen kann.“ Die beiden Finalspiele gegen Minsk am 18. Mai 2013 zu Hause (26:31) und am 25. Mai 2013 auswärts (24:32) gingen zwar verloren. Bereits alles, was davor passierte, war für den luxemburgischen Handball aber historisch. „Das Finale war das Sahnehäubchen obendrauf“, sagt Klöckner.
Heute noch Gänsehaut
Der HB Esch schaltete auf dem Weg dahin die spielstarken Teams Prishtina (KOS), Vojput (SRB), Hasselt (B) und auch Suceava (ROM) aus. Besonders der oben beschriebene Heimsieg im Halbfinale ist bis heute unvergessen. „Wir hatten auswärts in Rumänien nur auf zwei Tore verloren (21:23). Ich habe bis heute keine Erklärung dafür, wie wir das fertiggebracht haben. Wir sind damals am Tag selbst dort gelandet, auf einem Flughafen, der einem Bauernhof glich. Neben unserem Flugzeug sind plötzlich Schafe herumgelaufen. Wir sind dann auf den Platz gegangen und haben, keine Ahnung wie, nur auf zwei Tore verloren“, erinnert sich HBE-Präsident Christian Bock, der damals als Spieler dabei war, noch genau. „Dann spielten wir das Rückspiel zu Hause. Unsere Halle war so voll, wie ich es zuvor noch nie gesehen hatte. Als Wouter Sas dann drei Sekunden vor Schluss das entscheidende Tor erzielte, ist die Halle regelrecht explodiert. Das war der geilste Moment, den ich in meiner ganzen Karriere erlebt habe.“
Auch Klöckner erinnert sich noch genau an das Halbfinale: „Dieses Spiel war noch beeindruckender als das Finale später in Minsk. Diese Freude der Zuschauer, die wir dadurch auslösen konnten, war ein außergewöhnlicher Moment. Ich kriege heute noch Gänsehaut, wenn ich davon erzähle.“
Das war der geilste Moment, den ich in meiner ganzen Karriere erlebt habewar vor 10 Jahren als Spieler dabei
Martin Muller hob am Samstag nach dem letzten Spiel seiner Karriere ebenfalls jene Saison als Highlight seiner Laufbahn hervor. Eine Anekdote von damals wollte er nicht verraten. „Ich habe viele Bilder, aus Serbien oder Rumänien, die hochkommen. Wir haben das aber alles als Mannschaft erlebt und das bleibt unter uns“, sagte er mit einem Augenzwinkern. Als „extra“ beschreibt Sacha Pulli das damalige Spiel gegen Suceava. „Jetzt genau zehn Jahre danach zusammen mit Martin mit dem Meistertitel aufzuhören, ist genial.“ Als Einziger des damaligen Kaders ist jetzt noch Tom Krier im Escher Team übrig. „Ich spiele mittlerweile meine 14. Saison beim Handball Esch in der ersten Mannschaft. Man erinnert sich an viele Momente zurück – aber das war etwas ganz Spezielles. Wenn ich daran zurückdenke, denke ich an die Spieler, die damals mit auf dem Platz standen. Wir haben so viel Zeit zusammen verbracht. Wir wurden Freunde. Es tut mir schon weh, dass sie mittlerweile alle weg sind.“
Die „starke Verbundenheit“ war laut Klöckner „etwas ganz Besonderes“. Gerade jetzt, wo Pulli und Muller ihre Karrieren beendet haben, sind die Emotionen von damals bei ihm noch einmal hochgekommen. „Diese Spieler haben diese Ära mitgeprägt. Das Finale im Challenge Cup war auch für mich eines der Highlights in meiner Trainerkarriere“, erzählt er.
Das Ergebnis sei damals durch harte Arbeit zustandegekommen. Der HB Esch war 2013 mit der nationalen Meisterschaft, dem Pokal, der Benelux-Liga und eben dem Challenge Cup in vier Wettbewerben vertreten. „Ich hatte damals Prioritäten auf die Meisterschaft und den Challenge Cup gesetzt. Diese internationalen Spiele in der Benelux-Liga waren aber unheimlich wertvoll für die Mannschaft. Die habe ich so als Vorbereitung auf den Challenge Cup gesehen“, erklärt der Deutsche: „Wir haben einen immens hohen Aufwand betrieben. Denn um dahin zu kommen, musste viel passieren. Wir haben trainiert wie in der 2. Bundesliga. Die Spieler haben fast jeden Tag trainiert.“ Die Mannschaft habe dadurch eine Entwicklung durchgemacht, die das ganze Abenteuer ermöglicht hat. „Wir haben in dieser Zeit eine gewisse Wettkampfhärte und auch diese Körperlichkeit entwickelt. Was noch wichtiger war, war die mentale Stärke, die mit der Zeit hervorkam.“
Wie im Drehbuch
Dazu beigetragen haben Begegnungen wie die in der dritten Runde gegen Prishtina. Die Escher hatten das Hinspiel mit 24:28 verloren, kamen im Rückspiel dann aber mit einer starken Leistung und einem 31:22-Sieg doch noch weiter. In der Runde danach gewann man das erste Aufeinandertreffen mit Spartak Vojput mit 34:26 und im Rückspiel rettete man sich trotz einer 20:27-Niederlage Sekunden vor Schluss ins Viertelfinale. „Man musste Rückschläge wegstecken und wieder aufstehen“, erinnert sich Klöckner: „Da entwickelte sich plötzlich das Gefühl, wie Christian Bock es einmal beschrieb: Wir sind jetzt nicht mehr die kleinen Luxemburger. Wir haben einfach begonnen, daran zu glauben. Diese mentale Entwicklung der Mannschaft, die beeindruckt mich bis heute und ich bin stolz, dass ich als Trainer ein bisschen dazu beitragen konnte.“
Die Saison im Challenge Cup war wie „ein Drehbuch zu einem Märchen“, so Klöckner. „Dahinter steckten viel Arbeit, viel Herzblut, viel Schweiß sowie außergewöhnliche Spieler mit einer außergewöhnlichen Entwicklung. Eine solche Mannschaft gibt es nur alle zehn, zwölf Jahre. Und ich hatte einfach das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.“ Die Escher Saison 2013 bleibt unvergessen.
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