/ Rümelingen und Kayl: Mehr als bloß nette Nachbarn
Mit seinen 6,8 Quadratkilometern ist Rümelingen eine der flächenmäßig kleinsten Gemeinden des Landes. Ihr Wachstumspotenzial ist demnach eher bescheiden. Über Entwicklungsperspektiven und eine mögliche engere Zusammenarbeit mit der Nachbargemeinde sprach das Tageblatt mit Bürgermeister Henri Haine (LSAP).
Tageblatt: Wie geht es der Stadt Rümelingen?
Henri Haine: Der Stadt Rümelingen geht es allgemein betrachtet gut. Dank der Reform der Gemeindefinanzen sind unsere ordentlichen Einnahmen aus dem Dotationsfonds um rund 2 Millionen Euro gestiegen, sodass wir zwischen Einnahmen und Ausgaben einen größeren Spielraum haben als vor einigen Jahren noch.
Wir haben in der letzten Mandatsperiode, und das war auch für uns überraschend, mit 28 Millionen Euro so viel investiert wie nie zuvor und dennoch die Gemeindeschuld abgebaut. In der Vergangenheit stieg die Kommunalverschuldung in der Regel mit der Realisierung von Projekten. Unsere Infrastrukturen sind in Ordnung. Wir können den Bürgern moderne Dienste anbieten.
Auch andere Gemeinden konnten nach der kommunalen Finanzreform Mehreinnahmen feststellen. Gleichzeitig jedoch steigen die Anforderungen an die Kommunen und damit auch die Ausgaben. Hält sich das die Waage?
Das stimmt. Wir sind eine sozial engagierte Gemeinde. Es erfreute uns, dass im Rahmen des SAS-Kollektivvertrags (für Arbeitnehmer des Sozial- und Pflegesektors, Anm. d. R.) sich die Mitarbeiter in ihrer Laufbahn verbessern konnten; wir haben im konventionierten Bereich viel mit Erziehern zu tun.
Die Aufbesserungen müssen wir daher mitfinanzieren. Andererseits sind wir nicht mehr an den Gehältern des Lehrpersonals beteiligt. Für Rümelingen waren das vor zwei Jahren noch 1,9 Millionen Euro. Andererseits müssen wir für das CGDIS 210.000 Euro zahlen, abgesehen von anderen Ausgaben für unsere Feuerwehr. Je mehr Dienste wir anbieten, umso mehr Kosten entstehen.
Da denkt man insbesondere an die Kinderbetreuung, die der Regierung zufolge unentgeltlich wird. Das bedeutet wohl eine zusätzliche Nachfrage. Wir müssen dann die Einrichtungen schaffen, was entsprechende Betriebskosten bedeutet. Als kleine Gemeinde ohne Gewerbegebiet und folglich kaum Gewerbesteuer hängen wir stark von den Staatsfinanzen und daher von der allgemeinen wirtschaftlichen Lage ab.
Welche großen Projekte planen Sie in dieser Mandatsperiode?
Einerseits versuchen wir den geringen Raum, den wir noch haben, so zu gestalten, dass die Lebensqualität der Menschen gut bleibt, andererseits wollen wir gewisse Baulücken nutzen. Dieses Jahr werden wir mit dem Projekt Wohnungen für junge Menschen beginnen. Das Vorhaben, das bereits vor einigen Jahren beschlossen wurde, sieht gegenüber der Kirche 18 Wohnungen vor. Im Zentrum sollen des Weiteren 20 Wohnungen für Senioren entstehen. Im Rahmen der Diskussionen um den allgemeinen Flächennutzungsplan (PAG) denken wir daran, auf einem Gelände an der Stadtgrenze Richtung Esch einen PAP („plan d’aménagement particulier“) für Wohnhäuser zu erstellen. Auch im Hinblick auf die geplante Gratis-Kinderbetreuung wollen wir neben unserer bestehenden „Maison relais“ ein zusätzliches Gebäude errichten. Wir streben eine Verdoppelung unserer Aufnahmekapazität von derzeit 170 auf rund 340 Kinder an.
Parallel dazu planen wir eine Verkehrsberuhigung für das ganze Stadtzentrum. Vor allem am Rathausplatz wollen wir einen Platz schaffen, wo Menschen sich aufhalten können. Weitere Bauprojekte als jene für junge Menschen und Senioren und die „Maison relais“ werden in den kommenden Jahren wohl keine hinzukommen. Investieren wollen wir aber in unser Grubenmuseum. Für 2,7 Millionen Euro wird der Empfangsbereich vergrößert und modernisiert.
Die Regierung hat die Wohnungsfrage zu einer ihrer Prioritäten erklärt. Die
Möglichkeiten der Gemeinde sind hier ziemlich begrenzt.
Wir haben eine Reihe Häuser gekauft, in denen wir Mietwohnungen schaffen wollen, gleich beim Kulturzentrum. Die Gemeinde ist bereits im Besitz von 40 Wohnungen. Da würden noch 16 dazukommen. Aber neue Wohnungen? Dazu haben wir vorerst keinen Platz. Wir müssen den PAP für das Projekt an der Escher Straße („Wanterfeld“) erstellen.
Der neue PAG muss in erster Lesung gestimmt werden. Außerdem muss noch mit dem Umweltministerium über mögliche zu leistende Kompensationen diskutiert werden. Gleich neben dem betreffenden Gelände befindet sich eine Natura-2000-Zone. Da wir kein Gelände haben, dürfte es schwierig mit Kompensationen werden. Doch jetzt gibt es finanzielle Entschädigungsmöglichkeiten. Auf diesem Grundstück ist jedoch nicht nur sozialer Wohnungsbau vorgesehen.
Die Regierungskoalition beabsichtigt eine Reform der Grundsteuer. Käme das Rümelingen zupass?
Wenn es darum geht, lediglich brachliegende Grundstücke zu besteuern, bringt uns das nichts, es gibt kaum brachliegendes Gelände. Das wenige noch vorhandene Gelände ist in Gemeindebesitz und muss noch infrastrukturell erschlossen werden. Wenn man die Grundsteuer auch für Privathaushalte überdenken würde, würde es uns was bringen.
Wie steht es mit „Esch 2022“?
Wir machen da mit. Aber derzeit besteht eine Art „flou artistique“, was die Bedingungen für die Annahme der Projekte anbelangt. Es gab auch schon lange keine Versammlung mit den Bürgermeistern, was ich etwas bedauere. Von Anfang an haben wir gesagt, dass wir das Kulturjahr im Kontext des Museums sehen. Wir wollen Einrichtungen schaffen, die auch später touristisch genutzt werden können. Wir versuchen, uns an gemeinsamen Aktivitäten mit Esch und Kayl zu beteiligen. Die Kayler haben diesbezüglich schon Kontakt aufgenommen.
Rümelingen hat sichtlich Wachstumsgrenzen. Gibt es Überlegungen, enger mit der Nachbargemeinde Kayl zusammenzuarbeiten?
Die beiden Gemeinden sind gewillt, in verschiedenen Bereichen eng miteinander zu arbeiten. Konkret kooperieren wir ja im Sportbereich. Es ist noch zu früh, um über eine Fusion zu reden, weil wir noch nicht konkret darüber nachgedacht und geredet haben. Aber wir sind in permanentem Kontakt mit den Kaylern, haben gemeinsame Schöffenratssitzungen. Wir betreiben ein gemeinsames Sozialamt und planen eine gemeinsame Einrichtung für Sprechstunden.
Wir haben auch gemeinsame Vorschläge für neue Räumlichkeiten für die Polizei. Unsere Feuerwehren arbeiten bereits heute sehr eng zusammen und wollen sich zusammentun.
Wenn ich richtig verstehe, ist also eine Fusion Rümelingen-Kayl derzeit kein Thema.
Es besteht derzeit noch kein enormer Druck dazu. Wir wollen zuerst enger kooperieren. Um den Leuten zu zeigen, dass es sinnvoll ist, gemeinsame Infrastrukturen und Dienste zu haben. Das kann eine Diskussion darüber vorbereiten, ob ein Zusammengehen möglich wäre. Ich glaube, dass das langfristig betrachtet geschehen wird.
Rümelingen ist insofern auch einzigartig, als es von einer Koalition mit der KPL geführt wird. Wie klappt die Zusammenarbeit?
Wir kennen uns alle seit langem. Es hat noch immer eine KP in Rümelingen gegeben und die LSAP war immer stark. Wir funktionieren auf lokaler Ebene sehr gut. Auch die Chemie zwischen den einzelnen Personen ist gut. Es gibt prinzipielle Meinungsunterschiede, etwa beim PPP („public-private partnership“). Die KPL lehnt sie ab. Derlei Projekte planen wir derzeit nicht. Sollten wir jedoch eines Tages den Bau eines Parkhauses erwägen, ergäbe sich eine andere Diskussion. Aber wir haben klar festgehalten, wie wir da vorgehen würden. Ich glaube nicht, dass es da Schwierigkeiten geben würde.
Was die Gemeindefinanzen anbelangt, so haben wir uns im Koalitionsabkommen gegen das Kostendeckungsprinzip ausgesprochen. Das bedeutet, dass die Taxen bei uns nicht zu hoch sein werden. Andererseits weiß auch unser Koalitionspartner, dass wir die Abfallgebühren seit 1995 nicht angepasst haben. Sollten wir ein neues System einführen, müsste zumindest der Grundbetrag angehoben werden.
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