Folge der Sanktionen / Russische Zentralbank verdoppelt Leitzins auf 20 Prozent
Die russische Zentralbank reagiert mit einer drastischen Zinserhöhung auf die Währungskrise infolge westlicher Sanktionen. Der Leitzins steigt von 9,5 auf 20 Prozent, wie die Währungshüter am Montag in Moskau ankündigten.
„Dies ist notwendig, um die Finanz- und Preisstabilität zu unterstützen und die Ersparnisse der Bürger vor Wertverlusten zu schützen“, hieß es zur Begründung. Die Zentralbank signalisierte zugleich ihre Bereitschaft zu weiteren Anhebungen. Notenbankchefin Elvira Nabiullina will die Maßnahmen im Tagesverlauf bei einer Pressekonferenz erläutern.
Der eskalierende Konflikt Russlands mit dem Westen nach dem Einmarsch in die Ukraine brockte der Währung des Landes einen Kurssturz ein. Besonders das Einfrieren der Devisenreserven der russischen Zentralbank zeigte Wirkung. Der Dollar stieg im Gegenzug am Montag zeitweise um fast 42 Prozent auf ein Rekordhoch von 119 Rubel. „Die äußeren Bedingungen für die russische Wirtschaft haben sich drastisch verändert“, betonte die Notenbank. Höhere Zinsen können den Kurs stabilisieren helfen und auch die Inflation bremsen, machen aber auch Kredite teurer – etwa für Investitionen. Das wiederum dürfte die Konjunktur erheblich belasten.
Die westlichen Länder haben ihre Sanktionen verschärft, um den Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu erhöhen. So wurden Devisenreserven der russischen Zentralbank eingefroren, das Land zudem weitgehend vom weltweiten Zahlungssystem Swift ausgeschlossen.
Unternehmen sollen Devisen verkaufen
Unternehmen sollen zudem 80 Prozent ihrer Deviseneinnahmen verkaufen, verkündeten Zentralbank und Finanzministerium in einem weiteren Schritt. Die Behörden haben außerdem Makler angewiesen, Leerverkäufe auf dem russischen Markt auszusetzen und die Ausführung von Aufträgen ausländischer juristischer und natürlicher Personen zum Verkauf russischer Wertpapiere einzustellen.
Ökonomen zweifeln, ob die Aktionen ausreichen, um die Währung zu stabilisieren. „Die Zinserhöhung der russischen Zentralbank soll Einlagen in Rubel attraktiver machen und die nun einsetzende Kapitalflucht eindämmen“, sagte Ökonom Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). „Dies wird kaum gelingen. Der Rubel hat mit den umfassenden Sanktionen aufgehört, eine frei konvertible Währung zu sein.“ Russland werde währungspolitisch in die frühen Neunziger Jahre zurückgeworfen. Zwar könne das Land mit Hilfe kooperationsbereiter Länder und alternativer Zahlungssysteme in eingeschränktem Ausmaß internationale Transaktionen aufrechterhalten. „Aber die Menschen, die jetzt vor den Geldautomaten Schlange stehen, wissen, dass der Rubel nicht mehr länger eine werthaltige und international einsetzbare Währung ist“, sagte Heinemann. „Russland-Aktiva und der Rubel sind an den Finanzmärkten mit dem russischen Überfall auf die Ukraine schlagartig zu Ramsch geworden.“
„Der Ausschluss russischer Banken aus dem Zahlungssystem Swift bleibt nicht ohne wirtschaftliche Folgen für den europäischen Bankensektor“, gibt Thomas Gitzel von der VP Bank zu bedenken. „Der Ausschluss russischer Banken aus dem internationalen Zahlungsverkehr bedeutet, dass diese Finanzinstitute ihre Verbindlichkeiten gegenüber ihren europäischen Gläubigern nicht mehr begleichen können. Für die EU als gesamtes sind die russischen Verbindlichkeiten überschaubar. Die Forderungen belaufen sich auf rund 75 Milliarden Dollar oder 0,7 Prozent der gesamten Bankforderungen. Die absoluten höchsten Forderungen haben französische, italienische und österreichische Banken. In relativer Betrachtung trifft es den österreichischen Finanzsektor am deutlichsten. Knapp 4 Prozent der ausstehenden Forderungen betreffen dort eine russische Bankenadresse.
Auch die belarussische Zentralbank hob ihren Leitzins angesichts der westlichen Sanktionen gegen den Nachbarn Russland deutlich an. Der Leitzins steige von 9,25 auf 12,0 Prozent, teilte die Notenbank mit. Mit dem Schritt solle die finanzielle Stabilität gewahrt und das Risiko einer beschleunigten Inflation begrenzt werden. Belarus ist mit Russland verbündet und erlaubt russischen Truppen den Einmarsch in die Ukraine.
EU-Töchter der russischen Sberbank wohl nicht zu retten
Die europäischen Finanzsanktionen in der Ukraine-Krise bringen EU-Ableger der russischen Großbank Sberbank ins Taumeln. Wie die EZB-Bankenaufsicht in der Nacht zu Montag mitteilte, sind die in Wien ansässige Sberbank Europe AG und ihre beiden Tochtergesellschaften Sberbank d.d. in Kroatien und Sberbank banka d.d. in Slowenien wahrscheinlich nicht mehr überlebensfähig. Die Bank werde voraussichtlich bald nicht mehr in der Lage sein, ihre Schulden zu bedienen.
Die Einlagen der Sparer seien aber bis zu einer Summe von 100.000 Euro geschützt. Dafür stehe das Einlagensicherungssystem in Österreich bereit – auch für die Filiale in Deutschland – sowie die Sicherungssysteme in Kroatien und in Slowenien.
„Bei der Sberbank Europe AG und ihren Tochtergesellschaften kam es zu erheblichen Abflüssen von Einlagen infolge der Auswirkungen der geopolitischen Spannungen auf ihre Reputation“, erklärten die Bankenwächter der Europäischen Zentralbank (EZB). Dadurch habe sich ihre Liquiditätslage verschlechtert. Es gebe keine realistischen Aussichten mehr, dass sich dies beheben lasse. Die EU-Behörde zur Abwicklung maroder Banken in der EU, das in Brüssel ansässige Single Resolution Board (SRB), bestätigte die Einstufung der Bankenaufsicht. Das SRB entscheidet nun über die nächsten Schritte.
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