Kongress / „Sandkorn im Getriebe des Kapitalismus“: „déi Lénk“ verpasst sich grünen Anstrich
Die Corona-Pandemie, der Klimawandel und die Wohnungsbaupolitik haben den Kongress von „déi Lénk“ thematisch dominiert. Die Linken-Abgeordnete Nathalie Oberweis kritisierte unterdessen die Koalitionsräson der Mehrheitsparteien: „Ich habe das Gefühl, wir sind nur Teil der Dekoration.“
Gary Diderich, Sprecher von „déi Lénk“, legte in seiner Rede, in der er den Bericht der Nationalkoordination vorlegte, den Grundton für die anstehenden Debatten auf dem 18. Kongress der Linken. „Es ist die Arroganz und Abgehobenheit von Blau-Rot-Grün, die das Vertrauen in die Politik abnehmen lässt“, sagte Gary Diderich. „Das Vertrauen der Menschen ist der Treibstoff der Demokratie.“ Unter dem Motto „Mobiliser pour une alternative éco-socialiste“ war die thematische Marschrichtung schon im Voraus festgelegt.
Der Klimawandel spielte im Kritik-Orchester von den Linken somit wenig überraschend die erste Geige, auf dem zweiten Stuhl saß gut hörbar die Verurteilung des kapitalistischen Systems. Die Machtpolitik der Gambia-Regierung sorgte für die nötige Begleitatmosphäre, sodass aus dem Ausbildungs- und Seminarzentrum der Arbeitnehmerkammer (Cefos) in Remich eine Symphonie erklang, die unter dem Taktgeber der Corona-Pandemie mit dem Titel „Öko-Sozialismus in c-Moll“ zusammengefasst werden kann. Moll, weil die militante Stimmung durch einen Mangel an gesellschaftlicher Mobilisierung dann doch etwas getrübt wurde, wie mehrere Redner auf dem Kongress anmerkten.
Die Pandemie habe die Menschen in prekären Arbeitsbedingungen stärker getroffen als den Rest der Gesellschaft, sagte Gary Diderich. „Wenn ich den Umgang mit der Covid-Krise auf den Umgang mit der Klimakrise extrapoliere, graut es mir“, so Diderich. Auch hier würde es wieder vor allem die Vulnerabelsten und die Ärmsten treffen. Die Gesellschaft in der derzeitigen Form sei nicht resilient genug, um die kommenden Herausforderungen des Klimawandels zu überstehen. Die vier liberalen Parteien würden daran festhalten, den Ressourcenverbrauch zu verteuern, anstelle ihn zu unterbinden. „Es liegt in unserer Hand, dass Luxemburg ein Sandkorn im Getriebe des Kapitalismus und ein Samenkorn großer ökologischer und sozialer Transformationen wird.“
Idealismus vs. Realismus
David Wagner und Nathalie Oberweis zogen stellvertretend für die Abgeordneten von „déi Lénk“ ein Fazit unter die bisherige Legislaturperiode. Kein gutes Haar ließen die beiden an den Mehrheitsparteien. „Ich habe das Gefühl, wir sind nur Teil der Dekoration“, sagte Nathalie Oberweis über den Unwillen der Mehrheitsparteien, über Anregungen und Fragen der Linken-Abgeordneten zu diskutieren. „Es ist die selbstzufriedene Art der Mehrheit, die nicht nur nervt, sondern auch Fragen zum Demokratieverständnis aufwirft.“ Man brauche auch endlich Instrumente, die der derzeitigen Wohnungsbaukrise gerecht werden – vor allem aber brauche es den politischen Willen. „Leer stehende Wohnungen und brach liegendes Bauland muss konsequent besteuert werden.“
Beide Linken-Abgeordnete kritisierten zudem die Entscheidung der Regierung, Millionen in die Aufrüstung der heimischen Armee zu stecken. „In Mosambik sollen wir jetzt helfen, die ökonomischen Interessen von Erdgaskonzernen zu sichern“, sagte Oberweis. Ganz unverhohlen habe Minister Bausch im Juni im Chamber-Plenum zugegeben, dass es „natürlich um Rohstoffe“ gehe. „Anstelle Millionen in die Aufrüstung unserer Armee zu stecken, um im Ausland die Interessen multinationaler Konzerne zu sichern, sollten wir bei der Gewerbeaufsicht ITM eine Armee aufbauen“, sagte David Wagner. Auch Gary Diderich bemängelte, dass das Militärbudget seit 2020 größer sei als das der Entwicklungshilfe.
„Die Regierung ist eine Regierung ohne Visionen“, resümierte Nathalie Oberweis ihre Eindrücke der bisherigen Monate im Parlament. Nathalie Oberweis und Myriam Cecchetti sind nach dem Rotationsprinzip von „déi Lénk“ im Mai 2021 für Marc Baum und David Wagner in die Chamber nachgerückt.
Bei den abzustimmenden Resolutionen und Motionen stießen zeitweilig Realismus und Idealismus in den Reihen der Linken-Sympathisanten aufeinander. Für eine größere Debatte sorgte die Motion vom Escher Linken-Politiker Samuel Baum, der das Rotationsprinzip der Linken-Partei in der derzeitigen Form infrage stellte und die Nationalkoordination, das Führungsgremium der Partei, mit einer inhaltlichen Auseinandersetzung desselben aufforderte. „Ich will nur, dass das Rotationsprinzip von ,déi Lénk‘ diskutiert wird“, sagte Samuel Baum. Gegner der Motion sahen durch den Vorstoß von Baum unter anderem ein grundlegendes Prinzip der politischen Bewegung der Linken infrage gestellt. Letzten Endes entschied sich die Mehrheit der Kongressteilnehmer, die Motion doch anzunehmen.
In die neue Nationalkoordination wurden 25 Mitglieder gewählt, jeder Freiwillige erhielt die dafür nötige Stimmenanzahl. Mit Nathalie Oberweis, Myriam Cecchetti, David Wagner und Marc Baum sind die Linken-Abgeordnete der laufenden Legislaturperiode ebenso vertreten wie die bisherigen Sprecher von „déi Lénk“ Carole Thoma und Gary Diderich.
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„Déi radikal Instrumenter, déi se an der Covid-Kriis gebraucht hätt, bräichte mer och am Normalen, an der Klimapolitik, an där fir de Logement och“. Ich finde den Vergleich Pandemie mit der Klimakrise unsinnig. Also werden sie doch bitte radikal etwas genauer. Etwa wieder ein Ausnahmezustand, Einschränkungen der Handlungsfreiheit für die Bürger, Ausgangssperren, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und Versammlungsrecht usw… also ich möchte nicht in einer linken weisen Ökodiktatur leben. Die Menschheit hat jeher ganz schlechte Erfahrungen mit Diktaturen gemacht. Aber es gibt doch die CO2 Steuer. Damit könnte die Politik doch effektiv das Verhalten von Konzernen und Bürgern lenken und verändern.
Gudden Mëtten,
ech fannen schon dass eis Regierung Visiounen huet. Mee leider dei an mengen Aen falsch. Dei kommen eis deier ze stoen an ennergruewen den Wëllen vum Vollek.
Allerdings hapert et massiv beim Emsetzen. Außer den Staatsapparat nach kenschtlech op ze blosen andeems se weider Leit placeieren dei irreversibel op denen Gehälter hänken an weider Steiergelder verschlengen könnt do neischt.
Mat frendlechen Gréiss
Paul Moutschen