Das weiße Zelt / Sanierungsarbeiten auf früherem Industriegelände in der Pulvermühle haben begonnen
In der Pulvermühle auf dem früheren Industriegelände nahe der Alzette wurde 2015 das Projekt neues Wohnviertel ins Leben gerufen. Der Boden muss wegen Verunreinigungen allerdings saniert werden. Diese Arbeiten haben kürzlich begonnen.
Der eine oder andere Autofahrer, der über den boulevard d’Avranches fährt, mag es für ein Festzelt – ganz im Sinne der kommenden Feiertage – halten. Doch die weiße Plane auf dem Areal der früheren Wäscherei „Express nettoyage à sec“ nahe der Alzette und der rue de Pulvermühl zeigt, dass die Bodensanierungsarbeiten auf der Industriebrache in die letzte Phase gegangen sind.
Auf dem ehemaligen, rund zwei Hektar großen Industriegelände, wo sich früher unter anderem die Firma Secalt befand, wird ein neues Viertel mit 210 Wohneinheiten entstehen. Bevor aber die Bauarbeiten beginnen können, muss der Boden entsorgt werden.
Schutz vor Schadstoffen
Im Sommer begannen die Vorarbeiten zum Aufrichten des Zeltes über der Sanierungsfläche. Es soll die Umgebung vor Schadstoffen schützen. Die belastete Luft im Innern wird von zwei Aktivkohlefiltern gereinigt, wovon einer in Reserve ist: Muss der eine wegen Auslastung ausgewechselt werden, springt der zweite ein. Die Lkws, die den Boden abtransportieren, müssen bei der Ein- und Ausfahrt durch eine Luftschleuse. Suez hat vor kurzem ein Rundschreiben an die Anwohner mit Informationen zu den Arbeiten und Telefonnummern verteilt, falls ein Notfall eintreten sollte.
War das anliegende Gelände der Firma Secalt vor allem mit Öl und Benzin bis zu zwei Meter Tiefe verschmutzt, sieht die Sache auf dem Areal der früheren Wäscherei komplizierter aus. Die damals benutzten Reinigungsmittel, hauptsächlich Perchlorethylen, können bis zu acht Meter in den Boden gedrungen sein – und bis in die Tiefe wird jetzt der Boden abgetragen.
Chemisches „Wundermittel“
Perchlorethylen wurde vor allem bei der chemischen Reinigung eingesetzt. In den 1950er-Jahren galt es als Wundermittel, da man damit ohne Wasser waschen konnte. Das Problem ist, dass nun Dämpfe der Substanz aus dem Boden eventuell in die Häuser darüber aufsteigen und die Leute dadurch krank werden könnten.
Vor ein paar Jahren, in der Planungsphase des Projekts, sei noch eine andere Methode der Bodensanierung im Gespräch gewesen, berichtet Sophie Capus, Leiterin der Abteilung Strategien und Konzepte im Umweltministerium. Hierbei wären Chemikalien in den Boden gepumpt worden; diese und das Perchlorethylen hätten sich dann gegenseitig neutralisiert. Der Vorteil: Der Boden hätte nicht abtransportiert zu werden.
Zwei Fliegen mit einer Klappe
Man habe auch bereits Tests mit diesem In-situ-Verfahren durchgeführt, die positive Resultate ergeben hätten, sagt Capus. Der Nachteil bei diesem Verfahren angewandt wird, ist Sache des Bauherrn. In diesem Fall handelt es sich um die belgische Firma Immobel. Diese erklärte dem Tageblatt, man habe sich in der Tat aus Zeitgründen gegen das In-situ-Verfahren entschieden.
Es kann aber sein, dass der Bauherr mit dem Ausgraben – der Boden wird ja immerhin bis zu acht Meter tief ausgehoben – zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen wollte: Immerhin muss er ja auch graben, um die Garagen einzurichten. Das gesamte Areal soll später, wenn es bebaut ist, eine autofreie Zone sein. Vorgesehen ist eine Tiefgarage, mit einem Stellplatz pro Wohnung.
Bodensanierung im Ausland
Läuft alles nach Plan, soll der Boden bis Ende April abgetragen sein, teilt die mit den Arbeiten beauftragte Firma Suez mit. Insgesamt würden aktuellen Schätzungen zufolge 25.000 Kubikmeter Boden abgetragen. Zwischen 15 und 20 Lkws würden täglich das Areal in Richtung Belgien zu den zwei Aufbereitungsstandorten der Firma in Grimbergen und Auvelais verlassen.
Anlagen, um kontaminierten Boden aufzubereiten, gibt es in Luxemburg nicht. Das sei wirtschaftlich nicht sinnvoll, meint Capus auf Nachfrage. Hin und wieder würden Privatfirmen Interesse zeigen. Doch sobald man sie darüber informiert habe, wie viele verschiedene Arten von Böden zu bearbeiten sind, seien sie nicht mehr interessiert, sagt Capus. Luxemburg sei einfach zu klein: Es gebe nicht die kritische Masse, als dass eine solche Anlage rentieren würde.
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