Huawei / Sanktionen haben das Geschäft verändert - Gespräch mit BeLux-Chef Victor Qian
Vor drei Jahren war der Name Huawei im Fokus der Öffentlichkeit. Der Konzern war dabei, den Weltmarkt aufzumischen. Mehr als jedes zehnte in Luxemburg verkaufte Smartphone stammte damals von dieser Firma. Dann jedoch kamen die Maßnahmen von US-Präsident Donald Trump. Eine Zeit lang wurde es still um den Konzern. Neu aufgestellt, meldet er sich nun zurück.
Huawei ist eine noch relativ junge Unternehmensgruppe. Vor gerade mal 34 Jahren wurde sie in Shenzhen (China) gegründet. Spezialisiert ist Huawei auf die Entwicklung und die Herstellung von unterschiedlichsten Geräten im Bereich der Telekommunikationstechnik. Gewachsen ist der Konzern sehr schnell. Weltweit zählt er fast 200.000 Mitarbeiter. Als besonders weit fortgeschritten gilt er im Bereich der 5G-Netztechnik. Zu Beginn des Jahres 2020 galt er als größter Smartphone-Hersteller der Welt, noch vor Samsung und Apple.
Gespürt hat der Riesenkonzern dann jedoch die Einschränkungen und Zulieferverbote, die Ex-US-Präsident Donald Trump, unter anderem aus Angst vor Cyber-Spionage, gegen das chinesische Unternehmen erlassen hat. Der Umsatz von Huawei ist 2021 deutlich zurückgegangen, von über 136 Milliarden Dollar auf unter 100 Milliarden.
Huaweis Marktanteil an weltweit verkauften Smartphones ist deutlich eingebrochen. Selbst im Heimatmarkt hat der Konzern, wegen Sanktionen auf der benötigten Art Chips, heftig Federn lassen müssen. In vielen Ländern wurde der Konzern zudem vom Bau der 5G-Netze ausgeschlossen.
Die gleichen Trends konnten auch in Luxemburg beobachtet werden: Das letzte Mal, als das Tageblatt ein Gespräch mit einem Huawei-Direktor führte, war Anfang 2019. In dem damaligen Gespräch berichtete ein Mitglied der Geschäftsführung noch von großen Plänen. So wolle man beispielsweise in Luxemburg einen Marktanteil von 20 Prozent bei Smartphones erreichen. Die Zahlen schienen damals in Reichweite.
Alles kam anders als erwartet
Doch wie in der Welt, so kam es auch in Luxemburg anders. Heute habe man nur noch einen „einstelligen Marktanteil“ beim Verkauf von Smartphones, so BeLux-Chef Victor Qian letzte Woche im Gespräch mit dem Tageblatt. Auch vom Bau des 5G-Netzes wurde der Konzern, der seit 2009 hierzulande vertreten ist, ausgeschlossen.
Für den Telekom-Ausrüster muss es eine schwere Zeit gewesen sein: Auch in Luxemburg habe man sich von einigen Mitarbeitern trennen müssen, so Qian. Aktuell beschäftigt Huawei in BeLux (Belgien und Luxemburg) rund 200 Mitarbeiter, davon etwa 30 im Großherzogtum. Vor drei Jahren waren es rund 40.
Doch der Konzern hat sich neu gefunden. „Andere Firmen wären bei solchen Sanktionen längst zusammengebrochen“, so Victor Qian. Nicht jedoch Huawei. Nach den Sanktionen habe man die „Strategie anpassen“ müssen. Während die Verkäufe von Smartphones einbrachen, habe man andere Produkte entwickelt und sei jetzt in diesen Bereichen am Wachsen. Dazu zählen beispielsweise Smartwatches, Kopfhörer, smarte Fernseher mit Sprachsteuerung und Laptops. „Wir gehen in neue Sektoren, entwickeln neue Produkte“, so Qian. Besonders in China hätten sich die Verkäufe gut entwickelt.
Auch „grüne Energie“ sei ein wichtiges Thema für die Gruppe, so der BeLux-Chef weiter. Es brauche Stromwandler, Energiespeicher für zu Hause und Ladegeräte für Elektroautos. Für Datenzentren habe man ein System entwickelt, das eine effizientere Kühlung der Geräte (was den meisten Stromverbrauch verursacht) anbietet.
Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen
Daneben sei auch der Bereich „cloud“ dabei, sehr schnell zu wachsen. „Wir helfen den Ländern beim Aufbau der eigenen Infrastruktur“, so der Manager. Meist tue man das zusammen mit Partnerfirmen aus den betreffenden Ländern. Betreiber der Cloud seien dann nationale Gesellschaften. Huawei betreibe die Cloud nicht selber, sondern ermögliche sie. Eine Diversifizierung der Anbieter sei wichtig, unterstreicht er. Wie auch bei Chips.
In Luxemburg ist Huawei derzeit vor allem im Geschäftsbereich ICT aktiv, sagt er weiter. Gemeinsam mit eingesessenen Partnerunternehmen helfe man Luxemburger Firmen, Schulen und Krankenhäusern, die Digitalisierung voranzubringen. „Überall, wo jemand Konnektivität braucht“, so Qian. „Eigentlich unser traditionelles Geschäft.“ Bei der diesjährigen ICT-Spring-Konferenz auf Kirchberg tritt das Unternehmen als Sponsor auf. „In Luxemburg gibt es viele spannende Start-ups“, so Victor Qian. „Und wir wollen auch dort unseren Beitrag leisten. (…) Wir helfen Luxemburger Firmen bei ihrer Expansion nach Asien, und helfen chinesischen Firmen, die nach Luxemburg kommen wollen.“
Man hoffe aber auch weiterhin, dass die Maßnahmen gegen das Unternehmen „zeitlich begrenzt“ sind, so Qian. Immerhin habe die Geschichte gezeigt, dass „offene Länder“ die sind, die am produktivsten sind, hebt er hervor. Auch als Unternehmen versuche man immer, so offen wie möglich zu sein und von den Besten zu lernen.
Doch so oder so, Huawei suche immer nach Wegen, um das ganze Geschäft nachhaltig aufzustellen, sagt er weiter. Man habe eigene Lieferketten mit verschiedenen Transportwegen errichtet, wie auch eigene Versorgungszentren. „Wir wollen die Kontinuität der Geschäfte sicherstellen. Wir planen da für jegliche mögliche extreme Situationen“, so Qian. „Für Erdbeben, Tsunamis, Schiffe, die im Suezkanal hängenbleiben … für jede Art von Lieferkettenschwierigkeiten.“ Man habe bereits vor zehn Jahren damit begonnen. „Wir denken langfristig. Wir schauen uns auch die Zulieferer unserer Zulieferer an. Wir müssen sicherstellen, dass wir in allen extremen Situationen überleben können.“
Die Kontinuität der Geschäfte sicherstellen
Zudem halte das Unternehmen die Zukunft im Blick, sagt er weiter. „Wir betreiben sehr viel Forschung und Entwicklung.“ Im Jahr 2021 sei man in Europa, wo das Unternehmen seit mehr als 20 Jahren präsent ist, beispielsweise die Nummer eins – bei erteilten Patenten – gewesen.
Mittlerweile hat sich das Unternehmen neu aufgestellt und schaut wieder mit Zuversicht in die Zukunft, so seine Botschaft. Man sei nun auch in Luxemburg wieder am Einstellen. „Wir suchen nun aber nach anderen Fachkenntnissen“ als die, die man braucht, um ein 5G-Netz aufzubauen. Ihre Büros hierzulande hat die Gesellschaft in einem modernen Gebäude auf Kirchberg. Auch Amazon hat Büros im gleichen Gebäude.
Weiter erklärt er, dass der gesamte Konzern den Mitarbeitern gehöre. Etwa 120.000 der rund 170.000 Angestellten sind Besitzer von 86,5 Prozent der Aktien am Konzern. Rentner halten weitere 12,6 Prozent und der Gründer noch gerade mal 0,9 Prozent. Unter anderem diese Struktur führe dazu, dass „wir sehr langfristig denken“.
Victor Qian arbeitet seit 17 Jahren für den Konzern. Angefangen hatte er als Ingenieur. Seit Dezember 2021 ist er zuständig für Belgien und Luxemburg. Zuvor war er Länderchef in Spanien, vorher unter anderem in Thailand. Es sei Teil der Firmenphilosophie, alle drei bis fünf Jahre zu wechseln, sagt er. Das ermögliche es, die besten Erfahrungen und die besten Verfahrensweisen in alle Länder zu bringen.
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