Covid-Tests in drei Schulen / „Santé“ lässt Schifflinger Bürgermeister im Zahlensalat sitzen
Drei Stunden nach der „Rentrée“ hat der Schifflinger Bürgermeister Paul Weimerskirch noch keine offiziellen Zahlen von der „Santé“ zum Istzustand in seinen Schulen bekommen. Am Nachmittag erfährt er, dass insgesamt 19 Schüler positiv getestet wurden. Die „Santé“ versucht das kommunikative Missgeschick zu erklären.
Auf die Tageblatt-Frage, ob die „Rentrée“ am Mittwoch denn nun gut verlaufen sei, sagt Schifflingens Bürgermeister Paul Weimerskirch (CSV) sichtlich genervt, dass er nur wisse, dass sie stattgefunden hat. Da der Schulservice ihn noch nicht kontaktiert habe, gehe er davon aus, dass es keine Unregelmäßigkeiten gab. Das war am Mittwochmorgen gegen 11 Uhr. Drei Stunden zuvor fand in den drei Schifflinger Grundschulen die um zwei Tage verspätete „Rentrée“ statt. Der Bürgermeister versteht nicht, wieso er immer noch keine offizielle Mitteilung von der „Santé“ bekommen hat, um ihn über die Resultate der Tests aufzuklären. Am Nachmittag, gegen 15 Uhr, wird Weimerskirch dann endlich von Sandra Sidon aus der „Santé“-Direktion kontaktiert. Sie ist zuständig für den Kontakt mit den Gemeinden. Laut Monique Putz, Pressesprecherin des Gesundheitsministeriums, habe Sidon bereits am Dienstagabend mit dem Bürgermeister telefoniert. Dort soll sie laut Aussage der „Santé“ dem Bürgermeister angekündigt haben, dass sie ihn noch mal am Mittwoch kontaktieren würde, um ihm die offiziellen Zahlen mitzuteilen.
Von den knapp tausend Tests am Montag waren 19 positiv, so die „Santé“ gegenüber dem Tageblatt. Bei allen Fällen habe es sich um Schüler gehandelt. Davon seien fünf „faiblement positifs“. Diese müssten in den kommenden Tagen nachgetestet werden, um zu sehen, ob sie am Anfang oder am Ende einer Infektion waren. Die „Santé“-Sprecherin versichert, dass alle Eltern, sobald ein positives Resultat ermittelt werden konnte, sofort von der „Inspection sanitaire“ darüber informiert wurden. Am Mittwochmorgen wussten demnach alle Bescheid. Nur der Bürgermeister nicht.
Am Montag war die ganze Schulbevölkerung der Gemeinde von den mobilen Teams des LNS in den drei Schulen auf Covid-19 durchgetestet worden. Der Grund waren Cluster und Infektionsketten, die sich in den Wochen vor den Karnevalsferien in Schifflingen ausgebreitet hatten. In einem Wort-Artikel über die Situation in Schifflingen waren Begriffe wie „Buschtelefon“ und „Gerüchteküche“ gefallen, um die schlechte Kommunikation zwischen der Gemeinde und der „Santé“ zu beschreiben. Das Wort „Buschtelefon“ habe er selber nicht in den Mund genommen, sagt Weimerskirch gegenüber dem Tageblatt. Den Begriff habe der Autor des Artikels benutzt. Dennoch finde er Gefallen an dem Ausdruck.
Dass die Gerüchteküche brodelte, kann der Bürgermeister bestätigen. Als der Wort-Journalist ihn am Dienstag gegen 16.30 Uhr kontaktierte, war noch gar nichts zu den Resultaten bekannt, moniert er. Der Journalist habe ihn angerufen, weil verschiedene Gerüchte über die Schulen in Schifflingen die Runde machten. Weimerskirch erklärt, dass Eltern im Laufe des Dienstags nach und nach von der Gesundheitsinspektion angerufen wurden und mitgeteilt bekamen, dass ihr Kind positiv getestet wurde. Dann fragten diese Eltern die Nachbarn, ob ihr Kind ebenfalls positiv getestet wurde usw. „Und dann geht das Buschtelefon los“, sagt er. „Dort ist also gestern die Gerüchteküche heißgelaufen. Die Schule wird zugemacht, alle müssen in Quarantäne, alles war dabei.“
Buschtelefon und Gerüchteküche
Weimerskirch kann nicht verstehen, dass er drei Stunden nach Schulanfang immer noch keine verlässlichen Zahlen hat. Er habe zwar aus verschiedenen Quellen Zahlen bekommen, doch diese stünden sich diametral gegenüber. Da er kein verbindliches Zahlenmaterial habe, könne er nicht sagen, wie nun die Situation in den Schulen sei. „Ich bedauere das. Ich bin immer für Transparenz, dann wird nicht spekuliert.“
Sobald wir die Resultate evaluiert haben, wollten wir Schifflingen auf dem Laufenden halten. Wir können auch nicht über etwas kommunizieren, was wir noch nicht haben.Pressesprecherin Gesundheitsministerium
Was sagt die „Santé“ dazu? Ausgerechnet am Dienstag, also am Tag des Buschtelefons und der Gerüchteküche, habe Gesundheitsministerin Paulette Lenert, so die Pressesprecherin, den Wunsch geäußert, die Beziehungen mit den Gemeinden zu stärken. Sie habe explizit gesagt, dass sie sich eine bessere Kommunikation mit den Gemeinden wünsche, um die Situation zu verbessern. Das Team des Contact Tracing habe laut Putz im Laufe des Dienstags enge Kontakte zu Schifflingen gehabt. „Es ist sicher nicht unsere Absicht, keine gute Beziehung zu den Gemeinden zu haben“, sagt sie. Zu der Tatsache, dass der Bürgermeister erst sehr spät verlässliche Zahlen bekam, sagt Putz: „Sobald wir die Resultate evaluiert haben, wollten wir Schifflingen auf dem Laufenden halten. Wir können auch nicht über etwas kommunizieren, was wir noch nicht haben.“
Nachdem Putz Rücksprache mit ihrem Ministerium hatte, sagt sie, dass die Priorität stets darauf liege, die Eltern der positiven Kinder zu kontaktieren. Zwischen vielen Besprechungen habe die für den Kontakt mit den Gemeinden zuständige Sandra Sidon wohl bis zum Nachmittag nicht die Zeit gehabt, dem Bürgermeister die offiziellen Zahlen mitzuteilen.
Wir können ja nicht zu den Kindern gehen und sagen, ihr dürft nicht in die Schule gehen, wenn ihr nicht getestet wurdet. Hier zählt ja auch der Datenschutz.Bürgermeister von Schifflingen
Weimerskirch erklärt das Problem anhand einer anderen Vorgehensweise der „Santé“, welche seiner Meinung nach in die gleiche Richtung geht: „Wird ein Kind positiv getestet, dann wird die Klasse in eine ,mise à l’écart‘ gesetzt. Sind zwei Kinder positiv, wird die Klasse in Quarantäne gesetzt. Die Entscheidung, ob die Klasse in Quarantäne gesetzt wird, kommt von der ‚Santé‘. Diese führt eine Datei. Wenn ein Lehrer beispielsweise zwei positive Fälle aus einer Klasse meldet, dann sagt die ‚Santé‘: Stimmt nicht, wir haben nur einen Schüler in der Datei stehen, also geht die Klasse nicht in Quarantäne.“ Die „Santé“ habe ein spezielles System, wo erfasst wird, wer positiv ist und wer nicht. Und wenn ein Fall nicht in der Datei stehe, dann sei der Fakt nicht gegeben, eine Klasse in Quarantäne zu setzen. Nach diesem Schema sei auch die Situation in Schifflingen angegangen worden, sagt er.
Eine utopische Geschichte
Der Schifflinger Bürgermeister weiß nicht, wie viele Kinder sich nicht haben testen lassen. Er habe zwar Zahlen darüber, wie viele am Montag getestet wurden. Auch könne er diese in Bezug zu der Gesamtschülerzahl stellen. Doch der Vergleich sei dennoch ungenau, da in den vergangenen Wochen etwa 40 bis 50 Schüler positiv getestet wurden und sich ein weiterer Test bei diesen Kindern erübrige. „Bei den Zahlen befinden wir uns deshalb in einem hochspekulativen Bereich.“ Die Aussage des Virologen Claude Muller in einem Tageblatt-Artikel am Mittwoch kann Weimerskirch nicht ganz nachvollziehen. Muller hatte gesagt, dass es nicht in Ordnung sei, dass nicht-getestete Kinder in die Schule gehen dürften. „Wir können ja nicht zu den Kindern gehen und sagen, ihr dürft nicht in die Schule gehen, wenn ihr nicht getestet wurdet. Hier zählt ja auch der Datenschutz“, sagt Weimerskirch. Dass Muller dies unter einem rein epidemiologischen Gesichtspunkt gesagt hat, kann der Bürgermeister allerdings nachvollziehen. „Aber wir lassen hier unsere Kinder testen und andere Gemeinden testen ihre Kinder nicht. Dort gehen demnach viel mehr Kinder mit einem Restrisiko in die Schule.“
Wir haben festgelegt, dass wir uns intern so organisieren, dass sich die Kinder nicht vermischen sollen. Es ist aber ein wenig eine utopische Geschichte.Bürgermeister von Schifflingen
Trotz unbekannter Zahlen habe sich die Gemeinde mit der Regionaldirektion am Dienstag zusammengesetzt. „Wir haben festgelegt, dass wir uns intern so organisieren, dass sich die Kinder nicht vermischen sollen. Es ist aber ein wenig eine utopische Geschichte“, sagt Weimerskirch. Man bekomme es nun so hin, dass die Kinder sich in den Schulgebäuden nicht vermischen. Am Dienstagnachmittag sei er durch Schifflingen spaziert und habe gesehen, wie Kinder sich auf den Spielplätzen trafen. „Wir können die Kinder ja nicht einsperren.“ Man habe sich nun so organisiert, dass in der „Maison relais“ eine Klasse-zu-Klasse-Betreuung stattfinden werde. Demnach sollen die 350 bis 400 Kinder, die von der „Maison relais“ betreut werden, sich nicht vermischen. Die Schüler bleiben in ihren Klassen. „Das ist ein immenser Aufwand an Organisation und Manpower, die dort gebraucht wird.“
Dieses Konzept habe man schon im Laufe der Ferien mit der Regionaldirektion und der „Maison relais“ organisiert, sodass ab Montag alles bereit gewesen wäre, um es so durchzuführen, sagt der Bürgermeister. Dieses Konzept wurde demnach am Mittwoch gestartet und wird für die nächsten Tage erst mal so umgesetzt, da man jetzt aufgrund fehlender Zahlen noch nicht wisse, wo man dran sei. Weimerskirch stellt sich aber die Frage, was mit den anderen 700 bis 750 Kindern ist, die nicht unter strikter Trennung in die „Maison relais“ gehen. „Was tun die am Nachmittag?“ Die Sportaktivitäten waren annulliert worden. Nun werde man mit der „Santé“ erörtern, wie man dies handhaben sollte.
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