Typisierung / Hilfsbereite spenden in Schifflingen 816 mal neue Hoffnung
Rizo Agovic (35) braucht dringend einen passenden Stammzellenspender. Seine Familie, die Gemeinde Schifflingen und die Vereinigung „Don de moelle du Luxembourg“ hatten auf Facebook dazu aufgerufen, sich am Samstag im Rathaus registrieren zu lassen. Der Andrang war groß: Insgesamt 816 potenzielle Spender konnten in die weltweite Datenbank aufgenommen werden. Ob Rizos genetischer Zwilling unter ihnen ist, wird sich erst in gut zwei Monaten herausstellen.
Vor dem Schifflinger Rathaus hat sich am Samstagmorgen eine lange Menschenschlange gebildet: vom Saal „Grand-Duc Jean“ im dritten Stock des Gebäudes, durch das gesamte Treppenhaus bis raus auf den Gemeindeplatz. Freiwillige verteilen Kaffee und Kuchen. Frauen und Männer verschiedener Altersklassen, die meisten von ihnen zwischen 18 und 40 Jahre alt, warten geduldig darauf, dass sie an die Reihe kommen. Sie sind alle gekommen, um Rizo zu helfen.
Vor knapp zwei Monaten hat der junge Vater die Diagnose erhalten: akute Leukämie. Anzeichen für Rizos Krankheit gab es keine. „Er war sehr sportlich und ist im November noch gejoggt“, sagt seine Frau Enisa Musovic-Agovic. Nachdem er einen hartnäckigen Husten hatte und etwas blass war, riet sie ihm, noch zum Arzt zu gehen, bevor das Paar mit seinen beiden Kindern in den Urlaub fahren wollte. Die Blutanalyse zeigte kranke Zellen auf, ein paar Tests am Tag darauf bestätigten die Diagnose. Noch am selben Abend begann Rizo mit der ersten Chemotherapie.
Erfolgreicher Facebook-Aufruf
„Es kann so schnell gehen. Am morgen denkt man noch, man ist gesund und am Abend ist alles anders“, sagt Enisa. Es sei reiner Zufall, wer betroffen ist – genetische Veranlagungen gab es in Rizos Familie jedenfalls keine. Einen potenziellen Stammzellenspender leider auch nicht.
Als klar war, dass von ihnen keiner als Spender infrage kommt, startete die Familie einen Aufruf auf Facebook – gleich in vier verschiedenen Sprachen: Luxemburgisch, Französisch, Englisch und in Rizos Muttersprache Serbokroatisch. Bereits hierauf gibt es eine große Resonanz. Alleine Enisas Beitrag wird über 2.000 Mal geteilt. Als die Familie sich mit der Gemeinde und der Vereinigung „Don de moelle“ zusammentut, gehen die Zahlen durch die Decke. 19.000 Mal wird der Flyer mit den Angaben zur Veranstaltung am 8. Februar auf Facebook aufgerufen.
„Das Wichtigste war, dass Rizo seinen Namen preisgegeben hat“, sagt seine Frau. Anonyme Hilferufe würden die Menschen nicht berühren. In Schifflingen kennen viele Rizo und seine Familie, nicht zuletzt, weil der junge Mann Mitglied im Gemeinderat ist. Auch der Schifflinger Bürgermeister Paul Weimerskirch ist der Überzeugung, dass der Erfolg der Aktion dem Umstand geschuldet ist, dass Rizo seinen Namen öffentlich gemacht hat.
Aus dem Norden angefahren
Am Samstag sind auch viele gekommen, die Rizo nicht persönlich kennen. Josipa und Patricia sind sogar aus dem Norden des Landes angefahren, um sich registrieren zu lassen. Sie sind gerade dabei, sich mit einem Orangensaft und einem Stück Kuchen, das von Freiwilligen gebacken wurde, zu stärken. Die Blutabnahme ging schnell.
Josipa (25) hat den Aufruf auf Facebook gesehen und prompt entschieden, von Ettelbrück nach Schifflingen zu fahren. „Wer Gutes gibt, bekommt Gutes zurück. Und wer weiß, was ich oder jemand, den ich liebe, morgen hat“, sagt sie. Auf Facebook postet Josipa, dass sie hinfährt und eine Mitfahrgelegenheit anbietet. Ihre Freundin Patricia (23) meldet sich. Sie findet es gut, dass die Gemeinde das organisiert. „Die Eigeninitiative, in ein Labor zu gehen, um sich registrieren zu lassen, hat man sonst vielleicht nicht“, sagt sie.
Wer weiß, was ich oder jemand, den ich liebe, morgen hathat sich am Samstag als Stammzellspenderin registrieren lassen
Sieben junge Feuerwehrleute des „CI Schëffleng“ sitzen inzwischen bei den freiwilligen Krankenschwestern und lassen sich Blut entnehmen. „Einer von uns hat das im Zentrum angesprochen und wir haben entschieden, gemeinsam herzukommen“, sagen sie.
Tamara und Tania (beide 28) haben ebenfalls über Facebook von der Aktion erfahren. „Tania hat vorgeschlagen, zu kommen. Ich bin bereits registriert und begleite sie heute“, sagt Tamara. Scott Kuting (24) und Sarah Jacoby (20) waren am Samstagnachmittag eh schon verabredet, um mit ein paar Freunden Musik zu machen. „Sarah hat den Link in unsere Chatgruppe gepostet und vorgeschlagen, davor herzukommen“, sagt der 24-Jährige. Wieso sie gekommen ist? „Weil es keinen Grund gibt, es nicht zu tun“, sagt Sarah entschlossen. Es koste sie schließlich nichts. Und: „Was, wenn ich mich nicht registriere – und ich wäre es gewesen?“
Überwältigende Hilfsbereitschaft
Damit, dass so viele Menschen kommen, hatten Rizo und seine Familie nicht gerechnet. „Die Hilfsbereitschaft ist überwältigend“, sagt Enisa. Als Rizos Mutter das Rathaus betreten hat, habe sie Tränen in den Augen gehabt. Auch Rizo kann es kaum glauben. Er mache sich Sorgen, dass die Menschen zu lange warten müssen, habe er Bürgermeister Weimerskirch geschrieben. „Die Geduld, die die Menschen heute hier aufbringen müssen, muss Rizo für den Kampf gegen die Krankheit aufbringen“, sagt der.
Was aber nun, wenn Josipa, Patricia, Tamara, Tania, Scott, Sarah oder jemand anderes der 816 neu Registrierten sich tatsächlich als Rizos genetischer Zwilling herausstellt? „Derjenige erhält einen Anruf“, erklärt Pia Gorza von der Asbl „Don de moelle“. Bis dahin würden aufgrund administrativer Vorgänge noch zwei Monate vergehen. Dann muss eine weitere Blutanalyse durchgeführt und ein detaillierter Fragebogen ausgefüllt werden. Wenn dann alles passt, übernimmt die Stefan-Morsch-Stiftung aus Deutschland.
Mehr als ein Leben retten
„Es werden weitere Tests durchgeführt, um herauszufinden, ob der Spender gesundheitlich in der Lage ist, seine Stammzellen abzugeben“, sagt Gorza. Ist das der Fall, muss der Spender Medikamente einnehmen, die die Produktion von Stammzellen anregt, sodass diese ins Blut übergehen. Anschließend wird eine Art Dialyse durchgeführt, bei der die Stammzellen aus dem Blut gefiltert werden. „Knochenmarkspunktionen mit Vollnarkose müssen heutzutage nur noch sehr selten durchgeführt werden“, sagt Gorza.
Das wissen viele nicht, weshalb Enisa es wichtig findet, in Schulen darüber aufzuklären. „Wenn man bedenkt, dass man dadurch ein Leben retten kann – nicht nur ein Leben. Auch das der Menschen um den Erkrankten herum“, sagt sie.
Rizo gehe es inzwischen schon ein wenig besser. Die erste Chemotherapie sei nicht einfach gewesen. Alleine deswegen, weil Rizo nicht gesund war, als er damit angefangen hat. „Er kannte die Krankheit und die Behandlung nicht und wusste nicht, was das alles bedeutet“, sagt sie. Inzwischen habe er seine Ruhe gefunden. Rizo weiß, dass er den Weg gehen muss – und hoffentlich ist es der Weg der Genesung.
Noch nicht registriert?
Wer die Aktion in Schifflingen verpasst hat und dennoch helfen will, kann sich in allen Laboratorien des Landes sowie im „Centre hospitalier de Luxembourg“ registrieren lassen. Zusätzlich organisiert der Handball Esch auf Initiative von Dr. Guy Müller in Zusammenarbeit mit der „Asbl Plooschter Projet“ eine weitere Aktion, um Stammzellenspender zu finden. An die Aktion haben sich inzwischen der Basket Esch, Jeunesse und Fola Esch sowie der Escher VBC angeschlossen.
Wann: am Mittwoch, 12. Februar, zwischen 19 und 21 Uhr
Wo: im „Centre omnisports Henri Schmitz“ in Lallingen
Bedingungen: Spendewillige müssen zwischen 18 und 40 Jahre alt sein, mehr als 50 Kilogramm wiegen, gesund sein und die luxemburgische oder deutsche Nationalität besitzen beziehungsweise einen festen Wohnsitz in einem der beiden Länder haben. Frauen dürfen maximal zwei Schwangerschaften (inklusive Fehlgeburten) gehabt haben.
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Jiddereen deen zu Lëtzebuerg wunnt kann sech registréieren
An wei een alter derw een hunn,
Bonjour, kann mol een mir w. e. g erklären weisou hei zu Letzebuerg een nöt dierf meih aal sin weih 40 joer an an Deitschland soll et anscheinend bis 55 joer goen, krut ech göschter erzielt.?????