Nachgefragt / Schließung einer „Crèche“ ist die allerletzte Lösung
In den letzten Wochen war der Gerichtsprozess gegen die ehemalige Leiterin einer „Crèche“ in Bous in den Schlagzeilen. Die Kindertagesstätte war 2017 von höchster Instanz geschlossen worden. Das Tageblatt hat beim zuständigen Dienst nachgefragt, wie das Zulassungsverfahren für die Eröffnung einer Bildungs- und Betreuungseinrichtung aussieht und welche Kontrollen für die Einhaltung der Vorgaben vorgesehen sind.
Ein Entzug des „agrément“ sei immer die allerletzte Lösung, erzählt Fabienne Leukart vom „Service de l’éducation et de l’accueil“ des Ministeriums für Bildung, Kindheit und Jugend. Das sei nicht die Regel. Dem Ministerium sei bewusst, was dies für die Eltern und deren Kinder bedeute, wenn eine Struktur geschlossen wird. Die entsprechenden Gesetze definieren Prozeduren, die in solchen Fällen eingehalten werden müssen, außer wenn sich die Kinder in drohender Gefahr befinden. Dann wird sofort gehandelt. Der Geschäftsführer bekomme ansonsten eine Frist, um sich den Bedingungen anzupassen. Wenn sich nach der Prozedur immer noch nichts geändert hat, wird die Zulassung widerrufen. Seit 2017 wurden 12 „Services d’éducation et d’accueil“ (SEA) die Betriebsgenehmigung entzogen.
Wer in Luxemburg eine „Crèche“ eröffnen möchte, muss zuerst eine Genehmigung beim zuständigen Ministerium beantragen. Bei den SEA gibt es zwei Arten von Zulassungen: einmal für Bildungs- und Betreuungseinrichtungen im Kleinkinderbereich und einmal für schulpflichtige Kinder unter 12 Jahren. Das Ministerium, beziehungsweise der zuständige Dienst, hat verschiedene Möglichkeiten zu überprüfen, ob nach dem Erhalt des „agrément“ weiterhin alle Bedingungen eingehalten werden. Wenn beispielsweise eine Änderung der Zulassung beantragt wird, da sich die Kapazitäten oder das Führungspersonal ändern, werden in dem jeweiligen Bereich erneute Kontrollen durchgeführt.
845 Betriebsgenehmigungen vergeben
Die „Services d’éducation et d’accueil pour enfants“ (SEA) stellen die kollektiven Tagesbetreuungsstrukturen für Kinder bis 12 Jahre dar und umfassen die Einrichtungsformen: „Crèche“, „Foyer de jour“, „Maison relais“ und „Garderie“. Die Einrichtungen sind entweder „konventioniert“, werden von einer Asbl. geführt oder von einer Gemeinde verwaltet, oder sie werden privat betrieben.
Insgesamt zählt das Ministerium momentan 845 Zulassungen. Dies gilt für den gesamten Bereich: Schulkinder- wie Kleinkinderbereich, privatwirtschaftlich geführte wie auch „konventionierte“ Strukturen. Darunter sind 489 private Strukturen: 378 fallen in den Kleinkinderbereich und 111 in den Schulkinderbereich. Der Rest sind „Services d’éducation et d’accueil conventionnés“.
Fabienne Leukart erklärt dem Tageblatt gegenüber, dass im Falle einer Beschwerde die Geschäftsführung nach einer Stellungnahme gefragt bzw. auf das Ministerium vorgeladen werden kann. „Wir haben hier eine ‚cellule réclamations/contrôle’. Dorthin können sich Menschen wenden, wenn sie denken, bei einer Einrichtung stimme etwas nicht“, erklärt Leukart. Die Beanstandungen, die dort eintreffen, seien von ganz unterschiedlicher Natur. Oft müsse Aufklärungsarbeit betrieben werden, da manches nicht klar oder gewusst sei. Deswegen würde nicht jede Beschwerde auch Folgen haben. Oft wird auch an eine andere Stelle weiterorientiert. In Sachen Arbeitsrecht ist etwa die ITM („Inspection du travail et des mines“) zuständig. Im Jahr 2021 sind insgesamt 179 Reklamationen eingegangen, darunter betrafen 123 den SEA-Bereich.
Bedingung der Ehrenhaftigkeit
Bei der Anfrage für die ministerielle Betriebsgenehmigung einer Bildungs- und Betreuungseinrichtung müssen verschiedene Belege hinterlegt werden. Beispielsweise wird geklärt, wer der Betreiber der zukünftigen Kindertagesstätte ist. Dabei wird auch dessen sogenannte Ehrenhaftigkeit kontrolliert und aktuelle Führungszeugnisse müssen vorgelegt werden. Jede Struktur muss einen pädagogischen Verantwortlichen benennen. Dieser muss neben dem Aspekt der Ehrenhaftigkeit das nötige Diplom und Erfahrung vorweisen können.
Zusätzlich wird überprüft, wie die Räumlichkeiten ausgestattet, welche Leistungen vorgesehen und ob diese konform zum Reglement sind. Nötig sind auch Genehmigungen, unter anderem von der ITM („Inspection du travail et des mines“) sowie der Sanitärinspektion. Die zuständige Gemeindeverwaltung muss bezeugen, dass das Projekt mit dem geltenden PAG (Allgemeiner Bebauungsplan) übereinstimmt. Die Feuerwehr muss ebenfalls informiert werden, damit sie weiß, dass sich im Falle eines Notfalls dort eine solche Struktur befindet.
Neben dieser administrativen Kontrolle ist im Rahmen der Zulassung auch eine Begehung des Gebäudes vorgesehen. Die Räume werden überprüft und es wird festgestellt, ob alle obligatorischen Leistungen angeboten werden. Es wird gemessen, ob genügend Fläche vorgesehen ist – innen wie außen. Die Sanitäranlagen werden ebenfalls inspiziert. Erst, wenn alle Fragen erfolgreich geklärt wurden, kann die Betriebsgenehmigung erteilt werden. Die Dauer des Zulassungsverfahrens hängt von der Vollständigkeit der Unterlagen ab. Die gesetzliche Bearbeitungszeit beträgt maximal drei Monate. Diese Frist beginnt erst, wenn das administrative Dossier vollständig ist. Deswegen ist es möglich, dass es bis zum Abschluss von manchen Anträgen bis zu einem Jahr dauert, da immer noch einzelne Elemente fehlen.
Weitere Informationen zu den Zulassungsvoraussetzungen sind unter www.guichet.lu zu finden.
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