Mobbing am Arbeitsplatz / Schluss mit dem Tabu: OGBL fordert rechtlichen Rahmen für Mobbing im öffentlichen Dienst
Ob Lehrer oder Gemeindeangestellte: Bei der Gewerkschaft OGBL melden sich immer mehr Menschen, die über Mobbing am Arbeitsplatz klagen. Aus diesem Grund lanciert der OGBL eine Kampagne für den öffentlichen Dienst – und fordert einen gesetzlichen Rahmen.
Jeden Tag klingle bei der Gewerkschaft das Telefon, sagt der OGBL-Zentralsekretär für den öffentlichen Dienst, Alain Rolling. Am anderen Ende: verzweifelte Mitarbeiter, die über Mobbing am Arbeitsplatz klagen. Sie berichten von Ängsten und Schlafstörungen, wissen nicht mehr weiter. 15 Prozent der Luxemburger sind schon einmal Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz geworden, im öffentlichen Dienst sind es sogar 18 Prozent, beinahe jeder Fünfte. Das komme nicht von ungefähr, sagt Joëlle Damé, Präsidentin des SEW/OGBL. Für Beamte und Angestellte im Staats- und Gemeindedienste gebe es hierzulande keinen gesetzlichen Rahmen für Mobbing am Arbeitsplatz und keine Anlaufstelle für Opfer. „Wir befinden uns in einem Rechtsvakuum“, so Damé.
Im September waren Vorwürfe über das toxische Arbeitsklima in der Gemeindeverwaltung Contern öffentlich geworden. Auch der OGBL prangerte die Zustände an und wendete sich an den Schöffenrat der Gemeinde. In Contern aber zeigt sich ein allgemeines Problem. „Uns sind die Hände gebunden“, sagt Rolling. Die Gewerkschaft bietet Hilfe für Menschen an, die am Arbeitsplatz Mobbing erfahren, sie berät und unterstützt. „Mehr als mit dem Finger Richtung Gemeinden zeigen, können wir oft auch nicht.“ Es fehle der rechtliche Rahmen, so Rolling. Betroffene werden meist an den „Service psychosocial“ (SPS) des öffentlichen Diensts verwiesen. Der leiste zwar wichtige Arbeit in der psychologischen Betreuung, so der OGBL-Zentralsekretär, das reiche aber nicht aus. „Es braucht eine unabhängige Instanz, die sich dem Thema Mobbing annimmt, die Fälle untersuchen, bewerten und entscheiden kann“, sagt Rolling.
Anständige Arbeitsbedingungen
Schöffenräte, so der OGBL-Zentralsekretär weiter, seien mit der Situation und dem Thema überfordert. „Sie sind der Sache nicht gewachsen, auch deshalb muss eine kompetente Instanz geschaffen werden.“ Die Gemeinden im Land wachsen – und mit ihnen die Zahl der Angestellten. Rolling fordert deshalb eine Erweiterung des „congé politique“ für Schöffen. Und noch etwas beunruhigt den Gewerkschafter im Kontext des Arbeitsklimas: „Wir hören, dass Druck und Profitdenken immer stärker werden in den Gemeinden“, so Rolling. Gemeinden seien jedoch keine Betriebe, sie würden nicht profitorientiert operieren, sondern im Dienst der Bürger. Das gehe nur mit anständigen Arbeitsbedingungen.
Solange es keine klaren Kompetenzen gibt, bleibt das große Problem der Angst. Die meisten Mobbingopfer, die sich beim OGBL melden, wollen anonym bleiben. „Die Leute fürchten, dass sie dadurch noch mehr ins Ziel geraten könnten“, sagt SEW-Präsidentin Damé. Mobbing sei noch immer ein Tabuthema, sagt Zentralsekretär Rolling. Gleichzeitig werde das Thema von Chefs und Verantwortlichen oft verharmlost und runtergespielt, so Damé. Aus diesem Grund setzt der OGBL neben seinen rechtlichen Forderungen auf Sensibilisierung und Aufklärung. SEW und Landesverband haben deshalb eine gemeinsame Kampagne lanciert. Auf Social Media, aber auch in klassischer Form von Plakaten und Flyern, die in Schulen und Verwaltungen ausgeteilt werden. Man wolle in den nächsten Wochen außerdem mit allen Parteien sprechen, um sie für das Thema zu sensibilisieren, so die Gewerkschafter.
„Den Leuten muss endlich geholfen werden“, sagt Alain Rolling. Denn Mobbing sei auch einer der Gründe für Absentismus. „Weil viele keinen anderen Ausweg sehen.“
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