Luxemburg / Schlusslicht in Europa? Konjunktur wird durch Rückgang in der Bauwirtschaft getrübt
Statec hat am Donnerstag einen neuen Konjunkturbericht veröffentlicht. Das Papier könnte als „durchwachsen“ beschrieben werden. Einerseits erholt sich die Stimmung bei den Luxemburger Unternehmen, zumindest im Vergleich zum Tiefpunkt im Herbst. Zahlen aus dem Bausektor senden dagegen aber ein grelles Alarmsignal.
Die Stimmung in der Wirtschaft in der Eurozone scheint sich zu bessern – aber in Luxemburg bereitet offenbar vor allem die Immobilienwirtschaft Sorgen. Das berichtet die Statistikbehörde Statec in ihrem monatlichen Konjunkturbericht. Demnach ist die Zahl der Baugenehmigungen in der gesamten EU zurückgegangen, im Großherzogtum aber besonders stark. „Luxemburg gehört zu den Ländern, in denen die Baugenehmigungen 2022 am stärksten zurückgingen, mit einem Rückgang von rund 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr“, schreibt Statec. Zum Vergleich: In den beiden anderen Benelux-Ländern ist der Rückgang um die 15 Prozent stark. „Es ist möglich, dass der Anstieg der Kosten für Bauleistungen die Investitionspläne nach unten gedrückt hat“, analysieren die Statistiker. Darüber hinaus könnte der Anstieg der Bauzinsen die Tätigkeiten beeinträchtigt haben.
Laut Eurostat-Daten ist Luxemburg in Sachen Baugenehmigungen tatsächlich sogar Eurozonen-Schlusslicht, vergleicht man die ersten drei Quartale 2022 mit denen vom Vorjahr in Sachen „Bautätigkeit bezüglich Quadratmeter nützliche Fläche“. Um ganze 28 Prozent schrumpfte der Indexwert des Großherzogtums in diesem Zeitraum. Durchschnittlich waren die Bautätigkeiten in der Eurozone in den ersten drei Quartalen 2022 mit drei Prozent Wachstum im positiven Bereich. Deutschland verzeichnete mit 4,4 Prozent einen weit geringeren Rückgang als Luxemburg, Frankreich konnte seine Tätigkeiten sogar um 7,6 Prozent steigern. Auch im Blick auf die gesamte EU liegt Luxemburg ganz hinten. Für das vierte Quartal lagen noch keine Zahlen bei Eurostat vor – ein Jahresvergleich steht also noch aus.
„Alle befragten Banken in Luxemburg stellten im letzten Quartal 2022 einen Rückgang der Nachfrage nach Immobilienkrediten fest“, schreibt Statec. „Dieser Nachfragerückgang soll mit steigenden Zinssätzen, einem sinkenden Verbrauchervertrauen, geringeren Investitionsabsichten und schlechteren Aussichten auf dem Immobilienmarkt zusammenhängen.“
Laut Statec ist der durchschnittliche feste Zinssatz für Immobilienkredite im Dezember im Jahresvergleich um 2,1 Prozentpunkte gestiegen – auf 3,5 Prozent. Der durchschnittliche Zinssatz für variable Kredite liegt demnach bei 2,6 Prozent. Wenn doch noch ein Baukredit aufgenommen wird, setzten die Hausbauer laut der Behörde offenbar verstärkt auf eben jene Kredite ohne feste Zinsbindung: „Im Dezember 2022 sank der Betrag neuer Immobilienkredite mit festem Zinssatz um 47 Prozent gegenüber einem Rückgang von 3,4 Prozent bei variabel verzinsten Krediten.“
Die Nachfrage nach Krediten ging laut einer Umfrage im letzten Quartal 2022 generell „stark zurück“ und dürfte im ersten Quartal dieses Jahres weiter sinken. Der durchschnittliche Zinssatz für Konsumentenkredite stieg im Jahresvergleich um 1,5 Prozentpunkte auf 4,1 Prozent. Unternehmen mussten im Dezember 2022 für ihre Darlehen 1,1 Prozentpunkte mehr bezahlen als zwölf Monate zuvor – die durchschnittliche Rate für Unternehmenskredite stieg von 1,7 Prozent auf 2,8.
„Etwas aufgehelltes“ Konjunktur-Umfeld in der Eurozone
In der Eurozone hat sich das konjunkturelle Umfeld Ende 2022 und Anfang 2023 „etwas aufgehellt“, schreibt Statec. Für den Jahreswechsel sei eigentlich eine Rezession erwartet worden, diese Aussicht scheint nun „in weite Ferne“ gerückt zu sein und einer „einfachen Verlangsamung“ der wirtschaftlichen Aktivität Platz gemacht zu haben. Laut Statec wurden die Wirtschaftsnachrichten für den Euro-Raum durch „einige positive Überraschungen“ aufgelockert. Das Bruttoinlandsprodukt in der Eurozone sei um 0,1 Prozent gestiegen, obwohl die Analyse der Konjunkturindikatoren einen Rückgang erwarten ließ. Die großen Volkswirtschaften verzeichneten zwar Rückgänge bei der Wirtschaftstätigkeit, aber in kleinerem Ausmaß als befürchtet.
„Trotz des starken Inflationsdrucks scheint sich die Nachfrage der privaten Haushalte gut gehalten zu haben, wahrscheinlich unterstützt durch die gute Verfassung des Arbeitsmarktes“, schreibt Statec. Die Befürchtungen hinsichtlich der Energieversorgung, insbesondere beim Gas, hätten sich zudem dank milder Temperaturen und freiwilliger Senkungen beim Verbrauch deutlich verringert.
Das spiegelt sich auch in der Stimmungslage bei den Luxemburger Unternehmen wider. Deren Vertrauen erreichte im September 2022 einen Tiefpunkt, tendiert seitdem aber zu einer „leichten Erholung“, wie Statec schreibt. Aber, erklären die Statistiker vom Kirchberg: „Der Aufschwung in Luxemburg ist weitaus weniger ausgeprägt als der Aufschwung bei den Unternehmen in der Eurozone.“ Das sei vor allem auf den Dienstleistungssektor (ohne die Finanzwirtschaft) und das Baugewerbe zurückzuführen.
Für das laufende Jahr erwartet Statec eine Erholung bei der Entwicklung der Inflation, vor allem wegen der staatlichen Maßnahmen. Falls die Hilfsmaßnahmen am 1. Januar 2024 enden, dürften die Verbraucherpreise, insbesondere die Energiepreise, „eine Anpassung nach oben erfahren“, schreiben die Statistiker. Für 2024 prognostiziert die Behörde ohne staatliche Hilfe einen Anstieg von 40 Prozent bei den Gaspreisen – und 80 Prozent beim Strom. Diese Prognose sei jedoch von starken geopolitischen Instabilitäten und sehr volatilen Energiepreisen geprägt und sollte deshalb mit Vorsicht betrachtet werden.
- Tornado oder nicht? Jetzt reagiert Meteolux - 2. November 2024.
- Deutschland weist 32 Menschen zurück – aber nur zwei kommen in Luxemburg an - 31. Oktober 2024.
- So bereitet die Polizei Luxemburger Schulen auf den Amok-Notfall vor - 26. Oktober 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos