Raucherparadies Nordmazedonien / Schmauchende Landeskinder sollen zum Nikotinausstieg bewegt werden
Fast jeder zweite schmaucht: Das sorgengeplagte Nordmazedonien ist zumindest beim Rauchen spitze. Auf Drängen der Weltgesundheitsorganisation WHO bläst das notorische Raucherparadies nun zwar wieder einmal zur Abkehr vom Glimmstängel – allerdings mit zweifelhaften Erfolgsaussichten.
Je südlicher und östlicher, desto dichter werden weltweit die Rauchschwaden: Neben Südostasien gilt Südosteuropa als Hochburg der notorischen Kettenraucher. Nicht nur bei den EU-Spitzenreitern Bulgarien (37 Prozent) und Griechenland (36 Prozent) liegen die Raucherquoten weit über dem leicht rückläufigen EU-Mittel von 24 Prozent. Noch mehr qualmende Landsleute zählen EU-Anwärter wie Albanien oder Serbien.
Der heimliche Raucheuropameister Nordmazedonien taucht in den meisten internationalen Ranglisten wunderlicherweise meist gar nicht auf. Dabei schmaucht in dem 1,8 Millionen Seelen zählenden Vielvölkerstaat fast jeder Zweite. Als regelmäßige Raucher bezeichnen sich laut einer jüngsten Studie 45,4 Prozent aller Erwachsenen: 70 Prozent von ihnen griffen bereits als Jugendliche zu den glimmenden Stängeln.
Nordmazedonien zähle zu den Staaten „mit den meisten Rauchern in der Welt“, berichtet die Zeitung Sloboden Pecat in Skopje eher resigniert als stolz: „Und es gibt kein großes Interesse, damit aufzuhören.“ Tatsächlich verschwenden die meisten Paffer im Raucherparadies an die ihnen von ihren Ärzten nahegelegte Flucht aus der Sucht nur wenig Gedanken. 53 Prozent erklären, keineswegs aufs Rauchen verzichten zu wollen. Gar 72 Prozent räumen ein, den Nikotinausstieg noch nie versucht zu haben.
Er sei ein „langjähriger Raucher“ bekannte unlängst ein weißhaariger Patient der Lungenklinik in Skopje mit krächzender Stimme gegenüber dem regionalen TV-Sender „Aljazeera Balkans“. Er werde zwar versuchen, das Rauchen „etwas zu reduzieren“: „Aber damit aufzuhören, das wäre zu schwer.“
Niedrige Zigarettenpreise
Bereits 2006 unterzeichnete das damalige Mazedonien die Konvention der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur verstärkten Kontrolle des Tabakkonsums. Doch obwohl 2010 unter Androhung saftiger Strafen selbst ein Rauchverbot in Restaurants und Cafés verabschiedet wurde, hapert es bis heute mit der Umsetzung.
Noch immer zählt das Land zu den 20 wichtigsten Tabakproduzenten der Welt – und wird der Tabakanbau mit 2.500 Euro pro Hektar um fast das Zehnfache als der Weizenanbau subventioniert. Die Zigarettenpreise zählen in Nordmazedonien mit 2,44 Euro pro Packung denn auch zu den niedrigsten des Kontinents.
Von der WHO gedrängt will Skopje nun einen erneuten Anlauf zur Minderung des blauen Dunstes wagen. Mehr Mittel für Aufklärungskampagnen an den Schulen gelobt das Gesundheitsministerium fürs nächste Jahr. Eine allerdings nur an zwei Tagen der Woche erreichbare Hotline für rauchmüde Raucher hat das Institut für Öffentliche Gesundheit (IJZ) schon jetzt eingerichtet. Deren Erfolgsaussichten scheinen indes zweifelhaft: Die von den Gesundheitszentren landesweit angebotene Beratung für Tipps zum Rauchabschied wurde 2023 nur von 43 Rauchern genutzt.
Nicht nur durchs unfreiwillige Passivrauchen werden derweil die Atemwege der leidgeprüften Nichtraucher belastet: Wie in anderen Balkan-Metropolen liegt die Feinstaubbelastung in mazedonischen Großstädten wie Skopje oder Tetovo vor allem in den Wintermonaten um ein Vielfaches über den in Europa üblichen Grenzwerten.
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