Escher Gemeinderat / Schulen, Steuern, „Hoplr“ und ein Abwesender
Großer Abwesender der Escher Gemeinderatssitzung am Freitag war Bürgermeister Georges Mischo, der an den Koalitionsverhandlungen in Senningen teilnahm. Und somit deutlich machte, dass seine Zukunft in der neuen Regierung und nicht in Esch liegen wird. Im Mittelpunkt der Sitzung standen die Schulorganisation, Steuern und die Nachbarschafts-App Hoplr.
Dass Bürgermeister Mischo mit ziemlicher Sicherheit in der neuen CSV-DP-Regierung einen Ministerposten annimmt, das wurde am Freitag in der Escher Gemeinderatssitzung untermauert. Durch diese führte nämlich der Erste Schöffe Pim Knaff (DP). Gut möglich also, dass die Ratssitzung vom 29. September die letzte des (Noch-)Bürgermeisters war, da ein Ministerposten gesetzlich nicht mit einem Mandat im Gemeinderat kompatibel ist. Als Nachfolger steht mit Christian Weis der Zweitplatzierte der CSV-Liste bei den Kommunalwahlen vom Juni in den Startlöchern (das Tageblatt berichtete). Mischo ist Teil der CSV-Delegation bei den Koalitionsverhandlungen.
Zweite Abwesende war am Freitag die neue Rätin Tammy Broers (Piraten), die aus persönlichen Gründen fehlte. Interessanterweise ging ihre Prokura an die CSV-Rätin Joy Weyrich, also an eine Mehrheitspartei. Daraus zu schließen, die Piratenpartei würde sich dem konservativen Lager annähern, wäre des Guten dann aber wohl doch etwas zu viel.
Auf der Tagesordnung stand neben der Nachbarschafts-App (siehe Kasten) die definitive Schulorganisation für das Jahr 2023/2024 im Mittelpunkt. Sie sorgte, wie in den letzten Jahren, für rege Diskussionen. Schulschöffe Meris Sehovic („déi gréng“) sprach von einer „gelungenen Rentrée, trotz schwieriger Umstände“. Er meinte damit in erster Linie den Unfall in der neuen Wobrécken-Schule. 3.204 Kinder besuchen die Escher Grundschulen, darunter 1.390 Luxemburger. Betreut werden sie von 336 Lehrern. Aufgeteilt sind die Schüler in 222 Klassen. Sehovic beleuchtete auch den „séchere Schoulwee“, der für die Lallinger Schule umgesetzt wurde und nun auf weitere Schulen angewendet werden soll. Die Umsetzung in Lallingen sollte später in Anbetracht des alltäglichen Verkehrskollapses am Boulevard Pierre Dupong von LSAP-Fraktionschef Steve Faltz kritisiert werden. Er forderte eine Informationskampagne, wie man dort fahren soll, und verständliche Markierungen. Der Fakt, dass „Pecherten“ täglich vor Ort seien, zeige doch, dass der Schulweg eben nicht sicher sei, schloss Faltz.
Diskriminierung in der Bildung
Zuvor hatte Enesa Agovic (LSAP) betont, dass es bei der Schulorganisation nicht bloß um Zahlen ginge, sondern um eine große Herausforderung. Das Luxemburger Bildungssystem sei sich der besonderen Herausforderung der Chancengleichheit zwar bewusst, dennoch sei die Bildung diskriminierend, was vor allem in Esch und dort vor allem im Zentrum zum Vorschein komme. Nicht von ungefähr hätte die Liser-Studie ergeben, dass die Escher Schüler landesweit die schlechtesten Voraussetzungen für erfolgreiches Lernen hätten. Agovic kritisierte, dass in der neuen Schulorganisation die Vermischung der Kinder nach sozio-ökonomischen Kriterien nicht oder kaum berücksichtigt wurde. Auch müsse das Lehrpersonal unterstützt werden, indem die infrastrukturellen und digitalen Rahmenbedingungen verbessert würden.
Ein Dauerthema sind nach wie vor die Tablets. Man fordere nicht, dass jedes Escher Kind ein Tablet erhielte, doch 18 iPads für rund 400 Schüler im Bruch und 40 für 770 Schüler im Brill reichten nun mal nicht. Agovic wünschte sich in Sachen Schule prinzipiell eine längerfristige Denkensweise. In die gleiche Kerbe haute Marc Baum („déi Lénk“), der im Kontext der neuen Wobrécken-Schule von einer verpassten Chance sprach, die Schulsektoren neu aufzuteilen und dabei den sozio-ökonomischen Kriterien Rechnung zu tragen. Von einer „success story“ in der Escher Bildungslandschaft zu sprechen, mache ihn sprachlos. Vielmehr sei das, was hier betrieben werde, Klassenpolitik. Von Klassenpolitik zu reden, gehe zu weit, antwortete Meris Sehovic. Allerdings sei man sich bewusst, dass es Probleme gäbe.
In Sachen Schulen wurde später bekannt, dass der geplante Ausbau sowohl der Groussgaass- als auch der Dellhéicht-Schule gestrichen sei. Für die Wobrécken-Schule musste dagegen ein weiterer Kostenvoranschlag über sechs Millionen Euro verabschiedet werden, der auf die Kostenexplosion im Bau und auf den Unfall zurückzuführen ist. Damit belaufen sich die Gesamtkosten der neuen Schule auf nunmehr 57 Millionen Euro.
Steuern kritisiert
Unterschiedlicher Meinung waren Mehrheit und Opposition beim Tagesordnungspunkt Gewerbesteuer und Grundsteuer. Auch hierbei ging es um Prinzipielles. Die schwarz-grün-blaue Koalition hatte die Gewerbesteuer zu Beginn ihrer ersten Mandatsperiode heruntergesetzt, um Esch für Firmen attraktiv zu machen. Solidarität mit den Nachbargemeinden sehe anders aus, bemerkte Ben Funck (LSAP), der gleichzeitig dem abwesenden Bürgermeister Georges Mischo zur Wiederwahl an der Spitze des Gemeindesyndikats Pro-Sud gratulierte. Auch Marc Baum mahnte die Solidarität mit den Nachbargemeinden an und bezeichnete die Gewerbesteuer als „Steuergeschenk für die, die es eigentlich nicht brauchen“. Pim Knaff entgegnete, dass Esch die Arbeitsplätze brauche und dass andere Südgemeinden auch nicht solidarisch seien, wenn es um die Schaffung sozialer Auffangstrukturen gehe.
Eine Motion der LSAP-Fraktion zur Grundsteuer brachte später Sacha Pulli vor. Vor dem Hintergrund der Wohnungskrise müsse jeder Hebel in Bewegung gesetzt werden, um die Baulandspekulation einzudämmen, so Pulli. Nach zehn Jahren wäre es an der Zeit, die Grundsteuer zu adaptieren. Und zwar von 600 auf 4.000%, wie es die Nachbargemeinde Schifflingen vormache. In diesem Zusammenhang wollte Marc Baum wissen, weshalb die Steuer auf den Leerstand nicht appliziert werde. Christian Weis erklärte, dass man die Motion nicht mitstimmen könne, da es sich beim Vorschlag nicht um eine Motion, sondern um eine Entscheidungsfindung („prise de décision“) handele, die von den betroffenen Gemeindediensten vorbereitet werden müsste. So wurde mit den Stimmen der Mehrheit die Motion abgelehnt und auch die Gewerbesteuer unverändert gelassen.
Esch bekommt Nachbarschafts-App Hoplr
Dinge des Alltags ausleihen, Events ankündigen, Hilfeleistungen austauschen: Um diese Interaktion zwischen Nachbarn zu verbessern, bietet Esch seinen Bürgern nun die Nutzung der sozialen Plattform „Hoplr“ an. In der Gemeinderatssitzung vom Freitag wurde der dementsprechende Punkt einstimmig angenommen.
„Hoplr“ ist ein privates soziales Netzwerk für Nachbarschaften aus Belgien, ein Facebook auf Gemeindeebene, wenn man so will. Ziel des Netzwerks ist es, Nachbarn wieder verstärkt zusammenzubringen, oder, anders ausgedrückt, das Wohnviertel wieder solidarischer werden zu lassen. Als erste Gemeinde in Luxemburg führte Strassen die App im Oktober 2021 ein. Es folgten Hesperingen und die Hauptstadt. Alle berichten von guten Erfahrungen.
Europaweit nutzen momentan rund 850.000 Menschen die App, vor allem in Belgien, aber auch in Luxemburg ist sie auf dem Vormarsch. So fand am Donnerstag eine Informationsveranstaltung zu „Hoplr“ in Differdingen statt. Die Kosten der Lizenz werden auf die Einwohnerzahl der Gemeinde berechnet, für Esch bedeutet das 14.800 Euro.
Die App ist auf Luxemburgisch verfügbar, allerdings soll die Übersetzungsqualität zu wünschen übrig lassen, weshalb die Stadt Luxemburg eine eigene Übersetzung umgesetzt hätte, wie Liz Braz berichtete. Braz und auch Marc Baum brachten der Hoffnung Ausdruck, dass die App für das genutzt wird, für das sie bestimmt ist. Und nicht zu einem Nachbarschafts-Datingportal à la Tinder wird.
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Weshalb unbedingt Minister werden wollen, wenn man Bürgermeister der zweitgrössten Stadt Luxemburgs ist und dazu noch Abgeordneter?
Den Här Mischo huet besser e këmmert sech mol ëm seng Stad.