Auswirkungen der Pandemie / Schulische Leistungen rutschen zum Teil ins Bodenlose
Die Resultate der EpStan-Tests („Epreuves standardisées“) vom November 2020 wurden nun vom „Luxembourg Centre for Educational Testing“ (Lucet), einem Institut der Universität Luxemburg, ausgewertet. Sie sollen einen ersten Einblick in die Leistungen der Schüler während eines Teils der Pandemie gewährleisten. Überraschenderweise entsprechen die Resultate nicht den Erwartungen.
Vor November 2020 waren die Schulen über mehrere Wochen geschlossen. Der Unterricht lief lange Zeit über Distanz, das sogenannte Homeschooling. Danach fand ein Wechselunterricht in A- und B-Wochen statt. Hinzu kamen zahlreiche Quarantänen, in denen viele Schüler und Klassen immer wieder den Unterricht aussetzen mussten. Das Schulsystem war in seinem Funktionieren starken Einschnitten ausgesetzt. Die Auswertung der EpStan-Tests („Epreuves standardisées“) vom November 2020 ist nun abgeschlossen und gewährt einen ersten Einblick in die schulischen Leistungen dieser Periode, die von den Auswirkungen der Pandemie geprägt war.
„Es gab kaum signifikante Unterschiede zu den Jahren davor“, sagte Bildungsminister Claude Meisch am Donnerstag auf einer Pressekonferenz. Begleitet wurde der Bildungsminister von Stéphane Pallage, Rektor der Uni.lu, und Antoine Fischbach, Direktor des „Luxembourg Centre for Educational Testing“ (Lucet), dessen Institut zur Universität Luxemburg gehört. „Das ist ein deutlich besseres Resultat, als wir es erwartet hatten“, sagte Meisch. Man habe sich große Sorgen gemacht, dass durch die Schließung der Schulen, die Quarantänen oder das Homeschooling mehr Schüler ins Hintertreffen hätten geraten können, so der Minister. Dank des Engagements der Lehrer, Eltern und Schüler sei dies aber nicht der Fall gewesen. Die stabilen Resultate seien zudem auf die gut ausgebaute digitale Infrastruktur in Luxemburg zurückzuführen sowie auf den Einsatz, digitale Lernprogramme und Inhalte zu entwickeln und zur Verfügung zu stellen. Dennoch gibt es eine Kategorie, auf welche diese allgemeine Aussage nicht zutrifft.
Es gab kaum signifikante Unterschiede zu den Jahren davorBildungsminister
Antoine Fischbach stellte die Resultate der Tests vom November im Detail vor. Seine Hauptmission ist die Entwicklung des luxemburgischen Schulmonitoringprogramms „Epreuves standardisées“ (EpStan). Diese werden zu Beginn jedes Lernzyklus (1., 3. und 5. Klasse in der Grundschule sowie 7e und 5e im Sekundarunterricht) durchgeführt und erfassen die schulischen Kompetenzen, die Lernmotivation und die Einstellung der Schüler gegenüber der Schule. Das Monitoring ist eine Art Qualitätskontrolle des Bildungssystems. Rund 25.000 Schüler haben im November 2020 ihre Kompetenztests abgelegt. Zusätzlich wurden 15.000 Fragebögen zur Erfassung des sozioökonomischen und -kulturellen Hintergrunds sowie zur Bewertung u.a. des Homeschoolings an die Eltern der Grundschüler ausgeteilt. Im „Secondaire“ konnten die Schüler diese Fragebögen selber ausfüllen.
Wie gut kamen die Eltern mit der Situation Homeschooling klar? Im Durchschnitt gab die Mehrheit der Eltern von Kindern aus dem Zyklus 3.1 an, gut zurechtgekommen zu sein. Am meisten Zustimmung gab es bei den Mathematik-Distanzkursen, am wenigsten beim Deutschunterricht. Laut Antoine Fischbach sei dies keine neue Erkenntnis: „Zwei von drei neu eingeschulten Kindern im ,Précoce‘ sprechen zu Hause kein Luxemburgisch.“ Dass die deutsche Sprache für diese Kinder problematisch ist, sei schon vorher bekannt gewesen.
Resultate gegenüber den Vorjahren stabil
Der sozioökonomische Status sei jener, der am meisten bei solchen Analysen durchschlage, so Fischbach. Dieser hänge insbesondere damit zusammen, welchen Beruf und welche Ausbildung die Eltern eines Schülers hätten. Deshalb beschränke er sich auf diesen Punkt als Vergleichsmerkmal. Er stellte die oberen 25 Prozent und die unteren 25 Prozent der Eltern von Grundschülern in einer Tabelle dar. Die oberen 25 Prozent gaben an, besser durch die Krise gekommen zu sein und hatten am wenigsten Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Daraus schließt Fischbach, dass in diesen oberen 25 Prozent mehrheitlich luxemburgische Familien vertreten sind.
Insgesamt sind die Schüler mit dem Distanzunterricht klargekommen, auch die Infrastruktur […] war in Ordnung, die Motivation war ebenfalls okay, aber Spaß gemacht hat es den wenigstenDirektor Lucet
Was die Motivation der Grundschüler im Homeschooling betrifft, gaben die Eltern im Durchschnitt an, dass diese vergleichbar sei mit jener im Präsenzunterricht. Was den Spaßfaktor anbelangt, gehen die Meinungen mehr auseinander. Fischbach resümierte es so: „Insgesamt sind die Schüler mit dem Distanzunterricht klargekommen, auch die Infrastruktur, also das Material, das sie zur Verfügung hatten, war in Ordnung, die Motivation war ebenfalls okay, aber Spaß gemacht hat es den wenigsten.“ In der Sekundarschule habe es weniger Zuspruch für das Homeschooling gegeben. Dies könne man allerdings nicht wirklich vergleichen, da hier die Schüler die Fragebögen selber ausgefüllt hätten, und nicht wie in der Grundschule die Eltern, so Fischbach. Am meisten Probleme bereitete dem „Secondaire“ im Homeschooling das Fach Mathematik.
Im Vergleich zu den Vorjahren seien die Resultate vom November 2020 laut Fischbach stabil. Bei genauerer Betrachtung sehe man allerdings, dass es an manchen Stellen klemme. Besonders im Zyklus 3.1 seien beim deutschen Hörverstehen die Daten in den Keller gerutscht. Allerdings sei dies ein Trend, der sich bereits in den vergangenen Jahren angekündigt habe. Dennoch hätten die Daten im November einen Sprung gemacht. „Durch die Bank hat jeder Schüler, egal aus welcher sozioökonomischer Kategorie, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, ein schlechteres Resultat im Zyklus 3.1 beim deutschen Hörverstehen als in den Jahren davor.“ Fischbach sieht den Grund darin, dass durch das Homeschooling und die Sommerferien viele Schüler insgesamt sechs Monate kein Deutsch mehr gesprochen hätten. „Diese Feststellung bereitet uns ernsthafte Sorgen, darauf müssen wir wirklich aufpassen, weil alles andere, was danach kommt, darauf aufbaut.“
Interessant findet Fischbach den Aspekt, dass die mündliche deutsche Sprache auch bei jenen gelitten habe, die zu Hause Luxemburgisch sprechen. Dies zeige, dass der Transfer von Luxemburgisch auf Deutsch, der irgendwie implizit angenommen wird, selbst für Luxemburger nicht der perfekte Weg ist, wie man es logisch hätte annehmen können. Beim deutschen Leseverstehen gebe es allerdings Nuancen. „Hier gibt es mehr Unterschiede in Bezug auf den sozioökonomischen Status“, sagte Fischbach. Die sprichwörtliche Schere habe sich hier im deutschen Leseverstehen durch die Pandemie weiter geöffnet.
Die Bildungsschere hat sich weiter geöffnet
Im „Secondaire“ seien die Resultate insgesamt relativ stabil gegenüber den Vorjahren geblieben. „Es gibt keinen massiven Einbruch, wobei man feststellen kann, dass sozioökonomisch schlechter gestellte Schüler insbesondere im Deutschen mehr Schwierigkeiten haben“, sagte Fischbach. Kurioserweise habe man auch Resultate finden können, die sich gegenüber den Vorjahren verbesserten. Insbesondere Schülerinnen aus höheren Klassen des „Enseignement classique“ konnten in den Sprachfächern zulegen, so Fischbach.
Unser Schulsystem kommt nicht immer so gut mit der Diversität klar, wie man sich das wünschen würdeDirektor Lucet
„Wir finden nicht den einen negativen Trend in unseren Daten, den man sich hätte erwarten können“, so der Lucet-Direktor. Sowohl Schüler als Eltern sagten, dass sie mit der Homeschooling-Situation gut klarkamen. „Jene, die eine bessere Ausgangsposition vor der Krise hatten, kamen besser durch die Pandemie. Die Schere ging weiter auf.“
Laut Fischbach müsse das Mündliche im Deutschen mehr gefördert werden, und zwar so früh wie möglich. „Unser Schulsystem kommt nicht immer so gut mit der Diversität klar, wie man sich das wünschen würde.“ Man müsse umso mehr auf Schüler aufpassen, die aus sozioökonomisch schwächeren Elternhäusern kommen. Um der Problematik des schwachen Hörverständnisses im Deutschen entgegenzuwirken, ordnete Claude Meisch einige direkte Maßnahmen an. Die Lehrer aus der Grundschule wurden angewiesen, im dritten Trimester ganz besonders auf die Kompetenzen des Hörverständnisses im Deutschen zu achten und diese bei Bedarf zu stärken. Die Abteilung für die Koordinierung der pädagogischen und technologischen Forschung und Innovation (Script) werde den Lehrkräften Hilfsmaterial zur Verfügung stellen. Vor der „Rentrée“ im September werde zudem wie bereits im Vorjahr während zwei Wochen eine „Summerschool“ stattfinden.
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Ech wollt just froen, inwiefern den Titel vum Artikel e wesentleche Bezug zum Inhalt huet? D‘Headline suggéréiert, dass d‘Resultater katastrophal woaren („rutschen ins Bodenlose“), wat awer esou guer net am Artikel steet, wou au contraire drop higewise gëtt, dass d‘Resultater souwuel am Fondamental wéi och am Secondaire besser ware wéi erwaart?! Et gouf zwar och erwähnt, dass d‘Hörverständnis am C3.1 däitlech méi schlecht ausgefall wäer, mee vu que dass dat just e Brochdeel vun de Resultater ausmécht, rechtfertegt dat awer net déi räissereg Iwwerschrëft, duerch déi de Lieser iergefouert gëtt.
Anik, dat ass exakt wat mir och opgefall ass. Wann am Duerchschnett alles gleich ass, a wa verschidde Resultater ganz déif erof falen, da mussen aner Resultater ganz steil an d‘ Lut klammen. Dofu schwätze mer dann awer net. Wirwat wuel?