Editorial / Schwache Argumente für Kürzung des Cannabis-Programms
Die von der Dreierkoalition auf den Weg gebrachte Liberalisierung des Cannabis ist den Konservativen offensichtlich ein Dorn im Auge. Wie CSV-Gesundheitsministerin Martine Deprez kürzlich auf eine mündliche Anfrage in der Chamber erklärte, soll zum 1. Januar 2025 die medizinische Verschreibung von Cannabisblüten mit hohem THC-Gehalt verboten werden. Außerdem werde die Höchstmenge, die ein Patient im Zeitraum von vier Wochen verschrieben bekommen kann, reduziert. Wie die betroffenen Patienten in Zukunft behandelt werden sollen, ist unklar.
Als Ursache für diesen Schritt werden Missbrauchsfälle bei der Verschreibung von THC-Blüten genannt. Dabei müssen die Patienten offensichtlich die Zeche für andere zahlen. Falls Ärzte unerlaubt Cannabis verschreiben, müssten diese bestraft werden, und nicht die Patienten.
Falls Missbrauch einer Droge der Grund dafür sein sollte, sie zu verbieten, dann ist das Beispiel des Alkohols der beste Beweis der Hypokrisie in Sachen Cannabis. Gestern wurde zufällig der Bericht „Panorama de la santé: Europe 2024“ veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass Schätzungen der OECD zufolge der Alkoholkonsum in der EU zwischen 2020 und 2050 jährlich zu mehr als 125.000 vorzeitigen Todesfällen führen wird. Die Lebenserwartung in der EU würde in dem Zeitraum damit um ein Jahr verringert. Dies ist nun nicht eine Forderung, Alkohol zu verbieten, es soll nur ein Beispiel für die Unsinnigkeit des Arguments des Missbrauchs sein. Rechnet man den Schaden aus, den verschiedene Drogen der Gesellschaft zufügen, dann belegt Alkohol unangefochten Platz eins.
Dass der Kampf gegen Cannabis mit fadenscheinigen Argumenten geführt wird, ist ein Hinweis dafür, dass gewisse Leute immer noch von einer drogenfreien Gesellschaft träumen. Es ist ein halt ein altes christliches Vorurteil, dass Drogen Teufelszeug sind und demnach bekämpft werden müssen. Sonderbarerweise stand Alkohol fast immer auf der guten Seite; hätte Jesus Palmzweige in Hanf verwandelt, sähe die Sache heute vielleicht anders aus.
Wird in unseren Breitengraden noch immer über Cannabis gestritten, sind andere Länder bereits erheblich weiter. Australien und die kanadische Provinz Alberta z.B. erlauben bereits Psychedelika für medizinische Zwecke; seit September 2023 bietet die psychiatrische Universitätsklinik Zürich Psilocybin-assistierte Therapien für schwer zu behandelnde Depressionen an.
Doch bei uns bleibt für gewisse Kreise sogar Cannabis immer noch ein Reizthema; der medizinische Nutzen von Gras ist der CSV-Gesundheitsministerin offenbar egal, und die Belange von Schmerzpatienten sind zweitrangig. Das schwache Argument des Missbrauchs bei der Verschreibung von THC-Blüten ist nur ein Vorwand, um gegen eine Politik vorzugehen, die den Konservativen seit jeher ein Dorn im Auge ist.
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