Sommerserie / Unsere Lieblingsorte (1): Ungewöhnliche Übernachtungen in der Saar
Freischwebend übernachten mit einer herrlichen Aussicht: Zwischen Bäumen hoch über der Saarschleife geht das. Für die, die teilnehmen, ist es ein Erlebnis. Für Veranstalter Martin Hager (46) ist es der Beweis, dass eine Idee funktionieren kann. Die Cloefhänger hat er selbst gebaut und bis zu ihrem ersten Einsatz hatte der Elektroingenieur, Spezialgebiet Automatisierungstechnik, nichts mit Tourismus am Hut.
Patrick (30) und Tessa (31) aus Braunschweig kommen von einem zehntägigen Trip mit ihrem ausgebauten Bus aus dem Elsass zurück. Rund 500 Kilometer liegen für die Heimreise noch vor ihnen. Beim Zwischenstopp im Saarland wollen sie das Geburtstagsgeschenk für Tessa einlösen. Was auf sie zukommt, wissen die beiden nicht, als sie sich vom Parkplatz in Orscholz mit den anderen Teilnehmern auf den Weg in den Wald machen.
Sich einlassen können, gehört zum Erlebnis. Je tiefer es in den Wald geht, weichen menschliche Geräusche den tierischen und dem Rauschen des Waldes. Die zehn Teilnehmer kennen sich nicht, haben sich noch nie zuvor gesehen. Tessa und Patrick hatten die weiteste Anreise. Mitten im Wald angekommen, nimmt Veranstalter Martin Hager schnell Unsicher- und Verlegenheit. Es geht ans Aufbauen.
Knoten müssen gesetzt, Strickleitern eingehängt und die Hänger zu ihrem Platz zwischen den Bäumen gebracht werden. Von Liege zu Liege werden – noch mit festem Boden unter den Füßen – Tipps ausgetauscht und erste Geschichten erzählt. Das Feintuning für den Abend ist Gemeinschaftsarbeit. Das ist gewollt. Einander Fremde lernen sich kennen.
Zwischen den Bäumen, wo der Blick auf das glitzernde Wasser der Saar fällt, sind in zwei Metern Höhe Stahlseile montiert. Dort müssen die Hänger eingehängt werden. Bei Martin Hager sitzt jeder Griff. Routiniert klinkt er sie von der mitgebrachten Leiter ein, befestigt die Seile. Die Cloefhänger erleben dieses Jahr ihre achte Saison. Nur der Grill muss aus bleiben, Brandgefahr. Hager hat das Abendessen mitgebracht, wo es die Teilnehmer an der Bank und dem Tisch später verzehren werden.
Idee aus den USA mitgebracht
Die Idee für diese ungewöhnliche Art der Übernachtung stammt aus dem Yosemite-Nationalpark in den USA. Hager ist Steilwandkletterer und wer im Yosemite den 1.000 Meter abfallenden „El Capitan“ nicht in einem schafft, übernachtet auf solchen Pritschenhängern. Zurück zu Hause, probiert er es mit einem Hänger aus. Die Idee wächst, das auch anderen anzubieten. Er sucht einen Platz, wo die Aussicht stimmt, es ein Abendessen gibt und keine Bergsteigererfahrung notwendig ist. „Hier muss man nur eine Strickleiter zwei Meter hochklettern“, sagt er.
Nachdem die Idee steht, designt Hager die Pritschen selbst, baut und testet sie. Wenn er mit seiner Gruppe – zehn Teilnehmer sind das Maximum, fünf Hänger gibt es – kommt, ist der Grillplatz über der Cloef für ihn reserviert. Er mietet ihn von samstagabends bis sonntagmorgens, wo es noch ein Frühstück vor der Abreise gibt. Heruntergefallen ist seit 2014, der ersten Saison der Hänger, noch niemand. Die Statistik will er halten und gibt vor der Montage letzte Tipps, wie man am besten darin liegt.
Und er selbst? „Ich bin stolz darauf, wie weit ich mit der Idee gekommen bin”, sagt er. „Ich hätte nie gedacht, dass das so einschlägt”. Das Einzugsgebiet seiner Gäste ist inzwischen weit über das Saarland hinausgewachsen. „500-600 Kilometer”, sagt er. Wenn er jedes Jahr im Januar die Termine zwischen Juni und September veröffentlicht, sind sie schnell weg.
„In diesem Jahr hat es gerade mal zehn Tage gedauert, da war ich ausgebucht“, sagt er. Tessa und Patrick haben es in ihren Hänger geschafft, sich eingerichtet und genießen das Panorama. Tief unter ihnen schlängelt sich die Saar um die Kuppe. Auf dem Berg liegt die Burg Montclair 290 Meter über dem Meeresspiegel. Die beiden genießen die Aussicht. Ganz für sich.
Weitere Infos: www.cloefhaenger.com
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