/ Schwere Verkehrsunfälle in Luxemburg: „Junge Menschen trifft es besonders hart“
In Luxemburg sowie im Rest der Welt liest und hört man oft von folgenschweren oder gar tödlichen Verkehrsunfällen. Wer nicht betroffen ist, vergisst das Thema meist recht schnell. Die Opfer und deren Angehörige hingegen kämpfen oftmals ihr ganzes Leben lang mit den Folgen des Unfalls. Das Tageblatt hat sich diesbezüglich mit Marie-Paule Max, Heilpädagogin und Koordinatorin bei der „Association des victimes de la route“ (AVR), unterhalten.
Von unserem Korrespondenten André Feller (Text und Foto)
Tageblatt: Vergangenes Jahr hat Ihre Dienststelle 104 neue Anfragen zur Betreuung von Unfallopfern registriert. 1.378 Mal nahmen Menschen das Dienstangebot der AVR in Anspruch. Wie charakterisieren sich diese Hilfsgesuche?
Marie-Paule Max: Die meisten Unfallopfer bzw. deren Angehörige wenden sich auf Anraten der Polizei, Rettungsdienste oder Ärzte an uns. Sie benötigen oftmals administrative Hilfe, beispielsweise in Bezug auf Versicherungsangelegenheiten, Rentenansprüche und Behördengänge, oder aber juristischen Rat.
In 14 Prozent der Fälle betreuten unsere Psychologen und Psychotherapeuten Menschen mit einer posttraumatischen Stressbelastung, also einem Psychotrauma. Die Betreuung von schwer verletzten und traumatisierten Menschen ist recht intensiv und dauert meist viele Jahre.
Ist es nicht die Aufgabe der Krankenhäuser bzw. Rehabilitationszentren, die intensive Langzeitbetreuung sicherzustellen?
In Luxemburg bestehen keine spezialisierten Einrichtungen für diese Art von Betreuung. Das kann man ganz einfach anhand des Beispiels eines Schädelhirntraumas illustrieren: Nach der medizinischen und chirurgischen Behandlung in der Akutphase und der anschließenden stationären Rehabilitation sind die Betroffenen zu Hause auf sich gestellt. Es gibt wohl verschiedene Institutionen für Schwerstbehinderte, aber deren Angebot ist nicht unbedingt an die Bedürfnisse dieser Menschen angepasst. Verkehrsopfer sind oftmals noch jung und vor dem Unfall aktiv im Berufsleben gewesen, deshalb bedarf es einer individuellen Langzeitbetreuung – und der Betroffene muss auch schrittweise seine Autonomie wiedererlangen.
Wie kann man sich diese Langzeitbetreuung konkret vorstellen?
Durch das Schädelhirntrauma hat der Betroffene große Anteile seiner Fähigkeiten verloren. So müssen die Unfallopfer schrittweise alltägliche Dinge wieder neu lernen, wie etwa die Körperpflege, die Haushaltsarbeiten, die Zubereitung des Essens, das Lesen und Schreiben, das Sprechen, der Gebrauch des Computers oder Telefons … Die Betroffenen müssen sich zudem auch als Person „wiederfinden“: So müssen sie auch wieder lernen, sich selbst anzunehmen (Selbstakzeptanz). Dies sind nur einige von vielen Beispielen, die Situation ist ähnlich wie nach einem Schlaganfall. In einer zweiten Phase arbeiten wir auf die Integration bzw. Reintegration ins Berufsleben hin. Je nach Schweregrad der Hirnverletzungen kann die Langzeitbehandlung mehrere Jahre in Anspruch nehmen, vorwiegend mit Erfolg.
Wo und wie werden die Betreuer für dieses Spezialgebiet fortgebildet?
In Bezug darauf haben wir uns von der niederländischen Stiftung NAH Zorg inspirieren lassen und arbeiten auch eng mit dem Neuropsychologen Arno Prinsen zusammen. Dessen Wissen baut auf langjährigen Erfahrungen mit Menschen mit erworbenen Hirnverletzungen auf. Arno Prinsen ist seit fast drei Jahren unser Ausbilder. Vergangenes Jahr hat unser Team eine intensive Fortbildung bei ihm absolviert. Ende Mai folgt die nächste Phase der Ausbildung.
Schädelhirntraumata oder Lähmungen sind nur zwei mögliche gesundheitliche Folgen, die ein Verkehrsunfall haben kann. Welche andere gibt es sonst noch, die über Jahre bestehen können?
Die Folgen sind ganz individuell. Chronische Schmerzen sind eine der größten Herausforderungen. Auch wenn die plastisch-rekonstruktive Chirurgie gelungen ist, leiden die Betroffenen oftmals lebenslang an den Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen durch Versteifungen. Eine medikamentöse Schmerzlinderung ist langfristig nicht möglich. Immer wieder müssen Dosierung und Wirkstoffe angepasst werden. Zudem landen die Unfallopfer schnell in einem Teufelskreis zwischen Wirkung, Nebenwirkungen und Langzeitfolgen der medikamentösen Therapie.
Wie kann gegen diesen Teufelskreis vorgegangen werden?
Auch auf diesem Gebiet ist eine psychologische Betreuung unabdingbar. Aber man muss auch bedenken: Die gesundheitlichen Probleme sind nur ein Teil der Folgen für die Verkehrsopfer. Ein verheerender Unfall wirkt sich auch auf das soziale Leben und die Finanzen aus. So befinden sich Betroffene schnell in der Isolierung, manchmal werden sie von ihren Freunden ausgegrenzt. Das passiert, weil Menschen sich nach Verkehrsunfällen ändern – so kann es vorkommen, dass sie nicht mehr die gleichen Interessen wie zuvor haben oder dass sie sich einfach nicht mehr so gut mit einigen Freunden und Bekannten verstehen. Manchmal zerbrechen Beziehungen und es endet in einer Scheidung. Zudem stehen die Betroffenen oftmals vor der Erwerbsunfähigkeit. Dies trifft junge Menschen in der Ausbildung oder am Anfang ihrer Berufskarriere umso härter, ebenso wie Freiberufler. Ein weiterer Aspekt, der so direkt nicht sichtbar ist, sind die psychischen Folgen, etwa Angst und Panik. So manch Betroffener benutzt nie wieder ein bestimmtes Verkehrsmittel, entwickelt möglicherweise Zwangsstörungen oder leidet jahrelang am posttraumatischen Stresssyndrom.
Bietet die AVR nur individuelle Betreuungen an oder besteht ein Angebot in Form einer Gruppentherapie?
Wir bieten etwas an, das sich Gruppenaustausch nennt. Die Treffen finden regelmäßig statt, etwa einmal pro Monat, und werden von zwei Mitarbeitern begleitet. Sowohl für die Betroffenen als auch für ihre Angehörigen ist der Austausch unter Gleichgesinnten wichtig. Die Gruppe gibt es seit 12 Jahren, einige Teilnehmer sind schon seit dem ersten Treffen mit dabei. Andere stoßen dazu und lernen dank der Erfahrungen und Tipps anderer Betroffener – und das alles ohne Druck, in entspannter Atmosphäre. In diesem Sinne ist uns die Zusammenarbeit mit den Lux-Rollers, einem Rollstuhlbasketballverein, wichtig. Das Team trainiert im Rehazenter und kann somit Unfallopfer im Rehazenter in die Gruppe einladen. So entsteht auch die Verbindung zur AVR. Betroffene erhalten durch die Gruppendynamik neue Hoffnung und lernen Wege kennen, um sich in ihrer eigenen Situation zurechtzufinden.
Unterstützt die AVR die Verkehrsopfer in Härtefällen auch finanziell?
Nein, wir greifen auf bestehende Sozialsysteme zurück. Unsere Sozialarbeiter unterstützen die Betroffenen bei allen Behördengängen zur Beantragung der möglichen Sozialhilfen. Bei besonderen Härtefällen, sprich wenn Menschen durchs Raster fallen, schlagen wir den Weg einer individuellen Lösung über die zuständigen Ministerien und Instanzen ein. Wie schon angedeutet, trifft es junge Menschen besonders hart. Beim Abbruch des Studiums besteht kein Anrecht mehr auf Studienbeihilfen oder Kindergeld. Berufliche Einkünfte sind noch inexistent und Sozialversicherungsbeiträge wurden noch nicht geleistet. Demnach bleibt gerade dieser Zielgruppe eine Invalidenrente verwehrt. Die langen Prozeduren und Gerichtsverfahren verlängern die Zeitspanne bis zum Ausbezahlen der Schadenersatzgelder meist um mehrere Jahre.
Wer finanziert die Langzeitbetreuung und das Dienstleistungsangebot der AVR?
Die finanzielle Konvention mit dem Familienministerium stellt die Betreuung der Unfallopfer durch zwei Vollzeitäquivalente im Betreuungsteam sicher. Langfristig erlaubt es uns diese Konvention nicht, das Betreuungsangebot für alle Verkehrsopfer zu gewährleisten. Demnach sind wir auf zusätzliche Spenden angewiesen, zudem hoffen wir auf eine Erweiterung der Konvention oder möglicherweise eine zweite Konvention etwa mit dem Gesundheitsministerium.
Zahlreiche Institutionen wie die Fondation Cancer, das Rote Kreuz oder die Caritas werden von unzähligen Spendern unterstützt. Ist dies auch der Fall bei der AVR?
Leider hat unsere Vereinigung nicht den gleichen Bekanntheitsgrad in der breiten Öffentlichkeit. Aber wir freuen uns über alle Spenden von Vereinen, Privatleuten oder anderen Initiativen. Sie ermöglichen uns, Projekte zu entwickeln und umzusetzen. Der 15. September dieses Jahres ist vielversprechend. Die Charity Bikers organisieren zusammen mit dem ACL eine groß angelegte Motorradtour quer durch das Land. Der Erlös kommt der Langzeitbetreuung der Verkehrsunfallopfer zugute.
Die AVR wird tagtäglich mit den Folgen, die Verkehrsunfälle haben können, konfrontiert. Wie steht es um die Vorsorge?
Unser Team trifft jedes Jahr 500-800 Schüler im Alter von etwa 16 bis 19 Jahren. Wir klären die jungen Führerscheinanwärter über die Folgen eines Verkehrsunfalls auf. Oftmals tun wir dies in Begleitung eines Betroffenen, der über seine Lebensgeschichte berichtet. Das Echo ist durchaus positiv. Die realen Erlebnisberichte verleiten die Jugendlichen zum Nachdenken. Verschiedene Klassen widmen dem Thema Verkehrsunfall ein Klassenprojekt, sei es in Zusammenarbeit mit der AVR, den lokalen Rettungsdiensten oder im Rahmen eines „Minipraktikums“ im Rehazenter. Leider sind unsere Möglichkeiten personalmäßig begrenzt. Wir können nicht alle jungen Führerscheinanwärter erreichen. Wir bedauern sehr, dass dieses Thema weder fester Bestandteil der schulischen Lehrpläne ist, noch zum obligatorischen Ausbildungsprogramm der Fahrschulen gehört.
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Gestern fuhr ich auch vorschriftsmäßig, mit nach Straßenverkehrsordnung erlaubten 70 km/h von Kopstal nach Mersch, als es mir in den Sinn kam mal nachzuschauen ob niemand mir eine SMS geschrieben hat, und schon war ich auf ein Haar, also kurz vor dem Baum hab ich das Steuer rumgerissen, ABS ESP und alle anderen Assistenzhilfen haben eingegriffen und das schlimmste verhindert. Ja, so kann das mal passieren. Also früher mit meinem Ford Escort, also da, nicht auszudenken. Aber damals gab es noch keine Handys, höchstens mal ne neue Freundin.
Ein Glück, dass kein Radfahrer auf Ihrer Höhe in Ihrer Richtung unterwegs war!
Lebensmüde, wer mit dem Rad von nach Mersch fährt. Hier empfehle ich den Alzette Fahrradweg. Ach ja, hier stören die Spaziergänger.
Wann ee keng Loscht huet 10km Emwee ze fueren vun der Fiels aus op Miersch, zB no engem Mellerdall-Tour, muss een déi Stréck fueren. D’Leit kéinten och einfach bëssen oppassen an sech un d’Vitesselimitatiounen halen.
Nein, bin nicht lebensmüde. Deshalb meide ich, als leidenschaftlicher Radfahrer, diese Stecke zwischen Kopstal und Mersch wie die Pest. Ziehe dann doch eher die Radwege vor, wo mich bislang kaum Spaziergänger gestört haben. Es sind halt gegenseitige Rücksicht und Respekt angesagt. Im Strassenverkehr gilt die Regel: der Schwächere gibt nach. Oft muss man für die anderen Verkehrsteilnehmer in weiser Voraussicht mitdenken, besonders wenn sie abgelenkt sind, von was auch immer.
Wenn solche wie Sie, @Glück gehabt, unterwegs sind, müss man schon von Glück sprechen, um nicht von einem ‚vorschriftsmässigen‘ mit egal welchem Verkehrsmittel man selbst unterwegs ist, abgeschossen zu werden. Gerade solche Id..ten, wie Sie machen Strassen unsicher. Besser Sie fahren also von hinten auf einen LKW auf, als auf irgendjemand anders. Viel Glück dabei!
Wer vorschriftsmässig mit 70Km/h fährt und dann sein Handy bedient,braucht auch nicht vorschriftsmässig mit 70Km/h zu fahren.Dann nützt die Vorschrift nichts mehr. Und deshalb trifft es junge Menschen immer besonders hart.
Danke für de nützlichen Ratschläge. Ich hoffe doch ihr haltet Euch alle dran. Mat beschte Greis, an falt dach net emmer op all Fake Story eran.
Galgenhumor!
Warnung an alle die sich beim Autofahren mit anderem Beschäftigen
Auch in Gedanken!