Gesundheitssystem / Sechs Kernthemen: Die „Vision 2030“ der luxemburgischen Krankenhäuser
Durch die Corona-Krise stand das Luxemburger Gesundheitssystem in den letzten Jahren im Fokus und einige Schwachstellen wurden offenbart. Der Verband der luxemburgischen Krankenhäuser hat sich deswegen Gedanken darüber gemacht, wie das System und die Spitäler in Zukunft funktionieren sollen.
„Während der Covidkrise ist der Krankenhaussektor durchgerüttelt worden. Mit viel Flexibilität und Einsatz hat er sich durch die Krise gekämpft“, sagte der Präsident der „Fédération des hôpitaux luxembourgeois“ (FHL), Dr. Philippe Turk. Diese Zeit habe viele Fragen aufgeworfen, unter anderem diejenige, wie die Krankenhäuser und das Gesundheitssystem von morgen aussehen sollen. Das Weißbuch sei ein roter Faden, den man sich für die zukünftige Entwicklung geben wolle, so Dr. Turk weiter. Am Donnerstag wurden einige Antworten auf diese Fragen vorgestellt: Das Grundsatzdokument enthält die Früchte der Arbeit, die aus sechs Arbeitsgruppen entstanden sind, und beschreibt eine Vision für das Jahr 2030. Der Fokus liegt hierbei auf sechs Themenbereichen. Diese sollen als Basis für zukünftige Diskussionen und notwendige Entscheidungen dienen.
Ein Hauptanliegen ist, dass der Patient im Jahr 2030 als wahrer Partner angesehen und mit einbezogen werden soll. Die Patientenerfahrung soll sich dadurch verbessern. In diesem Kontext müssen die Grundversorgung, also die Hausärzte und spezialisierte Gesundheitsleistungen, besser miteinander vernetzt werden. Der Behandlungsweg eines Patienten müsse definiert und geplant werden, um ein sektorenübergreifendes Gesundheitssystem auf die Beine stellen zu können. Um diese Thematik dreht sich dann auch das erste Handlungsfeld.
Laut Vision der FHL soll die Krankenhausmedizin ganz auf den Patienten ausgerichtet sein. Die Ärzte sollen sich neben ihrer Spezialisierung und ihrer multidisziplinären Arbeit zusätzlich an der klinischen Forschung beteiligen wie auch an der Ausbildung des Ärztenachwuchses. Die Zielsetzung in sieben Jahren ist es, ein vollständiges Studienprogramm für Medizin anbieten zu können. Der Behandlungsweg des Patienten steht als zweites Handlungsfeld im Fokus. Alle Akteure konzentrieren sich auf ihr Kerngeschäft, damit die Patienten einen gleichberechtigten Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung bekommen. Bis dahin werden sich, laut dem Verband, neue Gesundheitsberufe herausgebildet haben, die die verschiedenen Pflegeprozesse begleiten können.
Herausforderung Digitalisierung
Die Digitalisierung stellt eine weitere Herausforderung dar, die in den nächsten Jahren in Angriff genommen wird. Digitale Instrumente wie die gemeinsame elektronische Patientenakte (DSP) und ein einfacher Zugriff auf Patientendaten sollen die Verwaltung der präventiven Maßnahmen und Behandlungsschritte optimieren. Die Bildschirmzeit soll somit möglichst kleingehalten werden und die gewonnene Zeit dem Patienten zugutekommen.
Auf diese Weise wird ein wichtiger Schritt in die Richtung „Value Based Healthcare“-Modell gemacht. Eine auf Werte orientierte Gesundheitsversorgung zeichnet sich dadurch aus, dass der Patientennutzen im Mittelpunkt steht. Bis 2030 soll ein nationales Management im Bereich der Cybersecurity eingeführt sein.
Das Datenmanagement ist ein weiterer Bestandteil, der zu einer besseren Entwicklung des Gesundheitssystems beitragen und den Krankenhaussektor in Richtung der sogenannten „smart Hospitals“ führen soll. Darunter sind Krankenhäuser zu verstehen, bei denen klinische Prozesse, Managementsysteme oder die Infrastruktur mithilfe von moderner Informations- und Kommunikationstechnologie verbessert werden sollen. Durch Statistiken und Veröffentlichung der datenbasierten Fakten kann die breite Öffentlichkeit das Gesundheitssystem besser verstehen lernen. Das Datenmanagement verbessert die Präventivmedizin und lässt eine personalisierte Medizin zu.
Die FHL
Die „Fédération des hôpitaux luxembourgeois“ vereint die verschiedenen Krankenhauseinrichtungen des Landes und damit über 9.000 Angestellte und über 1.000 Fachärzte. Die FHL möchte die Zusammenarbeit der einzelnen Häuser vereinfachen. Gleichzeitig sieht sie es als Mission an, den politischen Verantwortlichen bei der Entwicklung des Gesundheitsbereiches zur Seite zu stehen.
Die Attraktivität der Gesundheitsberufe müsse durch innovative politische Entscheidungen gefördert werden, hieß es. Neue Bildungswege wie beispielsweise ein Masterstudiengang in Medizin und weitere Spezialisierungen sollen eingeführt werden wie auch Bachelorstudiengänge in verschiedenen Disziplinen der Gesundheitsberufe. Das Pflegepersonal soll beispielsweise die Möglichkeit bekommen, sich durch Weiterbildungen in Richtung anderer Karrieren weiterzuentwickeln. Durch die so neu gewonnene Attraktivität soll die Abhängigkeit von ausländischem Personal reduziert werden. Die neuen Qualifikationen und Fähigkeiten dienen der Selbstverwirklichung und bringen demnach eine erhöhte Zufriedenheit am Arbeitsplatz.
Die FHL begleitet und fördert ein Finanzierungsmodell, das die Wertschöpfung begünstigen soll. Dieses soll die Krankenhauseinrichtungen dazu verleiten, auf leistungsfähige Art und Weise vorzugehen und wie Unternehmen zu agieren. „Der budgetäre Ansatz muss neuen Sauerstoff bekommen“, sagte Dr. Philippe Turk. Die Krankenhäuser müssten die Möglichkeit bekommen, in Innovationen zu investieren. Insgesamt müsse frische Luft durch den Krankenhaussektor wehen, so der FHL-Präsident abschließend.
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