Schloss Senningen / „Sehr zufrieden“ – Agrargipfel endet mit Versöhnung zwischen Bauern und Ministerium
Regierung und Vertreter der Luxemburger Landwirtschaft haben sich am Donnerstag auf Schloss Senningen zu einem Agrargipfel getroffen. Auf der abschließenden Pressekonferenz gab es zufriedene Gesichter – wohl auch, weil Landwirtschaftsminister Claude Haagen schon während der Woche Änderungen am Agrargesetz angekündigt hatte.
Grüne Kreuze und rote Stiefel haben die Jungbauern in ganz Luxemburg verteilt und sogar bis vor die Chamber getragen, um gegen die Bestimmungen des im Juli von Landwirtschaftsminister Claude Haagen (LSAP) vorgelegten Agrargesetzes zu protestieren. Hauptanstoß war die Deckelung des Viehbestandes, die es verschiedenen Landwirtschaftsbetrieben unmöglich macht, weiterzuwachsen, so die Kritik der Bauernschaft. Auch die Landwirtschaftskammer hatte in ihrem Gutachten auf Probleme im Gesetzentwurf des LSAP-Politikers aufmerksam gemacht und schließlich bei Premierminister Xavier Bettel (DP) um einen Agrargipfel gebeten. „Dieser Austausch findet nicht regelmäßig statt, sondern immer dann, wenn es auch etwas zu diskutieren gibt“, meinte Bettel auf der Pressekonferenz. Die Landwirtschaft sei ein wichtiger Akteur in Krisenzeiten. „Der Austausch ist deswegen von höchster Bedeutung.“
Camille Schroeder von der Bauernallianz, Guy Feyder von der Landwirtschaftskammer und Luc Emering als Vertreter der Jungbauern saßen am Donnerstagnachmittag auf Schloss Senningen Premierminister Xavier Bettel, Landwirtschaftsminister Claude Haagen und Umweltministerin Joëlle Welfring („déi gréng“) gegenüber. „Knackpunkt war natürlich Artikel sechs des Landwirtschaftsgesetzes“, sagte Claude Haagen. Deshalb seien im Vorfeld bereits mehrere Sitzungen anberaumt worden, in denen fünf Änderungen des vorliegenden Gesetzes ausgearbeitet worden seien.
Camille Schroeder zeigte sich abschließend zufrieden mit den Verhandlungsergebnissen. „Es war enorm wichtig, dass bereits im Vorfeld des Gipfels gut gearbeitet wurde“, sagte Schroeder. „Der Agrargipfel war aber eine wunderbare Sache und hat Resultate erzeugt.“ Auch Guy Feyder erklärte sich zufrieden mit dem Treffen, wenngleich er einen etwas kritischeren Blick auf die vergangenen Monate warf. „Als der Gesetzentwurf in der Chamber vorgelegt wurde, sind die Gemüter hochgekocht“, sagte Feyder. Differenzen habe man aber in einer sehr konstruktiven Atmosphäre mit dem Landwirtschaftsministerium beilegen können und entscheidende Änderungen erwirken können, die ihren Niederschlag nun im Gesetz finden würden. „Diese Gesetzesänderungen sollen jetzt nachgereicht werden.“ Hoffentlich könne die Chamber noch vor der Sommerpause über das Gesetz abstimmen, so der Vertreter der Landwirtschaftskammer. „Die Branche wartet auf einen neuen gesetzlichen Rahmen.“
Änderungen am Landwirtschaftsgesetz
Schon während der Woche hatte Landwirtschaftsminister Claude Haagen fünf Änderungen am vorliegenden Gesetzentwurf angekündigt, die in Zusammenarbeit mit Landwirtschaftsvertretern ausgearbeitet wurden:
– Deckelung des Viehbestandes auf fünf Arbeitseinheiten. Erweiterung des Betriebes wird an Stand der Technik und Emissionswerte gebunden.
– Die Definition des aktiven Landwirts wurde präzisiert, damit Förderungen gezielter auf eine produktive Landwirtschaft ausgerichtet werden können, die gleichzeitig zu den Umweltzielen beiträgt.
– Investitionsbeihilfen werden an die Preisentwicklung angepasst, Preisobergrenze für neue landwirtschaftliche Maschinen angepasst, Liste der förderberechtigten Maschinen wird überarbeitet und die Beihilfen bei Investitionen in Tier- und Umweltschutz angepasst.
– Vorschläge der Landwirtschaftskammer erfordern eine Anpassung des nationalen Strategieplans.
– Die Unterstützung von Junglandwirten wird verstärkte berufliche Qualifikationen fördern.
Knackpunkt Emissionswerte
Der von Landwirtschaftsminister Claude Haagen betitelte Knackpunkt betrifft die im Landwirtschaftsgesetz gedeckelten Viehbestände der Bauern, um die Ammoniakemissionen im Agrarsektor zu drosseln. Demnach bleibt die vom Ministerium vorgeschriebene Obergrenze von fünf sogenannten Arbeitseinheiten (ungefähr 150 Milchkühe) pro Betrieb. Unternehmen, die „auf dem neuesten Stand der Technik sind und Erfolge bei der Einhaltung der Emissionsgrenzwerte nachweisen können“, soll jedoch unter gewissen Bedingungen eine Erweiterung des Viehbestandes erlaubt werden, teilte das Ministerium mit. Die Krux: „Das Monitoring und das Festlegen der Grenzwerte muss noch ausgearbeitet werden“, sagte Haagen am Donnerstag. Diese sollen dann parallel mit den Gesetzesänderungen in Form von großherzoglichen Reglements ausgearbeitet werden.
Weiter meinte Haagen, dass ein Abschluss der Arbeiten am Agrargesetz vor der Sommerpause wünschenswert sei. Einen genauen Zeitplan, wann die Gesetzesänderungen und die großherzoglichen Reglements ausgearbeitet sein werden, konnte der Minister nicht nennen.
Umweltministerin Joëlle Welfring zeigte sich ob des Resultates am Donnerstag ebenfalls sehr zufrieden – ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass auch die Landwirte Verantwortung übernehmen müssen. „Die Belastung der Oberflächengewässer wird maßgeblich durch die Landwirtschaft erbracht“, sagte Welfring. Das sei wissenschaftlich erwiesen. „Es ist deshalb gut, dass wir zusammen daran arbeiten.“ Die Landwirtschaft habe eine tragende Rolle in unserer Gesellschaft und man müsse ihr helfen, ihre Lebensgrundlage, also gesunde Böden, aufrechtzuerhalten.
Agri-Fotovoltaik und Zukunftstisch
Obwohl ein Großteil der Arbeiten bereits im Vorfeld des Agrargipfels abgeschlossen waren, diskutierten Regierungs- und Bauernvertreter am Donnerstag anderthalb Stunden länger als ursprünglich geplant. Das, weil auch über andere kontroverse Themen diskutiert wurde. „Eins der Themen heute waren die Fotovoltaik-Anlagen auf Freiflächen“, sagte Feyder. Für die Bauern habe bei der „Agri-Fotovoltaik“ natürlich die Agrikultur Vorrang, da es sich bei den nutzbaren Flächen meist um landwirtschaftliche Flächen handele. „Aus vier derzeit laufenden Pilotprojekten müssen die richtigen Analysen gezogen werden, damit auch die richtigen Freiflächen ausgesucht werden“, so Feyder. Auch spiele der Naturschutz eine wichtige Rolle. „Wir brauchen einen Rahmen, damit die Fotovoltaikanlagen nicht nach rein privaten Interessen wie Wildwuchs aus dem Boden sprießen.“ Premierminister Bettel versicherte jedoch, dass „die Fotovoltaikanlagen die Agrikultur nicht ersetzen, sondern komplementär entstehen sollen“.
Mit Luc Emering saß am Donnerstag auch ein Vertreter der Jungbauern mit am Tisch. „Wir wollen einen Zukunftstisch für die Landwirtschaft organisieren, an dem sich auch in regelmäßigen Abständen ausgetauscht wird“, erklärte Bettel die Teilnahme eines Vertreters der Jungbauern. Dieser soll, sobald die Gesetzesänderungen und großherzoglichen Reglements am Agrargesetz ausgearbeitet wurden, organisiert werden, ergänzte Haagen. Emering forderte seinerseits, das Bauernsterben in Luxemburg auszubremsen. Deswegen dürften besonders kleinere Betriebe nicht „bürokratisiert“ werden. „Das Monitoring der Emissionswerte ist nicht falsch, darf aber keine zusätzliche administrative Belastung sein“, meinte Emering. Zudem brauche es mehr Kohärenz zwischen Landwirtschafts- und Umweltgesetzen. „Insgesamt sind wir aber sehr zufrieden mit dem Gipfel.“
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