Gëlle Fra / Seit hundert Jahren ein heißes Thema
Genau 98 Jahre nach ihrer offiziellen Einweihung am 27. Mai 1923 macht die „Gëlle Fra“ auf der place de la Constitution zwischen Kathedrale und Pétrusse-Tal periodisch immer wieder von sich reden. Historiker werfen einen Blick zurück auf eine bewegte, viel diskutierte Geschichte.
„Steht den ehemaligen Spanienkämpfern ein Platz auf dem Denkmal zu Ehren der Luxemburger Kriegsteilnehmer in den beiden Weltkriegen zu? Ist Erinnerung an die Teilnehmer des Koreakrieges derjenigen an die Luxemburger ‘Brigadisten’ gleichwertig?“
Diese Fragen hat die Abgeordneten, das ‘Comité pour la mémoire de la Deuxième Guerre mondiale’ und die Regierung zum Jahresende in Atem gehalten. Mit dem Ergebnis, dass letztendlich effektiv eine Gedenktafel an der ‘Gëlle Fra’ angebracht wird. Sie erinnert an die 102 Luxemburger, die 1936 an der Seite der spanischen Republikaner gegen das Regime von General Franco kämpften.
Es war nicht das erste Mal, dass das Monument mit Blick auf das Pétrusse-Tal Emotionen hochkochen ließ. Die „Gëlle Fra“ war ursprünglich errichtet worden, um die Luxemburger Legionäre zu ehren, die im Ersten Weltkrieg freiwillig in der französischen und belgischen Armee gedient hatten. Seither hat sich ihre Ausrichtung mehrfach verändert.
In einem Buch, das die Uni Luxemburg zusammen mit dem Nationalen Geschichts- und Kunstmuseum veröffentlicht hat und das eine Ausstellung über die Fremdenlegion im Festungsmuseum begleitet, betrachtet die Historikerin Sandra Camarda die Entstehung des Denkmals in dem recht schwierigen Umfeld der Nachkriegszeit: Luxemburg gehörte 1918 zwar zu den Siegermächten, es litt jedoch politisch unter der Nähe seiner jungen Großherzogin Marie-Adelheid zum deutschen Kaiser und der dadurch erfolgten Krise sowie wirtschaftlich unter der Auflösung des Zollvereins und der damit verbundenen Trennung von Deutschland.
Grund genug, um genau wie in den Nachbarländern Gedenkstätten zu errichten, die diejenigen ehrten, die am rechten Platz gekämpft hatten und die den Familien die Trauerarbeit ermöglichten. „Gleichzeitig waren sie eine moralische Rechtfertigung für den Tod von Millionen Männern im besten Alter”, schreibt Sandra Camarda.
Siegessäule
Gleich nach dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 bemühte sich ein „Comité du Souvenir“ um die Schaffung eines Denkmals. Es sammelte Gelder und förderte gleichzeitig auch die Forschung über die Luxemburger Legionäre, über deren genaue Anzahl damals keiner den Überblick hatte. Zu dem geplanten Denkmal wurden nicht weniger als 18 Projekte eingereicht, ausgesucht wurde am 4. Oktober 1920 der Vorschlag des Luxemburger Künstlers Claus Cito.
Am 22. Dezember 1922 wurde das Denkmal gebaut, am 27. Mai 1923 wurde es offiziell eingeweiht. Dem Volksfest blieb Großherzogin Charlotte fern. Sie ließ sich von ihrem Ehemann, Prinz Félix, vertreten, was – bereits damals – zu hämischen Bemerkungen führte: Das Denkmal ehre diejenigen, die gegen die Monarchie gekämpft hatten.
Eine andere Art von Polemik machte das Luxemburger Wort, das die goldene Frauenstatue provozierend und unästhetisch fand. Den Sekundarschülern aus dem Athenäum, das damals gleich neben der Kathedrale lag, soll angeraten worden sein, nicht an der aufreizenden Frauenfigur vorbeizugehen.
Die anderen Zeitungen und die internationale Presse hingegen waren begeistert, die Einweihung wurde gefilmt und lief in der Wochenschau. Die goldene Siegesgöttin mit ihrem Lorbeerkranz wurde sehr schnell zum Symbol der Luxemburger Unabhängigkeit.
Damit war es im Sommer 1940 vorbei. Das Denkmal erinnerte die Besatzer zu sehr an ihre Niederlage und musste verschwinden. Es war nicht ganz einfach, einen Unternehmer zu finden, der diese Aufgabe übernahm, die Marbrerie Jacquemart, die seinerzeit den Sockel gebaut hatte, konnte jedoch die Bronzefiguren retten. Die goldene Figur hingegen zerbrach in drei Teile.
Puzzleteile
Nach dem Krieg wurde der Sockel mit den verbliebenen Teilen wieder aufgerichtet. 1955 jedoch sorgte eine Ausstellung zur Geschichte des Denkmals, auf der auch die Statue gezeigt wurde, für neue Schlagzeilen: Dabei ging es um die Meinungsverschiedenheiten und Ressentiments zwischen Veteranen- und Widerstandsverbänden. Die Skulptur verschwand. „Losst se do, wou se ass“, hieß es lange Zeit, vereinzelt wurde auch gesagt, sie sei eingeschmolzen worden.
Die Gedenktafel, die mittlerweile am Sockel an die Beteiligung am Koreakrieg erinnert, erscheint in diesem Zusammenhang fast wie ein Fehltritt der Geschichte. Keiner weiß heute, wie und wann sie dorthin kam.
Die „Gëlle Fra“ ihrerseits tauchte 1981 auf Betreiben des Tageblatt-Journalisten Josy Braun wieder auf. Er hatte sie unter der Tribüne des städtischen Fußballstadions Josy Barthel ausfindig gemacht. Es brauchte eine weitere nationale Spendensammlung, um sie zu restaurieren und am Nationalfeiertag 1985 feierlich wieder auf ihren Sockel zu stellen. Diesmal sogar in Anwesenheit von Großherzog Jean.
Feindbild
15 Jahre nach ihrer „Wiederauferstehung“ bekam die goldene Lady allerdings Konkurrenz. Die von der kroatischen Künstlerin Sanja Ivekovic geschaffene zweite goldene Frau war noch provokanter als Citos Frauenfigur und sorgte daraufhin natürlich für Schlagzeilen. Sie war schwanger, trug den Namen der deutschen sozialistischen Militantin Rosa Luxemburg und an ihrem Sockel forderten knallharte, manchmal recht unschöne Worte Anerkennung und Rechte für die Frauen. Es brauchte viel Stehvermögen der damaligen Kulturministerin Erna Hennicot-Schoepges, um das Werk zu verteidigen, das im Rahmen der Ausstellung „Luxemburg, die Luxemburger. Konsens und gezügelte Leidenschaften“ entstanden war. „Ein Brandbeschleuniger innerhalb der CSV“, so Enrico Lunghi in der Begleitbroschüre mit dem Verdacht, den progressistischen Flügel um die Ministerin und Parteipräsidentin damit zu schwächen.
Ironischerweise ereilte „Lady Rosa of Luxembourg“ am Ende des Ausstellung das gleiche Schicksal wie einst ihre große Schwester. Sie verschwand zuerst im Hinterhof eines Hauses für misshandelte Frauen und stand danach im Beratungszentrum der „Initiativ Liewensufank“ in Itzig. 2009 wurde sie in Utrecht gezeigt, 2011 kam sie in die Reserve des Mudam, wo sie 2012 ein zweites Mal – fast unbemerkt – zu sehen war. Größere Aufmerksamkeit hatte sie zuvor im New Yorker MOMA erfahren.
Schlagzeilen machte jedoch wiederum die Skulptur von Claus Cito: 2002 wurde sie als „Monument du Souvenir“, das seit Ende des Zweiten Weltkrieges die Freiwilligen beider Kriege ehrt, offiziell zum Nationaldenkmal erklärt, 2010 zierte sie, nach einem sorgfältigen Lifting, den Luxemburger Pavillon der Weltausstellung in Schanghai.
Bei ihrer Rückkehr machte sie einen 44-tägigen Zwischenstopp in Bascharage, dem Geburtsort ihres Autors Claus Cito, und stieg dann wieder auf ihren Sockel.
„Vom umstrittenen Monument zum nationalen Symbol steht sie für die vielfältige und konfliktreiche Geschichte Luxemburgs im XX. Jahrhundert“, kommentiert Sandra Camarda abschließend.
Fünf Jahre Forschung
Die Fremdenlegion umweht nach wie vor etwas Geheimnisvolles. Umso interessanter ist es, zu erfahren, wer die Luxemburger waren, die sich engagierten. Fünf Jahre lang haben die Historiker des Zentrums für Digitale Geschichte (C2DH) das Thema erforscht, ab dem 30. Juni 2021 gestalten sie in Zusammenarbeit mit dem Museum Dräi Eechelen in dessen Räumlichkeiten eine Ausstellung zu den etwa 3.000 Luxemburgern, die sich im Lauf der Zeit in der Legion engagiert haben. Ihre Arbeiten zur Legion sind in einem Buch zusammengefasst, das jetzt schon im Handel ist.
- Den Neuanfang wagen: „déi gréng Stad“ stellen ihr Programm vor - 19. Mai 2023.
- Chardonnay – der Weltstar unter den Weinen - 26. März 2023.
- Das Gold der Erde - 12. März 2023.
„D‘Gelle Fraa „ war so ein heißes Thema manch Zeitgenosse sie lieber eingeschmolzen gesehen hätte. Es wundert mich bisher, noch kein Aktivist der „ Blacklivesmatter“ Bewegung „d’Gelle Fraa“ als ein Monument kolonialistischer Politik angeprangert hat. Wurde doch die „ Gelle Fraa“ ursprünglich errichtet zu Ehren der im Ersten Weltkrieg gefallenen lux. Fremdenlegionäre .Die Fremdenlegion als Sinnbild und Stütze der französischen Kolonialpolitik an Massenmord, Folter, Unterdrückung ,Ausbeutung der Bevölkerung beteiligt , hinterlässt sie auf dem Afrikanischen Kontinent eine Blutspur.
Nobody cares.
Mit Denkmälern ist es wie mit Strassennamen: Man sollte sie als das stehenlassen, was sie ursprünglich mal waren. Es sind einfach Zeitzeugen der Geschichte, auch wenn man heutzutage manches anders beurteilt als zum Zeitpunkt der Entstehung.