Siegesplan / Selenskyj will eine Einladung: Luxemburgs Premier Frieden für NATO-Beitritt der Ukraine
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in Brüssel seinen „Siegesplan“ vorgestellt, mit dem er im kommenden Jahr den Krieg in seinem Land beenden will. Einer der wichtigsten Punkte in seinem Plan, eine Einladung der NATO-Staaten an die Ukraine, der Militärallianz beizutreten, bleibt ihm jedoch auf unabsehbare Zeit verwehrt.
Ist es Misstrauen, will er auf Nummer sicher gehen? Sicher ist, dass Wolodymyr Selenskyj möglichst weitestgehende Zugeständnisse und Zusagen von seinen westlichen Partnern und Verbündeten haben will. Mit der Europäischen Union hat er erreicht, dass sein Land in kürzester Zeit den Kandidatenstatus erhielt und die Beitrittsverhandlungen aufgenommen wurden. Nun strebt die Ukraine so schnell wie möglich in die NATO, was jedoch in Kriegszeiten nicht gehen wird. Das weiß auch Wolodymyr Selenskyj. Deshalb will er wenigstens eine Einladung von den 32 Alliierten für einen Beitritt zum Militärbündnis. Die bleibt ihm jedoch verwehrt. Daran werden auch seine Auftritte in Brüssel nichts ändern, wo er am Donnerstag zuerst im Kreis der EU-Staats- und Regierungschefs empfangen wurde und anschließend der Tagung der NATO-Verteidigungsminister beiwohnte.
Ziel seines Siegesplans sei es unter anderem, „die Ukraine zu stärken“, sagte Wolodymyr Selenskyj beim EU-Gipfel, und dazu zählt an erster Stelle eine möglichst enge Anbindung an die NATO. „Die Einladung ist ein präventiver Schritt, um zu zeigen, dass es nicht Putin ist, der die Welt ändert.“ So sieht es der ukrainische Präsident, der ebenfalls sagte, dass sein Land erst nach dem Krieg Mitglied der NATO sein werde. Doch von der Militärallianz hat die Ukraine bereits weitgehende Zusicherungen erhalten. So versicherten die Alliierten bei ihrem letzten Gipfeltreffen im vergangenen Juli in Washington, sie würden „das Land weiterhin auf seinem unumkehrbaren Weg zur vollständigen euro-atlantischen Integration, einschließlich der NATO-Mitgliedschaft, unterstützen“. Dem folgt in der Abschlusserklärung allerdings der Satz: „Wir bekräftigen, dass wir in der Lage sein werden, eine Einladung an die Ukraine zum Beitritt zum Bündnis auszusprechen, wenn die Bündnispartner zustimmen und die Bedingungen erfüllt sind.“
Welches Land hat seine Atomwaffen aufgegeben? Nur die Ukraine. Welches Land muss heute kämpfen? Nur die Ukraine.ukrainischer Präsident
Die Unterstützung Luxemburgs dürfte der Ukraine sicher sein. So fragte der luxemburgische Premierminister Luc Frieden nach dem EU-Gipfel, ob es nach all dem, was passiert sei, „nicht logisch ist, dass man all die Staaten, die an der Grenze Russlands liegen, in der NATO aufnimmt“. Zwar sei vorher immer wieder gesagt worden, dass es eine Pufferzone brauche. Diese sei aber „so brutal verletzt worden“, dass der Antrag der Ukraine für einen Beitritt zu NATO „legitim“ sei, findet Luc Frieden. Nun aber würde er eine solche Erweiterung der NATO anders bewerten, als er es selbst noch vor zehn Jahren getan habe, gestand der Premierminister. Natürlich müssten die Bedingungen erfüllt werden, doch bereits jetzt werde die Ukraine als „ganz enger Partner der NATO behandelt“. Er verstehe den Antrag und könne sich vorstellen, diesen gemeinsam mit den europäischen Partnern „positiv zu begleiten“. Denn die Bestimmung der Ukraine sei es, „Teil der euro-atlantischen Familie zu werden“, meinte Frieden.
NATO statt Atomwaffen
Dass feierlich abgegebene Erklärungen und selbst Vereinbarungen zwischen Staaten auch schon mal das Papier nicht wert sein können, auf dem sie verfasst wurden, daran erinnerte Wolodymyr Selenskyj in Brüssel, als er von seinem jüngsten Treffen mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump berichtete. Auch mit ihm habe er über die NATO gesprochen und diesem die Lage der Ukraine anhand des Budapester Memorandums erklärt. Diese 1994 getroffene Vereinbarung sah vor, dass die damals drittstärkste Atommacht Ukraine ihr ganzes Atomarsenal an Russland übergibt und dafür Sicherheitsgarantien erhält, dass die territoriale Integrität und die Unabhängigkeit des Landes gewahrt werden. Mitunterzeichner waren, neben der Ukraine und Russland, die USA und Großbritannien.
„Dieses Dokument hat nicht funktioniert“, stellte Selenskyj fest und fuhr fort: „Welches Land hat seine Atomwaffen aufgegeben? Nur die Ukraine. Welches Land muss heute kämpfen? Nur die Ukraine. Entweder wir bekommen wieder Atomwaffen oder wir gehören einer Allianz an.“ Vor diese Wahl gestellt, würden sie heute die NATO wählen, und nicht die Atomwaffen, sagte der ukrainische Präsident. Was ihm allerdings vom US-Nachrichtenmagazin Newsweek als Ultimatum an die NATO ausgelegt wurde. Und auch der russische Machthaber Wladimir Putin meinte laut der Nachrichtenagentur AFP, Selenskyjs Äußerungen seien eine „gefährliche Provokation“. Vermutlich aber sind es nur Überlegungen von jemandem, der seit mehr als zweieinhalb Jahren mit einer brutalen Realität konfrontiert ist.
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