Luxemburg / „Semaine de la santé mentale“: Mehr als 100 Aktionen für das psychische Wohlergehen
Psychische Erkrankungen oder Störungen sind teilweise immer noch ein Tabuthema. Um damit zu brechen und unter anderem gegen Stigmatisierung vorzugehen, organisiert die „Ligue luxembourgeoise d’hygiène mentale“ (D’Ligue) zusammen mit dem Gesundheitsministerium zum dritten Mal die „Semaine de la santé mentale“. Mehr als 100 Veranstaltungen werden zwischen dem 10. und dem 16. Oktober stattfinden.
„Wenn ich mit dem Fuß umknicke, würden Sie mir einen Stuhl bringen, mir vielleicht den Schuh ausziehen und schauen, ob es geschwollen ist. Sie würden mir helfen und wären sich ganz sicher bei dem, was sie tun“, vermutet Dr. Fränz D’Onghia, Direktor vom Informations- und Präventionsdienst der „D’Ligue“ bei einer Pressekonferenz in den Räumlichkeiten eben dieses Dienstes in Bartringen am Donnerstagmorgen. Und fragt dann: „Aber wie würden Sie reagieren, wenn ich jetzt eine Panikattacke bekommen würde?“
Mit diesem Beispiel will der Psychologe veranschaulichen, dass viele sich bei der Unterstützung von Menschen mit mentalen Problemen schwertun – und aus Unsicherheit dann oft nicht helfen. „Aus dem Grund ist eine gute Aufklärung wichtig“, folgert Fränz D’Onghia und meint, dass psychischen Leiden die gleiche Aufmerksamkeit wie körperlichen zukommen sollte. Deshalb organisiert „D’Ligue“ gemeinsam mit ihrem Informations- und Präventionsdienst sowie dem Gesundheitsministerium ab Montag die dritte Ausgabe der Woche zur mentalen Gesundheit – um für Themen wie psychische Erkrankungen oder Störungen zu sensibilisieren, darüber zu informieren, aber auch präventiv zu wirken und gegen Stigmatisierung vorzugehen.
Kostenlose Unterstützung
Denn, so Fränz D’Onghia: „Im Kino, in der Literatur, im Theater, aber auch in den Medien wird immer noch ein falsches Bild von psychisch kranken Menschen vermittelt. Es darf nicht mehr sein, dass Betroffene sich aus Angst vor Diskriminierung nicht behandeln lassen.“ Neben der Furcht vor Ausgrenzung sind es aber auch lange Wartezeiten und hohe Kosten, die Menschen von dem Besuch einer Psychologin oder eines Psychologen abhalten können – auch im Großherzogtum. Denn jahrelang andauernde Diskussionen zwischen der Gesundheitskasse CNS und der Vereinigung der Luxemburger Psychotherapeuten Fapsylux sorgen dafür, dass Sitzungen beim Psychologen aus eigener Tasche bezahlt werden müssen.
Zuletzt waren die Verhandlungen zur Übernahme der Kosten einer Psychotherapie im September erneut gescheitert. In seiner Funktion als Psychologe bedauert Fränz D’Onghia das: „Es ist nicht glücklich, dass das so lange dauert. Vor allem, da vieles eigentlich bereits geklärt ist – zum Beispiel in puncto Tarife. Mit den Psychiatern gibt es bereits eine Berufsgruppe, die das Gleiche macht. Es könnte also gleich berechnet werden, die Tarife existieren ja bereits.“ Vor diesem Hintergrund erscheint es vielleicht umso wichtiger, dass die während der „Semaine de la santé mentale“ angebotenen Veranstaltungen kostenlos sind.
Zahlreiche Aktionen
In Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern werden vom 10. bis zum 16. Oktober mehr als 100 kulturelle, künstlerische sowie soziale Aktivitäten organisiert: Filmabende mit anschließenden Diskussionsrunden, Webinare mit Titeln wie „Prävention von Burnout“, oder Yogastunden. Auch große Betriebe und öffentliche Institutionen – beispielsweise Feuerwehr, Post und Polizei – machen mit und bieten intern Sensibilisierungskurse an. Büchergeschäfte werden zum Thema passende Literatur bereitlegen. Und: Schleifen – wie man sie zum Beispiel in Rot weltweit als Symbol der Solidarität mit HIV-Infizierten und AIDS-Kranken kennt – in hellem Grün sollen Unterstützung für Menschen mit psychischen Problemen ausdrücken.
Unterstützung finden
Schnelle und anonyme Hilfe gibt es in Luxemburg bei „SOS Détresse“ unter der Telefonnummer 45 45 45. Kinder und Jugendliche können aber auch die Nummer 11 61 11 vom „Kanner- a Jugendtelefon“ wählen. Zudem bieten öffentliche Einrichtungen kostenlose Unterstützung an: Die „Ligue luxembourgeoise d’hygiène mentale“ in der Hauptstadt, „Réseau Psy – Psychesch Hëllef dobaussen“ in Esch/Alzette und Grevenmacher und „Liewen Dobaussen“ in Ettelbrück. Einen Überblick über die Angebote gibt es unter prevention-psy.lu in der Rubrik „Hilfe“ oder in der Broschüre der „Ligue“ mit dem Titel „und wenn ich mir helfen ließe“. Unter der Telefonnummer 45 55 33 kann man sich auch beim Informations- und Präventionsdienst der „Ligue“ melden, um Informationen zum Thema zu erhalten – auch wenn man unsicher ist, an wen man sich wenden soll.
Einen Überblick über allen Aktionen, Informationen zu eventuellen Anmeldungen bei Veranstaltungen und Kontaktdaten im Fall von Fragen gibt es unter semainesantementale.lu. Unter der Kategorie mit der Überschrift „Nos Supports“ können auch kurze Informationszettel in verschiedenen Sprachen zu den Themen Angst, Depression, Psychose oder Suizid heruntergeladen werden. All das soll unter anderem dabei helfen, der Stigmatisierung bei psychischen Krankheiten ein Ende zu setzen. Wie Fränz D’Onghia dazu meint: „Während der Aktionswoche – aber auch in den 51 Wochen danach.“
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Guten Tag Herr D’Onghia,
die Aussagen im päpstlichen „Luxemburger Wort“ ab 1933 sind bis heute bezüglich der Diskriminierung und ausmerzenden „Behandlung“ von psychisch instabilen und kranken Menschen nicht aufgearbeitet. Bitte sorgen Sie dafür, dass dieses Thema von der „Ligue“ endlich tabufrei aufgearbeitet wird!
▪ Eine Kräftesteigerung
„Würde Deutschland jährlich eine Million Kinder bekommen und 700.000 bis 800.000 der Schwächsten beseitigen, dann würde am Ende das Ergebnis vielleicht sogar eine Kräftesteigerung sein.“
(Adolf H. auf dem Nürnberger Parteitag am 1. August 1929)
MfG
Robert Hottua, Gründer der LGSP