Editorial / „Sexuell motiviertes Fehlverhalten“: Mangelnde Kommunikation schadet allen Beteiligten
„Sexuell motiviertes Fehlverhalten“: Dieser Ausdruck wurde in den vergangenen Tagen aus allen möglichen Winkeln beleuchtet und betrachtet. Die Staatsanwaltschaft und das Bildungsministerium veröffentlichten vergangenen Mittwoch Pressemitteilungen, aus denen dieser Begriff stammt. Darin geht die Rede von Ermittlungen wegen Vorwürfen sexuellen Fehlverhaltens in der Theatergruppe „Namasté“ im Escher „Lycée Hubert Clément“. Die Gerüchte, die danach um sich griffen, sind symptomatisch für die schlechte Kommunikation und Intransparenz der Luxemburger Behörden.
In den Schreiben der Staatsanwaltschaft und des Ministeriums stand unter anderem, dass 16 Ermittler der Kriminalpolizei am Dienstag an „mehreren geografisch unterschiedlichen Orten“ ihre Untersuchungen durchführten. Die Polizisten vernahmen mehrere minderjährige sowie volljährige Personen – darunter auch Lehrer, Schüler und ehemalige Schüler. Und: Die Aktivitäten der Theatergruppe wurden bis zum Abschluss der Ermittlungen ausgesetzt „und die betreuenden Lehrkräfte von ihrem Dienst freigestellt“. Das sind die Informationen, die erschreckend klingen – und viel Luft für Interpretation lassen.
Denn natürlich machen sich Menschen Gedanken. Ex-Schüler diskutieren in Chat-Gruppen, Lehrer im Flur und Schüler im Klassenzimmer. Daraus entstehen dann Gerüchte, die sich wie ein Lauffeuer verbreiten. „Es ist deshalb nicht angebracht, Vermutungen oder nicht verifizierte Gerüchte in Umlauf zu bringen“, antwortete die Staatsanwaltschaft am Freitag auf Tageblatt-Nachfrage. Einfacher gesagt als getan. Dort, wo ein Informationsvakuum existiert, fangen Menschen an, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. Ist das gut? Nein. Ist das zu erwarten? Natürlich.
Die Presse versucht, diese Löcher mit ihren eigenen Recherchen zu füllen. Wobei auch verschiedene Medien hier nicht unschuldig sind: Schüler vor dem Gymnasium abzufangen und ihre Theorien abzudrucken, richtet zusätzlichen Schaden an. Daraus entstehen dann – wie in diesem Fall – Bild-Artikel, die Mutmaßungen als Wahrheiten präsentieren. Ein zusätzliches Problem ist, dass nach der unvollständigen Pressemitteilung über die offiziellen Kanäle meistens fast nichts mehr herauszufinden ist. Denn genau wie die Polizei versteckt sich die Staatsanwaltschaft bei Presseanfragen immer hinter der Schutzmauer der „laufenden Ermittlungen“. Dabei geht es uns nicht darum, alle Details und persönlichen Informationen offenzulegen, aber wenn eine Pressemitteilung mehr Fragen aufwirft als beantwortet, denken sich die Menschen ihre eigenen Antworten aus. Die Presse kann dabei helfen, dies zu verhindern und Klarheit zu schaffen – aber nur, wenn man uns die nötigen Informationen zukommen lässt.
Schlussendlich bleibt abzuwarten, welchen Schaden die schlechte Kommunikation der Behörden angerichtet hat. Der Ruf der Theatergruppe, Schule und möglicherweise Lehrer hat unter dem unvollständigen Bild, das die Staatsanwaltschaft und das Ministerium mit ihrer Pressemitteilung gemalt haben, jetzt schon gelitten.
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