Buddhistische Küche / „Shojin ryouri“: Was wir von einem japanischen Mönch über den Bezug zum Essen lernen können
Der japanische Mönch Kakuho Aoe hat einen ganz besonderen Bezug zum Essen: Es sei viel mehr als nur die Zubereitung und das Herunterschlucken von Lebensmitteln. Er erklärt, wieso die traditionell buddhistische Küche auch für Luxemburg interessant sein könnte.
Gelassen schreitet der 46-Jährige vor sein rund 50-köpfiges Publikum im „Centre culturel Cents“. Kakuho Aoe ist buddhistischer Mönch aus Japan, aus Tokio genauer gesagt. Er ist nach Luxemburg gereist, um Interessierten einen besonderen Teilaspekt seiner Philosophie näherzubringen: der „shojin ryouri“ – also der buddhistischen Küche. Sushi, Ramen* und Gyouza* gehören wohl zu den bekanntesten Gerichten aus Japan. Mit der traditionellen „shojin ryouri“ haben diese allerdings nichts zu tun. Die buddhistische Küche zeichnet sich dadurch aus, dass sie prinzipiell vegetarisch beziehungsweise vegan ist und einen besonderen Wert auf den Umgang mit den Lebensmitteln legt. So haben Überreste – etwa Karottenschalen oder Stiele vom Gemüse – ihren festen Bestandteil in der Küche und werden zur Gänze verwertet.
Die „shojin ryouri“ sei „weit entfernt von beliebten japanischen Gerichten“, meint der japanische Botschafter Tadahiro Matsubara in seiner Ankündigungsrede am Sonntagnachmittag. Nachdem dann auch den letzten Zuschauer klar geworden ist, dass es sich bei der Präsentation nicht um einen Workshop oder eine Live-Koch-Show handelt, beginnt der in ein schwarzes und ein weißes Gewand gekleidete, Sandalen tragende Mönch seine Power-Point-Präsentation.
Wir leben auf der Grundlage von vielen Opfernbuddhistischer Mönch
Mundgeruch muss nicht sein
Die „shojin ryouri“ handelt „nicht nur davon, wie gekocht, sondern auch wie gegessen wird“, erklärt Aoe. Demnach gibt es diverse Regeln, die die Mönche in ihrem Alltag befolgen müssen. Neben dem Verzicht auf tierische Produkte sind beispielsweise auch Knoblauch, Zwiebeln und Lauch untersagt. Wieso? Das wisse niemand mehr so genau, scherzt der Mönch. Manche vermuten, aufgrund des üblen Mundgeruchs, den man nach dem Verzehr dieser Produkte hat, was wiederum das Meditieren behindern könnte. Immerhin besteht diese aus tiefem Ein- und Ausatmen.
Die Einstellung und Herangehensweise an das Essen und Kochen sei in der „shojin ryouri“ ausschlaggebend. Neben Dankbarkeit (kishin), dem Umgang mit den Zutaten (roshin) und innerer Ruhe (daishin) ist auch Hygiene ein wichtiger Faktor. Buddhistische Mönche sprechen vor jedem Mahl ein Gebet, bei dem sie sich vor Augen führen, wo ihr Essen eigentlich herkommt, sagt Aoe. „Stellen Sie sich all das vor, das sich hinter Ihrem Essen verbirgt“, rät der Mönch. „Wir leben auf der Grundlage von vielen Opfern.“
Doch warum sollten sich die Einwohner Luxemburgs für eine Küche interessieren, die von Mönchen in einem mehr als 9.000 Kilometer entfernten Land praktiziert wird – und obendrein mit vielen Regeln behaftet sein kann? Aoe nennt drei Argumente: Erstens ist die „shojin ryouri“ attraktiv, weil sie darauf spezialisiert ist, Speisereste zu verwerten. Zweitens ist die buddhistische Küche gesund. Und drittens ist sie sehr divers, da sie nur begrenzt von kulturellen oder persönlichen Ernährungseinschränkungen (z.B. halal, koscher, vegan usw.) betroffen ist.
Pudding und Tofu
Kakuho Aoe ist seit rund 25 Jahren Mönch. Im Gespräch mit dem Tageblatt verrät er auch sein Lieblingsgericht aus der buddhistischen Küche: Unpen. Es handelt sich dabei um eine Suppe, die, je nachdem, welche Überreste an dem Tag verfügbar sind, sehr unterschiedlich schmecken kann, meint Aoe.
In seiner Freizeit würde er allerdings nicht ganz auf Fisch und Fleisch verzichten. Buddhistische Tempel in Japan würden unter anderem von Essensspenden leben. Das erhaltene Gemüse wird dort gemäß ihrer Traditionen zubereitet, doch unter den Spenden könnten sich auch tierische Produkte befinden.
Die Gäste müssen letztlich aber nicht ganz ohne ein konkretestes Beispiel der „shojin“-Küche nach Hause gehen. Aoe reicht einen Sesam-Sojamilch-Pudding (Makie Pudding) nach eigenem Rezept sowie frittierten Tofu mit Gemüse (Hiryuzu).
* Ramen und Gyouza stammen ursprünglich nicht aus Japan, gelten in Europa aber wohl zu den bekanntesten Gerichten aus Japan.
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„Neben dem Verzicht auf tierische Produkte sind beispielsweise auch Knoblauch, Zwiebeln und Lauch untersagt…“ und damit ist die Sache für mich „gegessen“. Kochen beginnt mit der Zwiebel und endet mit Knoblauch.